
TAGESÜBERBLICK WIRTSCHAFT
Bern (awp/sda) Dienstag, 14. Dezember 2010
SCHWEIZER WIRTSCHAFT KÜHLT SICH AB: Die Schweizer Wirtschaft dürfte 2010 mit einem Wachstum von 2,7 Prozent stark zulegen. Die Aufwertung des Frankens wird sich aber künftig bremsend auf die Exporte auswirken. Die Expertengruppe des Bundes geht deswegen für 2011 mit einer Verlangsamung des Wachstums aus. Sie erhöhte die Prognose von 1,2 Prozent im September auf neu 1,5 Prozent. Der Grund für die Erhöhung sei die anhaltend robuste Konjunktur im Inland. Deutlich positive Impulse für die Weltwirtschaft orten die Ökonomen weiter bei den Schwellenländern. Erhebliche Risiken stellten aber die wenig gefestigte weltwirtschaftlichen Lage, die weiterhin angespannte Situation an den Finanzmärkten und die ungelöste Verschuldungsproblematik vieler Industrieländer dar.
MASSENENTLASSUNG IN LIESTAL: Beim Pharmaunternehmen Drug’On in Liestal kommt es zu einer Massenentlassung: Noch im laufenden Monat erhalten 95 der insgesamt 100 Angestellten die Kündigung. Der Abbau zeichnete sich schon Anfang Dezember ab, als das vor Massenentlassungen obligatorische Konsultationsverfahren gestartet wurde. Die von der Entlassung Betroffenen seien zum grossen Teil langjährige Angestellte aus dem Raum Liestal. Nun werde ein Sozialplan ausgearbeitet. Bei der Drug’On handelt es sich um die frühere Knoll AG, die 2009 an die italienische Pharmagruppe Orofino verkauft wurde. Seither war die Belegschaft mit der Produktion eines Wirkstoffs gegen Bluthochdruck und Herzrhythmus-Störungen ausgelastet. Der Auftrag läuft jedoch Ende März 2011 aus. Die Herstellung wird nun in billigere Länder verlagert.
ZURÜCKHALTENDE SCHWEIZER FIRMEN: Schweizer Unternehmen haben 2009 im Ausland 36,2 Mrd. Fr. direkt investiert. 2008 waren es noch 59,9 Mrd. Fr. gewesen. Die verzögert von der Finanzkrise getroffene Industrie hielt sich mit Investitionen, insbesondere Übernahmen zurück. Banken und Versicherungen warfen hingegen wieder mehr Geld auf, wie die Schweizerische Nationalbank mitteilte. Die Erträge aus den Direktinvestitionen kletterten auf 56,3 Mrd. Franken – und damit auf das Niveau vor der Finanzkrise. Attraktiv blieb die Schweiz als Investitionsland. Die ausländischen Investoren kauften mehr Unternehmen in der Schweiz, und erhöhten das Kapital in bestehenden Tochterfirmen hierzulande. Insgesamt stiegen die Kapitalimporte um 78,8 Prozent auf 29,3 Mrd. Franken.
WEKO VERHÄNGT MILLIONENBUSSE: Die Wettbewerbskommission hat die SIX-Gruppe mit rund sieben Millionen Franken gebüsst. Die Konzerntochter SIX Multipay missbrauchte gemäss der Behörde ihre dominante Stellung im Zahlungsverkehr für Kredit- und Debitkarten. Konkret geht es um die Währungsumrechnungsfunkion DCC an Zahlkartenterminals. Die SIX Multipay hatte die notwendige Schnittstellen-Information für diese Funktion nur der Schwestergesellschaft SIX Card Solutions zur Verfügung gestellt. Einem anderen Terminal-Hersteller, der die DCC-Funktion auch anbieten wollte, wurden die nötigen Informationen verwehrt. Dies ist gemäss der WEKO unzulässig. Die SIX weist den Vorwurf des Marktmissbrauchs zurück und wird nach den heute vorliegenden Informationen vor dem Bundesverwaltungsgericht rekurrieren.
SWISSCOM MUSS PREISE SENKEN: Im Streit zwischen der Sunrise und der Swisscom um die Preise für die Entbündelung der «letzten Meile» und die Durchleitungsgebühren auf dem Festnetz hat der Telekomregulator Comcom dem «Blauen Riesen» erneut eine Preissenkung verordnet. Man habe aufgrund der Klage von Sunrise den monatlichen Mietpreis für die Leitung von der Swisscom-Telefonzentrale bis zum Hausanschluss für die Jahre 2009 und 2010 auf 17.30 Fr. beziehungsweise 16.70 Fr. gesenkt. Dies sei eine Reduktion um 8 bis 9 Prozent gegenüber der bisherigen Swisscom-Forderung. Mit der jetzigen Senkung steckt die Swisscom erneut eine Niederlage ein. Sunrise ist aber noch nicht zufrieden. Eigentlich müssten die Swisscom-Preise tiefer sein. Dieser Ansicht sei auch der Preisüberwacher in seiner Stellungnahme zum Verfahren.
