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Erstaunliche Allianz gegen Jugendarbeitslosigkeit

Ein fester Job nach der Lehre ist nicht selbstverständlich. ct2.ch

Über 22'000 Jugendliche sind in der Schweiz auf Stellensuche. Einige hundert sollen mit Unterstützung des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks (SAH) eine Stelle finden. Finanziert wird das neuartige Coaching-Projekt von der Credit Suisse.

Die Grossbank lässt sich ihr Engagement gegen Jugendarbeitslosigkeit, für das sie mit insgesamt sieben Organisationen zusammenarbeitet, 30 Millionen Franken kosten.

Die Frage, ob die Credit Suisse (CS) damit das seit der Finanzkrise angekratzte Image der Banken etwas aufpolieren will, wollte Dirk Büchi, Corporate Citizenship Credit Suisse, gegenüber swissinfo.ch nicht beantworten und verwies auf die CS-Pressemitteilung.

Als Beitrag zur langfristigen Förderung des Bildungs- und Werkplatzes Schweiz engagiere sich die CS für die Verbesserung der Berufschancen von Jugendlichen, heisst es darin. Im Rahmen dieses gesellschaftlichen Engagements wolle die CS mithelfen, möglichst vielen Jugendlichen zu einem regulären Arbeitsverhältnis zu verhelfen.

Ein Projekt, kein Sponsoring

“Es mag vielleicht erstaunen, dass Credit Suisse dem Hilfswerk der Sozialdemokratischen Partei und den Gewerkschaften, also einem linken Hilfswerk, ein Mandat für ein solches Programm erteilt und es finanziert”, sagt Yves Ecoeur, Sekretär der regionalen SAH-Vereine, gegenüber swissinfo.ch.

“Für uns ist dies jedoch wichtig. Es ist kein Sponsoring, sondern ein Projekt. Wir können etwas tun gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Und seit mehr als 20 Jahren unterstützen, beraten und begleiten die verschiedenen SAH-Regionalvereine Jugendliche auf Arbeitssuche”, so Ecoeur. “Das Mandat der CS sehen wir deshalb auch als Anerkennung für unsere Arbeit.”

Keine Berührungsängste

Berührungsängste oder Befürchtungen einer gewissen finanziellen Abhängigkeit von der Grossbank habe das SAH nicht gehabt. Es gebe nichts in der Zusammenarbeit mit der CS, das die Autonomie der SAH-Arbeit beeinträchtige.

“Wir haben insgesamt 550 Mitarbeiter im SAH, da kann es passieren, dass ein paar Leute nicht so begeistert sind von diesem CS-Mandat”, räumt Ecoeur ein. “Aber es ist eine Wertschätzung unserer Arbeit, und wir finden das sehr gut.”

Natürlich sei das Projekt auch eine Marketingsache der CS – die Bank übernimmt soziale Verantwortung. “Aber es ist auch ein Zeichen, dass der Bund und die Öffentlichkeit nicht genügend Geld zur Verfügung stellen für die Integration der Jugend, und wir sagen, es ist gut, dass sich die CS engagiert”, erklärt Ecoeur. Und die CS halte sich dabei im Hintergrund und lasse dem SAH freie Hand.

Coaching Transition 2

Im Frühjahr 2010 hatte die Credit Suisse das SAH-Netzwerk mit der Schaffung eines Programms beauftragt, das spezifisch auf Jugendliche ausgerichtet ist, die eine anerkannte Ausbildung abschliessen oder bereits abgeschlossen haben und ihre erste Arbeitsstelle suchen. Danach wurde das Projekt CT2 entwickelt, was so viel bedeutet wie Coaching Transition 2, d.h. Coaching beim Übergang von der Ausbildung zum Arbeitsmarkt.

Das Förderprogramm ist im September lanciert worden. Für die Teilnehmenden ist es kostenlos. Während vier Monaten werden diese bei der Stellensuche unterstützt und im Fall einer Anstellung in den ersten Monaten am Arbeitsplatz begleitet.

“Die Coaches können Sozialarbeiter sein, aber sie müssen auch eine Ahnung davon haben, wie eine Firma aussieht, sie müssen nicht nur begleiten und betreuen, sie müssen auch den Arbeitsmarkt kennen, wissen, was der verlangt”, betont Ecoeur. Sie müssten die Stärken und Schwächen der Jugendlichen kennen.

