
Thomas Manns jüdischer Schwiegervater sponserte Antisemit Wagner
(Keystone-SDA) Thomas Manns Schwiegervater Alfred Pringsheim war Jude. Und Richard Wagner bekennender Antisemit. Trotzdem verstanden sie sich gut, schliesslich förderte Pringsheim die Bayreuther Festspiele finanziell. Nun sind Tagebuch-Einträge Pringsheims aufgetaucht.
Bislang unbekannte Aufzeichnungen von Pringsheim gewähren einen Einblick in die Proben zur Uraufführung von Richard Wagners «Ring des Nibelungen». Pringsheims Bayreuth-Tagebuch ist im Nachlass des Wagner-Enkels Franz Wilhelm Beidler gefunden worden.
Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» veröffentlichte am Freitag Auszüge. Komplett werden die Aufzeichnungen bis Mitte des Jahres vom Würzburger Verlag Königshausen-Neumann veröffentlicht, wie eine Sprecherin des Unternehmens bestätigte.
Pringsheim kam im Juli 1876 in Bayreuth an. Seine Eindrücke sind den veröffentlichten Auszügen nach durchaus zwiespältig. So schreibt er beispielsweise: «Die Solo-Scenen Siegfried’s und die Scene mit dem Waldvogel sind wunderbar poetisch, und auch musikalisch von reizvollster Wirkung. In den übrigen Scenen ist für meinen Geschmack zu viel Unmusik.»
Einblick in privates Verhalten
Und weiter: «Die Häufung unvermittelter Dissonanzen in der Zank-Scene zwischen Mime und Alberich überbietet alles, was selbst Wagner bisher hierin gewagt.»
Vor allem aber gibt es auch Einblicke in Wagners privates Verhalten: «Nach der Probe am Wagner-Tische oben. Wagner äusserst guter Laune.» Oder es wird geschildert, wie Wagner abends spontan musiziert. Obwohl Pringsheim Jude war und Wagner sich öffentlich stark antisemitisch geäussert hatte, behandelten der Komponist und seine Frau Cosima ihren Mäzen sehr zuvorkommend.
Gefunden hat die Unterlagen gemäss FAZ Wagners Urenkelin Dagny Beidler. Sie ist die Enkelin von Isolde von Bülow, der ersten gemeinsamen Tochter von Richard und Cosima.