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Späte Ehrung für Friedensstifter Max Waibel

Max Waibel, links, am 19. März 1945 in Ascona mit den beiden alliierten Generälen L.L. Lemnitzer (USA, Mitte), und Terence Airey (GB). Keystone Archive

Der 1971 verstorbene Friedensstifter und Nachrichten-Offizier Max Waibel ist am Freitag in Luzern mit einer Gedenktafel geehrt worden.

Waibel hatte 1945 mit seinem Verhandlungsgeschick eine frühzeitige Kapitulation der Deutschen in Italien erreicht und so viele Menschenleben gerettet.

“Mutig und beharrlich, nicht Befehlen, sondern dem eigenen Gewissen gehorchend, entzündete er das Friedensfanal, das den Krieg in Europa verkürzte”, heisst es auf der von Bruno Fischer gestalteten Bronze-Tafel.

Oberitalien sei damit den barbarischen Kriegsgräueln der verbrannten Erde entgangen. Hitler hatte seine geschlagenen Truppen damals angewiesen, beim Rückzug alles zu zerstören.

An der Enthüllung der Tafel beim Armee-Ausbildungszentrum Luzern (AAL) nahmen zahlreiche Vertreter aus Politik und Militär sowie die Witwe von Max Waibel teil. Dieser hatte dort von 1951 bis 1954 die Infanterie-Schulen Luzern kommandiert.

“Operation Sunrise”

Waibel hatte im Rahmen der geheimen “Operation Sunrise” ohne Wissen seiner Vorgesetzten zwischen den deutschen und alliierten Kriegsparteien vermittelt und von Luzern aus für den 2. Mai 1945 einen Waffenstillstand in Oberitalien erreicht. Dies beschleunigte bei der Wehrmacht die Einsicht, dass weitere Kämpfe nutzlos wären.

Am 8. Mai trat in ganz Europa die Waffenruhe ein. Der Historiker Edgar Bonjour geht davon aus, dass die “Operation Sunrise” den Krieg um sechs bis acht Wochen verkürzt hat.

Waibel rettete damit viele Menschenleben, er bewahrte auch eine der reichsten Kulturlandschaften der Welt vor der Katastrophe. Die deutschen Offiziere hatten nämlich den Befehl, bei einem Rückzug nichts als verbrannte Erde zurückzulassen.

Vom Bundesrat getadelt

Lange blieb die Geschichte des Geheimdienst-Offiziers Waibel unter Verschluss. Der spätere Divisionär wurde für die “Operation Sunrise” vom Bundesrat gar getadelt. Dies, weil er eigenmächtig gehandelt und gegen die Neutralität verstossen habe.

Alt Staatssekretär Franz Blankart brachte am Freitag in seiner Gedenkrede für Waibels Dienstpflichtverletzung Verständnis auf. Manchmal sei es nötig, wirklich geheime Aktionen geheim zu halten, sagte er.

Hätte Waibel seinen Plan nach oben gemeldet, wäre die Operation abgewürgt worden, sagte Blankart. Dem Bundesrat wäre die Sache als allzu verwegen erschienen, und, wegen drohender Indiskretionen, als zu gefährlich.

Waibel habe auch das Dilemma erkannt, das sich aus der schweizerischen Neutralität ergeben habe, sagte Blankart. Er habe gehandelt, wie es sein Gewissen ihm befohlen habe, mit Standfestigkeit, Selbstvertrauen und Klarsicht.

swissinfo und Agenturen

Der Schweizer Nachrichten-Offizier Max Waibel erreichte 1945 in privater und geheimer Mission eine frühzeitige Kapitulation der Deutschen in Norditalien.
Laut Experten wurde dadurch der Krieg um sechs bis acht Wochen verkürzt.
Dadurch wurden viele Menschen und wertvolle Kulturgüter gerettet, denn Hitler hatte seinen Soldaten die Taktik der verbrannten Erde befohlen.
Statt ihn als Friedensstifter zu Ehren, rügte der Bundesrat Waibels Initiative als Verstoss gegen die Schweizerische Neutralität.

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