MIGROS SCHLUCKT MEDBASE: Der Handelskonzern Migros übernimmt die Mehrheit am Gesundheitsdienstleister Medbase. Das Unternehmen mit heute 150 Angestellten arbeitet schon seit neun Jahren mit den Fitnessstudios von Migros zusammen. Arbeitsplätze gingen keine verloren, teilte der orange Riese am Dienstag mit. Im Gegenteil wollten beide Partner weiter wachsen und Arbeitsplätze schaffen. Über den Kaufpreis wurde nichts bekannt gegeben. Migros hält über vier Genossenschaften nun 53 Prozent an Medbase. Medbase ist spezialisiert auf Beratung und Betreuung von Menschen in Fragen der Allgemein- und Sportmedizin, aber auch Paramedizin und Physiotherapie, Ernährungsberatung und weiteren gesundheitsfördernden Dienstleistungen.
FÜHRUNGSDUO HÄLT MEHRHEIT AN SCHILD: Das Führungsduo des Modekonzerns Schild hat zusammen mit den Mitgliedern der Geschäftsleitung die Aktienmehrheit am Unternehmen übernommen. Die Beteiligungsgesellschaft Barclays Private Equity, die bisher Schilds Hauptaktionärin war, hat ihre Anteile vollständig abgestossen. Verwaltungsratspräsident Stefan Portmann und Konzernchef Thomas Herbert, welche die Modekette in den letzten Jahren aus ihrer Krise herausgeführt haben, halten nun gemeinsam mit anderen Geschäftsleitungsmitgliedern 60 Prozent an Schild. Grösste Einzelaktionärin werde die EGS Beteiligungs AG der Ernst Göhner Stiftung mit einem Stimmrechtsanteil von 40 Prozent sein.
FLUGBRANCHE SETZT ZUM HÖHENFLUG AN: Die Fluggesellschaften weltweit rechnen 2010 mit einem Rekordgewinn. Der Branchenverband IATA schraubt seine Prognose erneut nach oben und schätzt die Gewinne nun auf weltweit 15,1 Mrd. Dollar. Der Grund für die erhöhte Prognose sei ein «aussergewöhnlich starkes drittes Quartal», sagte IATA-Generaldirektor Chef Giovanni Bisignani. Die wirtschaftliche Erholung werde aber im kommenden Jahr eine Pause einlegen. Zudem bleibe es bei einer unterschiedlich starken Erholung: Die Airlines in Europa schnitten schlechter ab als die in anderen Regionen. 2009 hatte die Branche im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise einen Verlust von 11 Mrd. Dollar erlitten. Der Umsatz sank von 535 Mrd. Dollar (2008) auf 482 Mrd. Dollar.
CHINA HOLT AUF: Sechs Provinzen in China werden nach einer Studie in rund zehn Jahren jeweils so reich sein wie etwa Kanada, Russland oder Australien. Bis 2020 dürfte das Bruttoinlandprodukt der Provinzen bei rund einer Billion Dollar liegen. Zu diesen Provinzen zählt die britische Bank HSBC in ihrer Studie Guangdong im Süden, Hebei im Nordosten, Shandong, Jiangsu und Zhejiang im Osten sowie Henan im Zentrum des Landes. Das stürmische Wachstum in China werde noch mindestens fünf Jahre lang anhalten. Die Weltbank rechnet für China mit einem Wirtschaftswachstum von 10 Prozent in diesem und von 8,7 Prozent im kommenden Jahr. Die Regierung in Peking hat offiziell das Ziel von 8 Prozent Wachstum im Jahr ausgegeben.
GENERAL MOTORS STREICHT STELLEN: Die Opel-Mutter General Motors will tausende Stellen in den USA abbauen. Der Konzern habe in seinen 14 heimischen Werken mehrere tausend Facharbeiter zu viel, teilte das jüngst erst an die Börse zurückgekehrte Unternehmen mit. Den betreffenden Mitarbeitern seien Abfindungen von 60’000 Dollar angeboten worden, wenn die bis Ende März in Rente gingen oder GM verliessen.