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NEAT: Zu enger Tunnel – ausufernde Kosten

Je tiefer man die gigantische Baustelle in den Berg vorantreibt, desto höher steigen die Kosten. Keystone

Neue Probleme im Gotthard-Basistunnel: Im Tessin sind 300 Meter Tunnel zu eng geraten. Dies hat erhöhte Kosten und eine weitere Verzögerung zur Folge.

Die Alptransit-Rechnung wird noch höher, denn das Bundesamt für Verkehr (BAV) spricht davon, dass die Endkosten wahrscheinlich 24 Mrd. Franken betragen werden, 6 Mrd. mehr als noch vor 6 Monaten.

Neue Schwierigkeiten für die Alptransit Gotthard AG (ATG): Gesteinsdruck hat den Gotthardbasistunnel im Tessin verformt. Die beiden Röhren auf dem Streckenabschnitt zwischen Faido und Bodio wurden in der Folge zu eng und müssen vergrössert werden.

Solche Nachprofilierungsarbeiten seien im Tunnelbau üblich, schreibt die Alptransit Gotthard, die Betreibergesellschaft für den Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) durch das Gotthardmassiv, zu einem Bericht der NZZ am Sonntag.

Auf einer Strecke von je 300 Metern müssen in beiden Tunnelröhren bis zu 50 Zentimeter Gestein abgetragen werden. Gearbeitet wird mit Abbauhämmern und Spitzgeräten.

Über die genaue Dauer und die Kosten dieser Nachprofilierungsarbeiten können noch keine genauen Angaben gemacht werden. Der Innenausbau mit Bahntechnik verzögert sich aber um mindestens fünf Monate.

Keine Überraschung

Der Glarner Ständerat This Jenny, Mitglied der Schweizerischen Volkspartei (SVP), ist laut der NZZ am Sonntag darüber nicht überrascht: “Nun bewahrheitet sich, dass hier ein Schildbürgerstreich par excellence begangen wurde. Ein paar Oberschlaue glaubten, mit einem kleineren Profil Geld sparen zu können.”

ATG-Sprecher Ruedi Suter setzt sich gegen dieses Vorwurf zur Wehr: “Die Kosten für das Nachprofilieren von 50 Zentimetern sind ein Klacks gegenüber den Mehrausgaben, die entstanden wären, wenn beide Röhren zwischen Bodio und Faido mit 9,40 Metern ausgebrochen worden wären.”

Auf dem grössten Teil des 57 Kilometer langen Gotthardbasistunnels wurde ein Querschnitt von 9,4 Metern gewählt. Wegen des stabileren Tessiner Gneis’ wählten die Tunnelbauer auf dem rund 16 Kilometer langen Abschnitt zwischen Faido und Bodio einen kleineren Durchschnitt von 8,8 Metern.

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Neat

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) umfasst mehrere Grossprojekte zur Verbesserung des Eisenbahn-Transitverkehrs auf der Nord-Süd-Achse. Die beiden Hauptprojekte sind der Gotthard-Basistunnel (57 km) und der Lötschberg (35 km). Ziel: Verlagerung des Schwerverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Die Projekte sind höchst umstritten, da das Gesamtbudget bereits mehrmals erhöht werden musste und die Fertigstellung in immer…

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Weitere Unsicherheitsfaktoren

Erst am Mittwoch war bekannt geworden, dass das BAV nochmals mit Mehrkosten für die gesamte NEAT rechnet. Laut BAV-Direktor Max Friedli erhöhen sie sich um 2 Mrd. auf insegesamt 24 Mrd. Franken.

Für die Mehrkosten gibt es laut Friedli keine Schuldigen. Bei den Nationalstrassenprojekten sei es zu Kostenüberschreitungen von 60 bis 100% gekommen, und kein Mensch habe etwas gesagt. Beim Lötschberg würden die Mehrkosten derzeit 34% betragen. So betrachtet sei dies eine Super-Leistung.

Weitere Unsicherheitsfaktoren

Das juristische Seilziehen um die Vergabe des Bauloses Erstfeld kostet die NEAT gemäss Friedli täglich 100’00 Franken oder monatlich rund 3 Mio. Franken. Die Vergabe des 400-Millionen-Auftrags ist zweimal gescheitert. Der Bauplatz Erstfeld sei eigentlich eingerichtet, und man könnte dort loslegen.

Die Kosten für den Bau der beiden Alpentransversalen durch die Schweiz sind aber nach wie vor von diversen Unsicherheitsfaktoren geprägt. Eine davon ist die laufende Überprüfung des Bauprojekts für den Ceneri-Basistunnel. Es deute jedoch alles darauf hin, dass die Mehrkosten von 174 Mio. Franken nur zu einem kleinen Teil eingespart werden können.

Die NEAT ist nächste Woche auch Thema im Parlament. Im Ständerat, der kleinen Kammer, steht eine Dringlichkeitsdebatte auf dem Programm.

swissinfo und Agenturen

Auf den Baustellen des Gotthard-Basistunnels – dem zentralsten Projekt der neuen Schweizerischen Verkehrspolitik – arbeiten ungefähr 2200 Personen, Mineure und Ingenieure.

Von den 153,5 km der Tunnels, Schächte und Stollen sind bisher (Stand 1. September 06) 98,8 km ausgebrochen, dies entspricht 64,3%.

Der neue Tunnel, der längste Eisenbahntunnel der Welt, wird 57 km lang sein und sollte 2016 dem Verkehr übergeben werden.

Der Bauabschnitt Bodio-Faido wird durch zwei Tunnelröhren zu fast 16 km Länge gebildet.

Nach vier Jahren Arbeit ist man 13,5 km voran gekommen. Der erste der beiden in Bodio ausgehenden Tunnels wurde am 6. September durchschlagen und mit jenem nach Faido verbunden.

Rund 1000 Menschen arbeiten rund um die Uhr, um die Arbeiten an dieser gigantischen Baustelle zu vollenden.

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