Die Bürgerinnen und Bürger der Schweiz werden nicht über ein Moratorium für das E-Voting abstimmen: Das Komitee einer entsprechenden Volksinitiative hat die Unterschriftensammlung gestoppt. Bei der Auslandschweizer-Organisation (ASO) ist man darüber erleichtert.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
4 Minuten
Schreibt bei SWI swissinfo.ch seit 2015 über Demokratie. Versteht diese als Toolbox zur politischen Teilhabe und als Mindset. Vorher bei Reuters, Bluewin und Tageszeitungen. Studium der Geschichte und Politikwissenschaften an der Universität Bern.
Der Lockdown gegen die Ausbreitung des Coronavirus hat die Volksinitiative für die Einfrierung der elektronischen Stimmabgabe in der Schweiz ausgeknockt: Die Initiative «für eine sichere und vertrauenswürdige Demokratie», wie sie mit vollem Namen heisst, kommt laut dem Komitee nicht zustande.
Das Initiativkomitee besteht aus einer breiten Allianz von Parlamentsmitgliedern und Politikerinnen aller grossen – und auch einiger kleinerer – Parteien der Schweiz
Nur mit Kraftakt zu stemmen
Den Abbruch der Unterschriftensammlung begründen die Initianten mit der Coronakrise. «Auch wenn die Einschränkungen nun schrittweise gelockert werden, sind Unterschriftensammlungen faktisch nach wie vor nicht möglich», schreiben sie in einer Mitteilung. Aufgrund des erforderlichen Schutzkonzeptes und der verbleibenden Zeit wäre das Zustandekommen des Begehrens nur mit unverhältnismässigem Arbeitsaufwand möglich.
Mehr
Mehr
Diese Argumente haben das E-Voting in der Schweiz gestoppt
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Zwei Software-Profis erklären das Schweizer Debakel um die elektronische Abstimmung.
Während des Lockdowns hatten sie über zwei Monaten keine Unterschriften sammeln können. Von den erforderlichen 100’000 Signaturen hatte das Komitee die Hälfte beisammen.
Die Entdeckung der Sarah Jamie Lewis
Wichtige Ziele der Kampagne seien aber bereits erreicht worden, so die Initianten weiter. So sei die Anfälligkeit für Pannen bei E-Voting mittlerweile breit bekannt. Zudem hätten die Behörden die Schwachstellen selbst erkannt und ein Moratorium beschlossen.
Ziel der Initiative war es, die Einführung der elektronischen Stimmabgabe für eine Dauer von mindestens fünf Jahren zu verhindern. Dies, weil das System der Schweizerische Post, das von einer spanischen IT-Firma entwickelt wurde, nicht sicher sei.
In der Tat hatte die britische IT-Forscherin Sarah Jamie Lewis und ihr kleines Team Anfang 2019 im Quellcode des Post-Systems eine grosse Sicherheitslücke entdeckt. Darauf legte die Schweizer Regierung den Plan für die flächendeckende Einführung von E-Voting im Land auf Eis. Es war dies das vorläufige Ende einer rund 20 Jahre dauernden Versuchsphase in zehn Schweizer Kantonen.
Eidgenössische Abstimmungen: alles Wichtige während der Abstimmungsphase für Sie auf den Punkt gebracht. Abonnieren Sie unseren Newsletter.
ASO-Direktorin erleichtert
Alles andere als traurig ist Ariane Rustichelli, die Direktorin der Auslandschweizer-Organisation (ASO). «Mit Genugtuung, um nicht zu sagen Erleichterung, haben wir von der Unterbrechung der Unterschriftensammlung für die Moratoriums-Initiative für die elektronische Abstimmung erfahren», sagte sie gegenüber swissinfo.ch. Aus Sicht der ASO sei die Infragestellung des E-Voting generell und für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer im besonderen «nicht aktuell».
Es verstehe sich jedoch von selbst, dass die Sicherheit des verwendeten Systems gewährleistet sein müsse. «Wir vertrauen der Bundeskanzlei, die für die Verwaltung des Dossiers zuständig und in dieser Angelegenheit kompetent ist», so Rustichelli.
Bund schafft Grundlagen für Relaunch
Der Bundesrat hat auf den Rückzug des Komitees umgehend reagiert. Bund und Kantone hätten Gespräche mit in- und ausländischen Expertinnen und Experten aus Informatik, Kryptografie sowie Politikwissenschaften aufgenommen, um die rechtlichen und technischen Grundlagen für einen Versuchsbetrieb zu überarbeiten, teilte die Bundeskanzlei mit.
Die Stelle will die neuen Leitplanken dem Bundesrat bis Ende 2020 unterbreiten. Anschliessend könnten die Kantone eine Bewilligung für ein neues E-Voting-System beantragen.
Nicht gänzlich vom Tisch
Für den Fall, dass ein neuer Versuchsbetrieb aufgenommen werde und sich die Systeme nach wie vor als nicht fälschungssicher erweisen, behält sich das Initiativkomitee vor, erneut eine Moratoriums-Initiative zu lancieren.
