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Gute Aussichten für Schweizer KMU in den USA

Für die US-Kundschaft sind bei Produkten auch Details des Verpackungsdesigns wichtig. Keystone

Der riesige US-Markt bietet für Schweizer Klein- und Mittelbetriebe (KMU) grosse Chancen. Ein gutes Produkt allein reicht aber nicht.

Wer in den USA Fuss fassen will, sollte die Fallstricke beachten: Rechtshändel, kulturelle Unterschiede, Kundennähe.

“Der amerikanische Markt steht Schweizer KMU weit offen. Jeder Betrieb hat hier eine Chance.” So lautet einstimmig der Tenor von Schweizer Unternehmen, die in den USA erfolgreich sind. Ein offener Markt bedeute jedoch nicht, dass er auch einfach zu erobern sei.

Das fange bereits bei der an sich banalen Feststellung an, dass Produkte in Amerika anders verkauft werden als in der Schweiz. “Nein, der US-Markt ist mit dem europäischen Markt nicht vergleichbar”, betont Barac Bieri, Direktor der Bircher America.

Besonderheiten des US-Marktes

“Die Geschäfte werden jenseits des Atlantik ganz anders geführt als auf dem alten Kontinent. Die direkten Kundenbeziehungen spielen eine herausragende Rolle”, sagt Bieri. Anders als in der Schweiz reiche es nicht, ein gutes Produkt zu einem guten Preis anzubieten.

Ein solides Beziehungsnetz sei das A und O im Geschäftsalltag. Das Schaffhauser Unternehmen Bircher stellt Sicherheitssysteme für die Industrie und den Transportsektor her.

Diverse kulturelle Unterschiede

Alan Guggenheim, Leiter der Nagra USA, doppelt nach: “Die kulturellen Unterschiede spiegeln sich nicht nur in der Art des Geschäftens, sondern auch in der Produktgestaltung. Wer glaubt, mit Top-Qualität bereits die Kunden geködert zu haben, irrt.”

Produkte der Spitzentechnologie gehörten in den USA zum Alltag. Dennoch, so paradox es klinge, tickten die Amerikaner anders als die Europäer. “Sie lieben grosse, lärmende Waschmaschinen, Autos mit hohem Benzinverbrauch und Apparate, die sie selber reparieren können”, sagt Guggenheim.

Prozessfreudige Amerikaner

Einzustellen haben sich Schweizer KMU zudem auf die extreme Prozessfreudigkeit der Amerikaner. Wer glaubt, auf teure Anwälte verzichten zu können, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Für Nicht-Amerikaner ist die Rechtsprechung kompliziert und komplex.

Rechtshändel über Patentverletzungen seien an der Tagesordnung. Werde im Kapitel Produkthaftung auch nur ein Jota vergessen, könne dies enorme juristische Konsequenzen haben. “Ein guter Anwalt kostet bis zu 500 Dollar die Stunde. Das ist teuer, enorm teuer”, betont Guggenheim. “Aber es zahlt sich aus.”

Grosse Flexibilität gefragt

Wer mit der grossen Schweizer Kelle anrichten wolle, werde in den USA rasch eines Besseren belehrt, betont Pierre-Yves Kohler, Chef Marketing bei der jurassischen Firma Tornos. Tornos, ein Hersteller von Drehautomaten, ist seit 40 Jahren in den USA tätig.

Enorme Flexibilität sei nötig, wenn man in den USA Erfolg haben wolle, bestätigt auch Martin von Walterskirchen, Direktor des Swiss Business Hub in den USA. Das gelte für die gesamte Produktionskette bis hin zu Details des Verpackungsdesigns.

Ungeduld als Markenzeichen

Fehler könnten sich Unternehmen im US-Markt kaum erlauben. Die Wettbewerbsintensität sei enorm hoch. Die US-Kundschaft habe zudem keine Geduld. Wer nicht rasch reagieren könne, sei bald einmal aus dem Markt, so Bircher-Chef Bieri.

Um den hohen Ansprüchen der US-Kunden genügen zu können, ist ein grosses Verkaufs- und Service-Netz unabdingbar. Die enorme Grösse des Landes ist dabei nicht zu unterschätzen.

swissinfo und Nicolas Huber (sda)

In der Schweiz existiert keine offizielle Definition für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Die Spezialisten verwenden in erster Linie zwei Kriterien, nämlich die Anzahl Mitarbeiter oder den Umsatz. In einigen Fällen wird präzisiert, dass KMU unabhängig sein müssen, also nicht durch eine grosse Unternehmung kontrolliert werden dürfen.

Für ihre statistischen Publikationen wendet die Schweiz in der Regel die Definitionen der Europäischen Union (EU) an. Dort werden Unternehmen als KMU angesehen, die weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen.

Die Definition der juristischen Person einer Unternehmung spielt ebenfalls eine Rolle. In dieser Gesamtheit sind die traditionellen Tätigkeiten des öffentlichen Sektors nicht enthalten.

Die KMU bilden die erdrückende Mehrheit der marktwirtschaftlichen Unternehmen in der Schweiz.

99,7% der Unternehmen haben weniger als 250 Mitarbeiter und stellen zusammen 2/3 der Arbeitsplätze.

Die Unternehmen mit bis zu zwei Angestelten (Vollzeit) machen unter 60% aller Unternehmen aus, beschäftigen aber nur 10% aller Arbeitskräfte.

Demgegenüber beschäftigen die 1064 Grossunternehmen (0,3%) beinahe 33% aller Arbeitskräfte.

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