Wissenschaftliche Begleitung

Am Programm beteiligen können sich jährlich 600 Jugendliche und junge Erwachsene. Ziel ist es, für 85 Prozent von ihnen eine Festanstellung zu finden. Danach soll das Projekt über den von der CS finanzierten Zeitraum hinaus (ab 2013) nachhaltig etabliert werden.

Alle von der CS im Rahmen ihrer Initiative “Gemeinsam gegen die Jugendarbeitslosigkeit” unterstützten Programme werden von der Fachhochschule Nordwestschweiz wissenschaftlich begleitet. Dies unter anderem mit dem Ziel, die “Best Practices” der sieben von der CS ausgewählten Organisationen zu eruieren.

Der Nationale Sekretär der SAH-Regionalvereine sieht darin keine Konkurrenz. “Es ist mehr ein Wettbewerb, und wir denken, wir sind gut. Aber andere haben auch gute Ideen, und das ist ein Ansporn für uns zu sehen, was die anderen tun”, so Ecoeur. “Darum finden wir die wissenschaftliche Begleitung durch die Fachhochschule sehr gut.”

Schwierige Arbeitsmarktlage für Jugendliche

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) zählte Ende 2009 rund 81 Millionen arbeitslose Jugendliche (gegenüber 620 Millionen berufstätigen Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren), was einer Jugendarbeitslosenquote von 13% entspricht.

Die Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) vom August 2010 zu den arbeitslosen Jugendlichen (22’499) illustrieren die Tragweite des Problems in der Schweiz. Obwohl das Niveau der Jugendarbeitslosigkeit in der Schweiz um einiges tiefer liegt als in anderen Ländern, präsentiert sich die Lage doch schwierig.

Dies umso mehr, als die aktuelle 4. Revision des Arbeitslosenversicherungs-Gesetzes, die am 26. September zur Abstimmung gelangt, die Versicherungsleistungen für die Jugendlichen massiv einschränken würde, heisst es beim SAH. Vor diesem Hintergrund begrüsst das Hilfswerk der SP und der Gewerkschaften den Beitrag der Credit Suisse, “eines Hauptakteurs der Schweizer Volkswirtschaft”.

Das Programm der 10 SAH-Vereine dauert 3 Jahre. Es basiert auf dem Know-how, das die Regionalvereine in der deutschen, französischen und italienischen Schweiz seit über 20 Jahren entwickelt haben.

Das Programm hat im September 2010 begonnen und ist ein neuer Service, der sich an junge Lehr- und Studienabgänger zwischen 18 und 30 Jahren richtet, die einen ersten Arbeitsplatz suchen.

Sowohl Personen, die als arbeitslos wie auch als nicht-arbeitslos gemeldet sind, können sich für das CT2-Programm anmelden. 4 Monate lang geniessen die Jugendlichen eine individuelle Beratung für die Arbeitsplatzsuche und können an Jobsuche-Workshops teilnehmen.

Das SAH geht auch auf Jobjagd und spielt im Kontakt mit Unternehmen die Rolle eines Vermittlers. Hat eine Person eine Stelle gefunden, wird sie vom Coach des SAH noch einige Monate weiterbegleitet, um für diese erste Berufserfahrung den grösstmöglichen Erfolg zu garantieren.

Dieses für Jugendliche kostenlose Programm wird ausschliesslich von Credit Suisse finanziert.

SAH-Regionalvereine: Berufsintegration arbeitsloser Lehrabgänger an 10 Standorten.

Infoklick: Niederschwelliger Zugang zur Zertifizierung von ehrenamlichem Engagement Jugendlicher.

Intégration Pour Tous: Geografische Ausweitung des Genfer Projekts jeunes@work auf die Kantone Jura, Waadt und Wallis.

Labor Transfer SA: Berufsintegration von Absolventen der Kantonalhandelsschulen.

Attestlehrverbunde: Förderung von Attestlehrabgängern und Sensibilisierung für das Zertifikat.

Stiftung die Chance: Begleitung von Lehrlingen in Schwierigkeiten bis zur Festanstellung nach Lehrabschluss.

Stiftung Speranza: Assessment für Lehrabgänger bezüglich alternativen Berufsfeldern mit Joboptionen.

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