Nach heutigem Stand kommt für einen neuerlichen Versuchsbetrieb praktisch nur die Schweizerische Post in Frage. Sie hatte schon das alte System «Made in Spain» eingesetzt.
Zuvor hatte noch der Kanton Genf eine eigene E-Voting-Lösung angeboten, diese dann aber aus Kostengründen zurückgezogen.
Beliebte Artikel
Mehr
Aussenpolitik
Was ein Wahlsieg von Trump oder Harris für die Schweiz bedeuten würde
Soll der Verkauf von Rohmilch verboten werden oder sollen Konsumentinnen und Konsumenten selbst entscheiden?
In der Schweiz verbietet das Lebensmittelgesetz den Verkauf von Rohmilch zum direkten Verzehr. Ein Schlupfloch erlaubt dies jedoch in 400 Rohmilchautomaten.
Kate Winslet erhält den Golden Icon Award beim Zurich Film Festival
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Schauspielerin Kate Winslet nahm ein Bad im Zürichsee, bevor sie am Zurich Film Festival den Golden Icon Award für ihr Lebenswerk entgegennahm.
Unfall mit Feuerwerk als Ursache der Explosion in Nussbaumen AG
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Explosion in einer Tiefgarage am Donnerstagabend in Nussbaumen AG ist nach Erkenntnissen der Polizei auf einen Unfall mit Feuerwerk zurückzuführen. Bei der Explosion wurden ein 43-jähriger Italiener und ein 24-jähriger Schweizer getötet.
Essbare Roboter könnten laut Schweizer Forschern bald Realität sein
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Komplett essbare Roboter könnten bald auf unseren Tellern landen. In einer Analyse in der Fachzeitschrift "Nature Reviews Materials" zeigte ein Forschungsteam aus Lausanne, welche Zutaten für die verschiedenen Roboterteile genutzt werden könnten.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Schweiz verschärft ihre Bestimmungen zu Ehen Minderjähriger. Unter anderem sind sogenannte Sommerferienheiraten künftig generell ungültig. Der Nationalrat hat am Mittwoch die letzte Differenz zum Ständerat bei der Vorlage ausgeräumt.
Zuger Abstimmung zur Transparenz-Initiative wird wiederholt
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Der Kanton Zug wird die Abstimmung zur Transparenz-Initiative am 22. September wiederholen. Dies hat der Regierungsrat am Mittwoch bekannt gegeben. Er hatte die Abstimmung am Sonntag wegen fehlerhafter Auszählung für ungültig erklärt.
Krokodile aus Lausanne finden in Marokko eine neue Heimat
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
16 junge vom Aquarium Aquatis in Lausanne gezüchtete Westafrikanische Krokodile sind am Mittwoch nach Marokko transportiert worden. 60 Jahre nach dem Verschwinden sollen die Reptilien dort schrittweise wieder in ihre natürliche Umgebung eingeführt werden.
Ständerat will Schweizer Wappen auf Nati-Trikots erlauben
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Schweizer Nationalmannschaften sollen künftig ganz legal mit dem Schweizer Wappen auf dem Trikot auflaufen dürfen. Der Ständerat hat eine Motion angenommen, mit der das Wappenschutzgesetz entsprechend angepasst werden soll.
Nationalrat kritisiert das Klima-Urteil gegen die Schweiz
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Auch der Nationalrat kritisiert das Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Wie schon der Ständerat will er keine zusätzlichen Massnahmen für den Klimaschutz. Die grosse Kammer hat am Mittwoch eine entsprechende Erklärung angenommen.
Deepfake-Stimmen täuschen Menschen – nicht aber das Gehirn
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Das Gehirn reagiert anders auf künstlich imitierte Stimmen als auf echte. Dies passiert, selbst wenn Menschen die sogenannten Deepfake-Stimmen nicht als Fälschung erkennen, wie eine Studie der Universität Zürich im Fachmagazin "Communications Biology" zeigt.
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch
Mehr lesen
Mehr
Nein zum E-Versand von Abstimmungsmaterial für Auslandschweizer
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Schweizer Bürger im Ausland werden ihre Stimmunterlagen künftig nicht online erhalten. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion versenkt.
Post lanciert ihr E-Voting-System nochmals und erntet Kritik
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Das für Auslandschweizer so wichtige E-Voting wird derzeit kontrovers diskutiert. Im Zentrum der Kritik steht die Schweizerische Post.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Seit dem letzten Sommer ruht die elektronische Stimmabgabe in der Schweiz. Ist sie sogar klinisch tot? Bundeskanzler Walter Thurnherr nimmt Stellung.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Der neu zusammengestellte Nationalrat spricht sich klar gegen E-Voting aus. Für E-Voting-Gegner ist dieses Signal ein Grund zur Freude.
«Die Wut der Auslandschweizer muss ernst genommen werden»
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sind die Ergebnisse der Eidgenössischen Wahlen weniger erfreulich als im Jahr 2015.
Ihr Abonnement konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Fast fertig... Wir müssen Ihre E-Mail-Adresse bestätigen. Um den Anmeldeprozess zu beenden, klicken Sie bitte den Link in der E-Mail an, die wir Ihnen geschickt haben.
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch