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Richter Verda des Amtes enthoben

Ex-Richter Franco Verda über mutmassliche Kontakte zur Mafia gestolpert. Keystone

Schlusspunkt für die Richterkarriere von Franco Verda: Der Justizrat als Aufsichtsgremium beschloss die Amtsenthebung des ehemaligen Tessiner Strafgerichts-Präsidenten. Der Entscheid wurde Verda am Mittwoch (11.10) mitgeteilt.

Wie der Justizrat in einem Communiqué schreibt, ist die Amtsenthebung in Folge eines am 16. Juni eingeleiteten Disziplinarverfahrens erfolgt. Verda war im Juni nach der Einleitung eines Strafverfahrens bereits von seinem Amt suspendiert worden. Im September wurde ihm der Lohn gestrichen.

Verda wird sich wegen seiner Kontakte zum mutmasslichen Zigarettenschmuggler Gerardo Cuomo vor Gericht wegen wiederholter Amtsgeheimnisverletzung, passiver Bestechung und Begünstigung verantworten müssen. Im August sass er fast drei Wochen in Untersuchungshaft.

Die schriftlich begründete Amtsenthebung wurde auch dem Staatsrat und dem Präsidium des Grossen Rates mitgeteilt. Verdas Anwalt Mario Molo wollte keine Stellung nehmen, ob er gegen den Entscheid rekurrieren wird.

Ende einer brillanten Karriere

Für Verda geht mit dem Beschluss des Justizrates eine brillante Karriere zu Ende. Der 59-Jährige trat 1971 als Kanzler ins kantonale Appellationsgericht ein. 1974 erfolgte die Nomination zum ausserordentlichen Richter. Seit 1988 war er Präsident des kantonalen Strafgerichts.

Schon nach seiner provisorischen Freilassung aus der Untersuchungshaft im August hatte Verda erklärt, er könne sich eine Rückkehr in die Justiz nicht mehr vorstellen. In Bezug auf seine Beziehungen zu Cuomo räumte er gewisse Fehler ein. Er hatte sich unter anderem aktiv für die Aufenthaltsgenehmigung für Cuomo im Tessin eingesetzt.

Verda soll Cuomo auch über ein Urteil vorab informiert haben, welches die Freigabe eines Teils von beschlagnahmten Geldern des gesuchten Mafia-Paten Francesco Prudentino betrifft. Verdas Frau Desirée Rinaldi war Anwältin Cuomos im Tessin. Auch gegen sie wird im Zusammenhang mit der Tessiner Justizaffäre ermittelt.

Gemäss Sonderstaatsanwalt Luciano Giudici soll der Prozess gegen Verda im Jahr 2001 stattfinden. Die Ermittlungen sind fast abgeschlossen. Die Ergebnisse eines medizinischen Gutachtens zu Verda stehen noch aus.

Cuomo vor Auslieferung an Italien

In der Schweiz wird zurzeit der Entscheid über die Auslieferung von Cuomo an Italien vorbereitet. Der Neapolitaner soll sich zusammen mit 83 weiteren Personen in Apulien vor Gericht verantworten. Unter den Beschuldigten sind neben dem flüchtigen Mafiaboss Prudentino auch mehrere Schweizer. Bei den Anklagen geht es nach Angaben der Staatsanwaltschaft von Bari um den Vorwurf der kriminellen Vereinigung, aber auch um Schmuggel, Mord, Geldwäscherei, Waffenhandel und Steuerhinterziehung. Verda selber gehört nicht zu den Beschuldigten des italienischen Verfahrens.


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