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Waffenbesitz wird schwieriger

Kein anonymer Waffenverkauf mehr übers Internet. Ex-press

Das Schweizer Parlament hat das revidierte Waffengesetz angenommen. Neu fallen auch gefährliche Gegenstände sowie der anonymisierte Waffenverkauf via Internet unter das Gesetz.

Mit der Revision ist die Debatte aber noch lange nicht zu Ende: Der Ständerat hat einer Motion zugestimmt, welche vorsieht, dass Soldaten keine Kriegsmunition mit nach Hause gegeben wird.

Der letzte Akt im Ständerat war nur mehr Formsache. Die grossen Themen der Waffengesetzrevision waren bereits vorher erledigt worden: So verzichtet das Parlament auf ein nationales Waffenregister, in dem sämtliche Waffen und deren Besitzer erfasst sein sollten.

Neu fallen auch Imitationswaffen, Soft-Air-Guns, Stellmesser und bei gewalttätigem Einsatz auch Baseballschläger oder Veloketten unter das Waffengesetz.

Der anonymisierte Waffenverkauf via Internet oder Inserate ist untersagt. Des weiteren bringt die Revision eine gesetzliche Grundlage für den Datenaustausch zwischen dem Bundesamt für Polizei (fedpol) und der Armee.

Waffenimport

Für Waffenimporteure wird künftig eine “Probezeit” eingeführt: Demnach soll ihnen zunächst eine Einzelbewilligung ausgestellt werden, bevor sie nach einem Jahr eine Generalbewilligung beantragen können.

Der Nationalrat, die grosse Kammer, hatte vorgeschlagen, dass direkt Generalbewilligungen ausgestellt und erst bei Beanstandungen Importeure ein Jahr lang nur noch Einzelbewilligungen erhalten sollen.

Das Waffengesetz war bereits mit der Zustimmung zum Schengen-Abkommen am 5. Juni 2005 den europäischen Mindeststandards angepasst worden. Mit der jetzigen Revision wurden Mängel in der Umsetzung ausgeräumt.

Keine Munition zu Hause

Die so genannte Taschenmunition soll nur noch jenen rund 2000 Wehrmännern heimgegeben werden, die für Ersteinsätze vorgesehen sind. Der Ständerat, die kleine Kammer, hat am Mittwoch einer Motion seiner Sicherheitspolitischen Kommission (SIK) mit 35 zu 5 zugestimmt.

Die SIK hatte das Grundanliegen einer Motion der sozialdemokratischen Basler Ständerätin Anita Fetz aufgenommen, die Heimabgabe der Taschenmunition für alle aktiven Angehörigen der Armee abzuschaffen, um Familiendramen zu vermeiden.

Die SIK-Motion will aber dem Bundesrat mehr Handlungsspielraum belassen. Sollte sich die Bedrohungssituation verändern, könnte der Bundesrat auf diesen Entscheid zurückkommen.

Zudem soll der Bundesrat Ausnahmen für Truppen der militärischen Sicherheit vorsehen, die für Soforteinsätze wie Flugplatzbewachungen trainiert werden. Von den heute aktiven 120’000 Wehrmännern würden also nur noch etwa 2000 die Munition nach dem Dienst heimnehmen.

Nicht in der Revision unterbringen konnte die Linke ihr Anliegen, dass Dienstwaffen in den Zeughäusern bleiben müssen. Eine Volksinitiative mit diesem Ziel soll noch im Sommer gestartet werden.

Initiative gegen Waffengewalt

Die Initiative “Für den Schutz vor Waffengewalt” verlangt, dass Armeewaffen in den Zeughäusern aufbewahrt werden, die Einführung eines nationalen Waffenregisters, das Verbot für Privatpersonen, besonders gefährliche Waffen zu besitzen oder zu erwerben und strengere Kontrollen beim Besitz von Feuerwaffen.

Der Alternaive Nationalrat Josef Lang, der hinter der Initiative steht, vertritt die Meinung, dass die Aufbewahrung von Armeewaffen zu Hause ein Sicherheitsrisiko darstelle und es dafür “keine praktischen Argumente, sondern nur ideologische” gebe.

“Jedes Jahr sterben in der Schweiz rund 300 Menschen durch Armeewaffen. Bei den meisten Fällen handelt es sich um Suizid, es gibt aber auch Familientragödien”, sagte der Parlamentarier gegenüber swissinfo.

Befürworter der Aufbewahrung von Waffen argumentieren, strengere Kontrollen würden gegen eine alte Schweizer Tradition verstossen und seien kein Mittel gegen Kriminalität. Ein Massaker wie jenes in Zug 2001 wäre dadurch nicht verhindert worden.

Bei Waffenmissbrauch sei nicht die Waffe schuld, sondern die Person, die sie bediene. “Es ist ein gesellschaftliches Problem”, betont Hermann Suter von der Waffenlobby-Gruppe “Pro Tell”. “Das strategische Ziel der Initianten ist die Abschaffung der Miliz-Armee innerhalb der nächsten 20 Jahre.”

swissinfo und Agenturen

In der Schweiz sind schätzungsweise 1,2 bis 2 Millionen Schusswaffen im Umlauf.

Über 300 Todesfälle pro Jahr in der Schweiz geschehen durch Armeewaffen.

Gemäss Ipsilon (Initiative zur Prävention von Suizid in der Schweiz) werden 34% der Selbstmorde bei Männern mit einer Schusswaffe begangen, bei den Frauen sind es 3,7%.

Gemäss einer Umfrage würden 65,5% der Schweizer Bevölkerung dafür stimmen, dass das Aufbewahren von Armeewaffen zu Hause verboten wird, 69% sind für ein nationales Waffenregister und 37% glauben, dass Familiendramen reduziert werden könnten, würden keine Dienstwaffen zu Hause verwahrt.

Die Angehörigen der Schweizer Armee bewahren ihre Waffen während ihrer Dienstzeit zuhause auf.

Ihnen wird auch Taschenmunition mit nach Hause gegeben. Diese umfasst 50 Patronen und befindet sich in einer plombierten Verpackung.

Im Falle einer Mobilisierung dürfen die Soldaten die Packung öffnen, um sich mit der geladenen Waffe zum Mobilmachungsort zu begeben.

Die Aufbewahrung von persönlichen Armeewaffen zuhause stösst auf immer stärkere Kritik, weil diese immer wieder für Selbstmorde oder bei Familiendramen verwendet werden.

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