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Schweizer «Raketenmann» landet im Meer

Yves Rossy nach der Wasserung im Rettungshelikopter. Keystone

Yves Rossy hatte Grosses vor: Mit einem düsenbetriebenen Flügel auf dem Rücken wollte er über die Meerenge von Gibraltar fliegen. Doch die Mission des "Raketenmanns" ist gescheitert – er musste mit seinem Fallschirm auf dem Atlantik wassern.

Schon kurz nach dem Start gab es Schwierigkeiten: Wegen starken Turbulenzen und Sichtproblemen musste Rossy seinen Flug vom marokkanischen Tanger nach Südspanien, der rund 13 Minuten dauern sollte, nach nur vier Minuten abbrechen.

«Ich bin ein bisschen enttäuscht, da ich mein Ziel erreichen wollte», sagte Rossy nach seiner Notlandung an einer Pressekonferenz im spanischen Atlanterra.

Doch mit so etwas müsse man halt rechnen. «Ich bin bereit, es nochmals zu versuchen», sagte er und zeigte sich zuversichtlich, dass das Experiment das nächste Mal bei besserem Wetter und mit neuem Flügel klappen wird.

Wie geplant sprang der Schweizer um 15.05 Uhr auf 2000 Metern Höhe oberhalb von Tanger mit seinem selbst entwickelten 2,5 Meter breiten Karbonflügel auf dem Rücken aus einem Kleinflugzeug, zündete die vier Düsentriebwerke und steuerte auf die andalusische Küste zu.

Verloren in den Wolken

Doch innerhalb von kurzer Zeit verschwand der Swiss-Pilot und ehemalige Kampfjet-Pilot im Nebel, in «wunderschönen Wolken», die «grösser waren als erwartet».

Als er in eine starke Turbulenz geriet, verlor er in den dicken grossen Wolken die Orientierung. «Ich muss mich auf mein Gefühl und meine Augen verlassen können – sonst bin ich verloren.»

Normalerweise könne er schnell wieder die Kontrolle über sein Fluggerät erlangen, doch in diesen Wolken habe er keine Chance gehabt.

«Kein Fun mehr»

Als er mit 300km/h seewärts trieb, war für Rossy klar, dass es «kein Fun mehr» war – und er löste 850 Meter über dem Meer seinen Fallschirm aus.

Während sein Team und die Kameracrews vergeblich den wolkenverhangenen Himmel nach dem Raketenmann absuchten, starteten drei Helikopter, zwei Flugzeuge und Schiffe der spanischen Flotte, um den «Raketenmann» zu suchen: Nach zehn Minuten hatten sie ihn auf dem Wasser treibend lokalisiert.

Knapp drei Viertel Stunden nach Rossys Abenteuer hatte er wieder festen Boden unter den Füssen: Ein Helikopter setzte ihn unverletzt an der spanischen Küste ab.

Trotz allem ein Erfolg

Rossys Abenteuer wurde live von seinem Sponsor Webtel.mobi, einer internationalen Mobiltelefongesellschaft, im Internet übertragen.

Die Aktion sei trotz allem ein Erfolg gewesen, sagte der CEO Stuart Sterzel. Denn es sei der erste Versuch eines Menschen gewesen, die Meerenge von Gibraltar ohne Flugzeug zu überfliegen – und das sei das, was zähle. Der Versuch wird laut Sterzel frühestens in einem Jahr wiederholt.

«Es ist klar, dass man auf einem neuen Gebiet Fehler macht», sagte Rossy. «Doch man kann nur lernen und sich verbessern.»

Rekordbrecher

Im Jahr 2008 hatte Rossy mehr Glück: Damals flog er als erster Mensch mit einem turbinengetriebenen Flügel über den Ärmelkanal. Im Mai des gleichen Jahres kurvte er mehrere Minuten über den Waadtländer Alpen herum.

Trotz dem aktuellen Rückschlag lässt Rossy seine Zukünftspläne nicht ins Wasser fallen: Im April 2010 will er über den Grand Canyon fliegen.

Während seinem dreijährigen Sabbatical als Swiss-Pilot hat Rossy zwei kleinere leistungsfähigere Flügel entwickelt. Flügel, mit denen er gar Loopings machen kann.

«Es ist ein unbeschreibliches Gefühl so zu fliegen», sagte Rossy. «Es ist wie ein Traum – es macht einen süchtig.»

Simon Bradley, Atlanterra, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Corinne Buchser)

Mit seinen kerosinbetriebenen Turbinenflügeln verschmolz Rossy den Traum vom Vogelmenschen mit modernster Technologie. Acht Jahre hat er an der Entwicklung seines düsenbetriebenen Flügels gearbeitet.

Die Spannweite der Flugarme aus Karbon misst 2,5 Meter. Das Gewicht beträgt inklusive den vier kleinen Turbinentriebwerken und vollgetankt mit 30 Litern Kerosin 60 Kilogramm.

Mit den Jetflügeln sind Fluggeschwindigkeiten von bis 300 Kilometer pro Stunde möglich.

Rossy steuert seinen Flugapparat vorwiegend mit dem Kopf. Die einzigen Instrumente dabei sind die Augen, der Gashebel und ein Höhenmesser.

Im Jahr 2008 hat er als erster Mensch mit Jetflügeln den Ärmelkanal überquert.

Im Mai des gleichen Jahres hatte Rossy über die Schweizer Alpen einen erfolgreichen Testflug von fünf Minuten absolviert.

2004 war er der erste Mann überhaupt, der mit einem düsenbetriebenen Flügel flog.

swissinfo.ch
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