Schweiz begrüsst Rücktritt von Wolfowitz

Der wegen Günstlingswirtschaft in die Kritik geratene Weltbank-Präsident Paul Wolfowitz tritt auf Ende Juni zurück. Dies teilten das Direktorium der Weltbank und Wolfowitz mit.
Die Schweiz begrüsst den Schritt. Er trage zur Lösung eines Konflikts bei, der die Arbeit und Funktionsfähigkeit der Bank in den letzten Wochen zunehmend blockiert habe.
Wolfowitz, der seinen Rücktritt bislang abgelehnt hatte, wird vorgeworfen, eine unüblich hohe Gehaltserhöhung für seine Lebensgefährtin Shaha Riza bei der Weltbank arrangiert zu haben. In der Erklärung der Weltbank hiess es jetzt dazu, auf beiden Seiten seien Fehler gemacht worden.
Wolfowitz sagte, er freue sich darüber, dass das Weltbank- Führungsgremium seine Versicherung akzeptiert habe, ethisch korrekt und stets in gutem Glauben gehandelt zu haben. Ein Ausschuss der Bank hatte am Montag befunden, Wolfowitz habe bei der Beförderung gegen mehrere interne Regeln verstossen.
In den vergangenen Tagen hatten sich die US-Regierung zusammen mit dem Exekutivrat und Wolfowitz selbst um einen Kompromiss bemüht, um einen offenen Bruch innerhalb des Führungsgremiums zu vermeiden und dem ehemaligen Vizeverteidigungsminister einen freiwilligen Rückzug ohne weiteren Gesichtsverlust zu ermöglichen.
Europa gegen Architekten des Irak-Krieges
«Die ärmsten Menschen der Welt…verdienen das Beste was wir tun können», erklärte nun Wolfowitz. «Jetzt müssen wir einen Weg nach vorne finden.» In der Debatte der vergangenen Wochen hatten europäische Länder den Rücktritt von Wolfowitz gefordert, der als einer der Architekten des Irak-Kriegs gilt.
US-Präsident George W. Bush bedauerte die Entscheidung von Wolfowitz. Aus dem Weissen Haus verlautete, Bush wolle die Tradition fortsetzen und einen US-Bürger als neuen Chef der Weltbank vorschlagen.
Entwicklungshilfegruppen sprachen sich jedoch dafür aus, die Befähigung und nicht die Nationalität zum entscheidenden Kriterium bei der Besetzung des Postens zu machen.
Schweiz erwartet Rückkehr zur Normalität
Der Rücktritt des Weltbankpräsidenten Paul Wolfowitz ist vom Eidgenössischen Volkswirtschafts-Departement (EVD) begrüsst worden.
Der Schritt trage zur Lösung des Konflikts bei, der die reguläre Arbeit und Funktion der Weltbank in den vergangnen Wochen zunehmend blockiert habe, sagte EVD-Sprecherin Evelyn Kobelt. «Wir sind erleichtert darüber, dass die Weltbank so schnell wie möglich zur Normalität zurückkehrt.»
Das EVD anerkenne den grossen persönlichen Einsatz von Paul Wolfowitz als Präsident der Weltbank. Kobelt nannte insbesondere sein Engagement für die Umsetzung des Aktionsplans für Afrika und für die Aktivitäten der Bank im Bereich Klimawandel und saubere Energie.
«Rasche Lösung» eingetreten
Die Schweizer Wirtschaftsministerin Doris Leuthard hatte sich an den Tagungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank Mitte April in New York gegenüber swissinfo für eine «rasche Lösung» der Affäre Wolfowitz ausgesprochen.
Es gehe darum, dass die Glaubwürdigkeit der Weltbank nicht unter dieser Affäre leide, erklärte Leuthard. Die Bundesrätin hatte das Problem vorher mit ihrer deutschen Amtskollegin Heidemarie Wieczorek-Zeul erörtert. Die deutsche Ministerin präsidiert derzeit die G-8, die Gruppe der acht grössten Industriestaaten.
Der frühere Bundesrat und EVD-Vorsteher Joseph Deiss hatte im Frühjahr 2005 bei den Anhörungen des damaligen Präsidium-Anwärters Wolfowitz teilgenommen.
sissinfo und Agenturen
Die Affäre geht bis ins Jahr 2005 zurück, ist aber erst im April ans Licht gekommen. Drei Monate nach seinem Amtsantritt als Weltbank-Präsident verschaffte Paul Wolfowitz seiner Freundin Shaha Riza einen Posten im US-Aussenministerium. Die Britin libyscher Herkunft arbeitete seit acht Jahren bei der Weltbank.
Um einen Interessenskonflikt zu vermeiden, verliess sie die Bank und ging ins US-Aussenministerium. Das Problem dabei: Der Transfer brachte ihr eine jährliche Gehaltserhöhung von über 50’000 Dollar.
Eine amerikanische NGO schätzt, dass Shaha Riza, die als Weltbank-Vertreterin im US-Aussenministerium keine Steuern bezahlt, über 193’000 Dollar verdient. Das ist 7000 Dollar mehr als das Salär von US-Aussenministerin Condoleeza Rice.
Der 63-jährige Paul Wolfowitz, seit 2005 an der Spitze der Weltbank, gilt als blitzgescheiter Intellektueller. Der frühere Politologie-Dozent an der Eliteuniversität Yale gehörte zu den Vordenkern eines Zirkels neokonservativer Politiker mit grossem Einfluss auf Präsident George W. Bush.
Deshalb stiess Wolfowitz in der Weltbank auf grosse Vorbehalte, als er dort auf Vorschlag von US-Präsident Bush den Chefposten übernahm. Zahlreiche Kritiker überzeugte er jedoch durch sein Engagement für die Bekämpfung der Armut und vor allem der Korruption.
In den 80er Jahren war der Mathematiker und Politwissenschafter Wolfowitz US-Botschafter in Indonesien. Mit Bushs Amtsantritt kehrte Wolfowitz in die Machtzentrale zurück. 2001 rückte er zum Stellvertreter von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld auf. Wolfowitz gilt als Architekt des Irak-Krieges.

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