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Blau-weiss-rot sind die Farben des Zürcher Schlittschuhclubs ZSC Lions. Blau-weiss steht für die Stadt Zürich, Rot für Herzblut. Der Schweizermeister fährt auf kaltem Eis und lässt niemanden kalt.

Rund vierzehntausend-zweihundertundfünfundreissig Tage (14’235) oder lange 39 Jahre musste jener Schweizer Eishockeyclub – der offiziell ZSC Lions heisst, aber im Volksmund kurz und bündig «Tzet» genannt wird – ausharren, bis der Schweizer-Meister-Titel 2000 endlich, endlich Geschichte war.

Das lange Warten

Es waren die Jahre des sehnsüchtigen Wartens, des Auf- und Abstiegs, des Pechs und Glücks, der Verletzungen und Todesfälle, der Transferierungen und Trainerwechsel. Jahre in denen langjährige Fans den Bettel hinschmissen und neue hinzukamen. Jahre in denen oftmals so saumässig schlecht gespielt wurde, dass es weh tat, um kurz darauf ein Spiel hinzulegen, welches jedes Hockeyherz tanzen liess. Es waren lange Jahre und bestimmt keine langweiligen.

Und als es dann am 3. Februar 2000 vor ausverkauftem Stadion, das heisst vor 11’500 begeisterten Fans, zehn Sekunden vor Ende des dritten Drittels 4:3 hiess, da gab es kein Halten und kein Wenn und Aber mehr, es gab nur Emotionen pur. Aus Tausenden von Kehlen erschall heisser Gesang, die Tränen flossen wie das Bier, das Eis wurde mit dem Halbschuh erobert, die Mannschaft samt Trainer Kent Runke geherzt und geknudelt. Der Himmel über Zürich hing voller Kufen.

Natureis und Kunsteis

Begonnen hatte diese Eishockeygeschichte am 15. Oktober 1930 im Hotel «Habis Royal» am Bahnhofplatz in Zürich. In diesem Hotel fand die Gründerversammlung der Hockeyssektion ZSC statt. Zwar existierten bereits zwei Hockeyvereine auf dem Platz Zürich; die Akademiker und die Grasshoppers, doch einem dritten, zumeist aus Hockeyanern mit bündnerischen Wurzeln, zum Teil aus Landhockeyanern gebildet, stand nichts im Wege.

Zumal noch die Idee einer Kunsteisbahn für Zürich in der Luft lag. Denn bis anhin waren die schnellen Eismänner, zur Ausübung ihres Sports, immer auf einen eisig gestimmten Petrus angewiesen. Und auf diesen Wettergott war schon in früheren Zeiten nicht wirklich Verlass.

Der erste Meistertitel

Die ersten Spiele bestritt der ZSC, da die Dolder Kunsteisbahn noch nicht fertiggestellt war, auf fremden Eis. Mailand und Davos hiessen die Stationen und beide Partien gingen verloren. Dafür präsentierte sich der erste Sieg mit 14:1 gegen die Grasshoppers umso erfreulicher. Und 1936 war es soweit. Im vierten Final zwischen dem ZSC und HC Davos gingen die Zürcher mit ihrem ersten Meisterschaftstitel vom Eis.

Für die nächsten 12 Jahre war die Eishockeyhierarchie nicht vereist, sondern geradezu betoniert. Gewann doch Davos bis 1948 sämtliche Titel. 1949 war dann der ZSC wieder an der Reihe, im ewigen Reigen um den Meistergewinn. Um im Jahre darauf wieder von Davos entthront zu werden… und dann begann der Stern des EHC Arosa über dem Eis zu leuchten.

Wädlitempel unter Heimatschutz

Ab den 50er Jahren ist der Name ZSC mit einer weiteren zürcherischen Institution verschränkt: Das Hallenstadion. Jener Halle – zu ihrer Zeit grössten Sporthalle Europas – die eigentlich an der Landesausstellung 1939 hätte eröffnet werden sollen, aber infolge vieler unliebsamer Vorkommnisse und Widerwärtigkeiten erst ein Jahr später eingeweiht werden konnte (die Expo02 lässt grüssen…).

Dieser architektonische – mittlerweile in die Jahre gekommene unter Heimatschutz stehende und auf seine Renovation im nächsten Jahr wartende – Meisterbau, gehört zum ZSC wie der Vacherin zu einem guten Fondue. In diesem Oval, einst weltweit die schnellste Hallenrennbahn für Velocracks, und aus diesem Grund als «Wädlitempel» (Wadentempel) im Volke verankert, ist die Heimspielstätte der Löwen.

Beliebt bei den heimischen Fans, berüchtigt bei den auswärtigen Gegnern. Innen und aussen mit schmuddeligem Charme ausgestattet, sticht den Besuchenden schon von weitem jener Bratwurtst-Käse-Bierduft in die Nase, der sich im Verlauf eines Matches noch mit der Note Rauchschwaden ergänzt. Und wenn der Puck für die ZSC Lions flitzt, die Hardcore-Fans im 3. Rang hoch oben ihre Schlachtgesänge brüllen und selbst Männer im Cashmere die Hände in die Höhe recken, ja, dann weht jener Geist durchs Stadion, der alle von den Sitzen hebt.

Nach dem zweiten Meisterschaftsgewinn 1949 traten viele der Spieler vom Spitzensport zurück. Es galt eine neue Mannschaft aufzubauen, deren Erfolg jedoch auf sich warten liess. Jahr um Jahr ging es ein bisschen aufwärts und 1961 war es wieder soweit: Der ZSC wurde zum dritten Mal Schweizer Meister. Und dann begann jene lange Durststrecke, die der ZSC erst löschen konnte, als die Grasshoppers sich zu Löwen wandelten und mit dem «Zeet» übers Eis stürmten.

Fusion und neuer Name

Das heisst, als 1997 der ZSC mit der Eishockeysektion des Grasshoppers Club fusionierte. Was allerdings nicht so einfach vonstatten ging. Dass sich der ZSC mit dem Stadtrivalen GC zu einer AG unter der Regie von Walter Frey, seines Zeichens Autoimporteur und Alt SVP-Nationalrat, zusammenschloss, wollten viele Fans nicht goutieren. Und so verhinderten sie, dass der ZSC in «Zürich Lions» (tönt wie eine Versicherung, hiess es) umbenannt wurden. Der Name ZSC Lions wurde knapp akzeptiert und hat sich zumindest offiziell durchgesetzt.

Heute ist das Schnee von gestern. Seit die ZSC Lions ihrem wunderprächtigen Meistertitel, ein Jahr später gleich noch einen zweiten bescherten sind die Fans ausgesöhnt. Alle guten Dinge sind drei? Dazu der Sportchef Simon Schenk: «Ja, ganz klar, daran arbeiten wir. Das war auch einer der Gründe einen Trainerwechsel vorzunehmen. Der Trainingsrhythmus wurde intensiviert und ich hoffe, dass sich das auch in den Resultaten niederschlagen wird. Noch sind wir im Rückstand, aber ich bin zuversichtlich, dass wir im Januar zu jenem Rendement finden, zu dem wir fähig sind».

Das werden die ZSC Lions zweifelsohne müssen. Zwar werden sie sich wohl für die Play-Offs qualifizieren, doch was die Rot-Blau-Weisen Löwen auf dem Eis servierten, zeugte bisher nicht von viel Biss. Aber das ist in der Geschichte dieses Eishockeyclubs nichts neues und niemand soll sich davon täuschen lassen. Allez! Zetesceeeeeeeeeeeeee!

Brigitta Javurek

Mit der Schweiz verbunden

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