«Spuck-Affäre»: Bundesrichter Schubarth tritt zurück
Der wegen seiner Spuck-Attacke kalt gestellte Bundesrichter Martin Schubarth tritt auf Mitte 2004 zurück. Er begründet seinen Entscheid unter anderem mit politischem Druck.
Im Februar hatte das Bundesgericht Schubarth vergeblich zum Rücktritt aufgefordert.
Mit dem Rücktritt zieht Schubarth einen vorläufigen Strich unter eine Affäre, die auf Anfang dieses Jahres zurückgeht, als Schubarth einen Journalisten angespuckt hatte.
Rechtlich gibt es eigentlich keine saubere Möglichkeit, einen jeweils für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählten Magistraten am Bundesgericht abzuberufen.
Gespanntes Verhältnis
Schubarth hatte am vergangenen 11. Februar im Bundesgericht in Lausanne im Vorübergehen einen Journalisten der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ) angespuckt, zu dem er ein gespanntes Verhältnis hatte.
Das Bundesgericht forderte Schubarth in der Folge zum Rücktritt auf und beschloss, den Richter nicht mehr in der Rechtsprechung einzusetzen. Schubarth hatte dies nicht akzeptiert und sich bisher geweigert, zu demissionieren. Er war 1982 erstmals ins Bundesgericht gewählt worden.
GPK-Untersuchung
Der politische Druck auf Schubarth, seinen Posten zu verlassen, liess nach seiner Kaltstellung durch das Bundesgericht offensichtlich nicht nach. Es kursierten auch Gerüchte, wonach es am Kassationshof, den Schubarth präsidiert hatte, zu Unregelmässigkeiten gekommen sei.
Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des Parlaments leiteten darauf eine Untersuchung beim Kassationsgericht ein, um den Vorwürfen nachzugehen. Am (morgigen) Montag will die Arbeitsgruppe ihre Erkenntnisse präsentieren.
«Rechtswidriges Verfahren»
Schubarth bestätigte Berichte der Sonntagspresse, dass er dem Präsidenten der Bundesversammlung, dem Waadtländer Nationalrat Yves Christen, am Samstag schriftlich seinen Rücktritt aus dem Bundesgericht auf den 30. Juni 2004 mitgeteilt habe.
Der 61-jährige Jurist begründete seine Entscheidung mit den Methoden, wie er durch das Bundesgericht in einem rechtswidrigen Verfahen ohne die Möglichkeit eines Rekurses praktisch abgesetzt worden sei. «Jeder kleine Parksünder ist besser geschützt als ein Bundesrichter», sagte Schubarth.
Auch das Prozedere der Geschäftsprüfungskommissionen entspreche nicht den rechtsstaatlichen Grundsätzen. Er sei von der Arbeitsgruppe der GPK nur zwei Mal angehört worden, sagte Schubarth.
Zudem habe es politische Druckversuche gegeben. Deshalb lehne er es ab, schon auf Ende dieses Jahres zurückzutreten, sagte Schubarth gegenüber Schweizer Radio DRS.
GPK kritisiert Datum des Rücktritts
Der Präsident der GPK-Arbeitsgruppe kritisierte am Sonntag das Datum des angekündigten Rücktritts von Schubarth.
Es sei kaum im öffentlichen Interesse, wenn Schubarth noch bis Mitte nächsten Jahres im Amt bleibe und den vollen Lohn kassiere, erklärte der Freiburger Nationalrat Hubert Lauper. Das Rücktrittsdatum werde an der Sitzung der GPK am Montag sicher zur Sprache kommen und möglicherweise in die Empfehlungen des Schlussberichts einfliessen.
Er hätte erwartet, dass Schubarth entweder auf Ende Jahr zurücktrete oder an seiner bisherigen Position festhalte, sagte Lauper weiter.
Lauper wies auch die Kritik Schubarths an der Vorgehensweise der Arbeitsgruppe zurück. Zudem sei Schubarth drei Mal angehört worden.
Lauper fasste seine Meinung zu Schubarths Vorgehen und Kritik mit dem Satz zusammen: «Er ist vielleicht ein grosser Jurist, aber ein kleiner Herr.»
swissinfo und Agenturen
Der 61-jährige Schubarth ist Titularprofessor an der Universität Basel. Er wurde vor mehr als 20 Jahren, am 29. September 1982, auf Vorschlag der SPS zum Bundesrichter gewählt.
1990 wurde er vom eidgenössischen Parlament erst im zweiten Wahlgang bestätigt. Am Bundesgericht war Schubarth 1997/1998 Vizepräsident und 1999/2000 Gesamtgerichtspräsident. Von 1999 bis 2002 stand er als Präsident dem Kassationshof vor, bis er auf Druck das Abteilungs-Präsidentenamt abgab.
Schubarth war Mitglied der SP, im Dezember 2002 trat er jedoch aus der Partei aus.
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