Die einzigartigen Holzgatter von Uri leben weiter
Im abgelegenen Meiental stehen Holzzäune, wie es sie sonst nirgendwo gibt. Nun wurden über 2000 Holzlatten ersetzt.
Auf den ersten Blick scheinen sie in den Schweizer Bergen nichts Besonderes zu sein: Holzzäune entlang eines Weges. Und doch sind die Holzzäune im Urner Meiental etwas Spezielles.
Wegen ihrer Machart und Stabilität gehören sie seit über 150 Jahren zum Landschaftsbild der Region und sind so einzigartig, dass sie sogar ins Schweizer Bundesinventar aufgenommen wurden.
Typisch bei den Meientaler Holzzäunen sind die massiven Pfosten aus Lärchenholz, die fest im Boden verankert sind. Die Pfosten haben viereckige Löcher, in denen die Querbalken liegen.
Und zwar so, dass man den «Hag», wie die Urner sagen, überall öffnen kann, wenn Kühe oder Pferde auf die Wiese kommen.
Den Holzzaun in seiner typischen Art herzustellen, braucht handwerkliches Geschick. So werden beispielsweise die Holzpfosten mit speziellen Konstruktionen befestigt und verankert.
In den letzten Jahren habe man gemerkt, dass kaputte Zäune nicht mehr ersetzt wurden. Pia Tresch, Geschäftsleiterin von Pro Natura Uri, befürchtete, dass die Zäune verschwinden: «Es ist eine alte Tradition hier im Meiental, die Zäune so zu stellen. Das ist recht aufwändig und wurde vernachlässigt.»
7500 Meter Holz aus der Region
Kosten und Zeitdruck prägen gemäss Tresch die Landwirtschaft auch im Alpenraum. «Zum Teil stellte man sogar Plastikzäune auf. Das kann es nicht sein, dachten wir und beschlossen, den Hag wieder herzustellen.» Pro Natura fand für das Projekt verschiedene Geldgeber.
Mehrere Stiftungen, der Kanton Uri oder das Bundesamt für Strassen beteiligten sich am Wiederaufbau der alten Holzzäune. 7500 Meter Holz wurden benötigt, alles aus der Region.
Historischer Verkehrsweg
Das Urner Meiental ist ein abgelegenes Tal in unwegsamem Gelände. Vom Dorf Wassen an der Autobahn geht es steil hinauf in Richtung Sustenpass. Der alte Sustenweg, an welchem die Zäune stehen, ist historisch bedeutend als Säumerweg und gehört zum Bundesinventar der historischen Verkehrswege.
Zum Landschaftsbild der Region gehören auch die alten Holzzäune, die nun wieder mehrere Jahrzehnte stehen sollen. Jedenfalls wurde von Pro Natura für den jährlichen Unterhalt ein zweckgebundener Fonds eingerichtet.
Das Meiental ist ein beliebtes Tal zum Wandern, aber auch ein Ort, der von der Abwanderung betroffen ist.
In den kleinen Weilern entlang des Sustenwegs leben immer weniger Leute, erzählt Beat Zgraggen, Projektleiter des Wiederaufbaus: «1850 wohnten im Tal 460 Leute. Jetzt sind es noch 65 Personen. Das Klima im Tal ist rau und es ist nicht einfach, den Boden zu bewirtschaften.»
Beliebtes Fotosujet
So sei das Holzschlagen früher eine typische Arbeit für die Wintermonate gewesen. «Im Winter hatten die Bauern Zeit, um Lärchenholz zu schlagen. Lärchen gibt es häufig hier.»
Bereits vor über 100 Jahren waren die Holzzäune ein beliebtes Fotosujet für die Reisenden im Meiental. Davon zeugen viele historische Bilder im Staatsarchiv Uri.
Und auch heute sei die Freude spürbar, wie Pia Tresch sagt: «Wir haben bereits sehr viele positive Reaktionen auf den neuen Hag. Es gibt Wanderer, die uns schreiben, aber auch Fachleute aus andern Kantonen.»
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