Weltstadt Genf
Genf feiert das Hundert-Jahr-Jubiläum der Verleihung des ersten Friedens-Nobelpreises an Henri Dunant, Gründer des Roten Kreuzes. Auf dieses Symbol internationaler Ausstrahlung ist die Calvinstadt sehr stolz.
«Der Genfer Geist nährt sich aus dem Kosmopolitismus, der sich im Laufe der Jahrhunderte in einer Stadt entwickelte, die aufgrund ihrer geografischen Isolation zu einer Öffnung gegenüber der Welt gezwungen war, und der internationalen Dimension als Sitz des Völkerbundes zugleich. Das ist kein Mythos, sondern das Resultat einer aktiven multilateralen Diplomatie.»
Mit dieser Definition trifft François Nordmann, Schweizer Botschafter bei den internationalen Organisationen in Genf, den Kern der Sache. Und auch wenn dieser Status nicht allen Schweizern bekannt ist und manchmal gar auf Unverständnis stösst, funktioniert die eidgenössische Solidarität ziemlich gut.
Zehntausende aus aller Welt
1920 arbeiteten 200 Diplomaten und Beamte in Genf. Heute ist ihre Zahl inklusive Familienmitglieder auf über 30’000 angewachsen – verteilt auf 19 Regierungsorganisationen, die permanenten Vertretungen von rund 140 Staaten bei der UNO und etwa 130 Nichtregierungs-Organisationen.
Dieser diffuse Begriff beinhaltet so verschiedene Gebiete wie humanitäre Hilfe, Menschenrechte, Umwelt und Entwicklung, Bildung, Frieden und Sicherheit, Abrüstung, Meteorologie, Kernforschung, Gesundheitswesen oder Telekommunikation.
«Europäische Hauptstadt»
Zudem steht die «europäische Hauptstadt der multilateralen Diplomatie» im Mittelpunkt des wirtschaftlichen Austauschs mit der Weltorganisation für geistiges Eigentum, der Internationalen Arbeitsorganisation oder dem Internationalen Arbeitsamt.
Und seit sie gar in Konkurrenz zu Bonn den Sitz der Welthandelsorganisation gewonnen hat, befindet sie sich im Zentrum der Globalisierungs-Mechanismen.
Lange Tradition
Die humanitäre Tradition dieser Handelsstadt, die im 16. Jahrhundert mit der Aufnahme der Hugenotten aufblühte, bestätigte sich 1864 bei der Unterzeichnung der ersten der von Henri Dunant gegen die Kriegsgräuel initiierten Genfer Konventionen.
Ihre diplomatische Berufung wurde 1919 gefestigt, als auf Vorschlag des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson im Versailler Vertrag Genf zum Sitz des Völkerbundes bestimmt wurde. Die «universelle Aura» beeinflusste von da an selbst die Stadtentwicklung mit dem Bau eines Flugplatzes in Cointrin 1920, der Modernisierung des Bahnhofs Cornavin und der Gründung eines Radiosenders.
Mit dem Bau des Palais des Nations 1936, weiterer Gebäude und Verbindungsstrassen begann sich langsam das Bild der heutigen «internationalen Zone» abzuzeichnen. Als 1945 die Charta der Vereinten Nationen in Kraft trat, unterzeichnete die UNO ein Abkommen mit dem Bundesrat und eröffnete im folgenden Jahr ihren europäischen Sitz im Komplex des ehemaligen Völkerbundes mit Blick auf den Genfersee und den Mont-Blanc.
Isabelle Eichenberger
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