Public Eye Awards: Unbeliebte Auszeichnungen
Zwei Wochen vor dem Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos haben die Organisatoren der Gegenveranstaltung Public Eye Anwärter für den diesjährigen "Negative Award" nominiert.
Die entwicklungspolitische Organisation Erklärung von Bern (EvB) und die Naturschutzorganisation Pro Natura wollen auch in diesem Jahr einen Gegenpol zum WEF setzen.
Kandidaten für diesen als unbeliebt verstandenen Award sind unter anderen IKEA, Novartis und RUAG.
Mit dem «Public Eye Award» will eigentlich niemand ausgezeichnet werden. Die dieses Jahr zum dritten Mal verliehenen «Awards» prämieren nämlich Konzerne mit besonders «unverantwortlichem Verhalten».
Über 40 in- und ausländische Firmen seien vorgeschlagen worden, gaben die beiden Veranstalter, «Erklärung von Bern» (EvB) und Pro Natura, am Donnerstag in Bern bekannt.
Insgesamt neun Unternehmen stehen nun in den drei Kategorien zur Wahl.
Erstmals Unterkategorie «Schweizer Award»
Zum ersten Mal existiert mit dem «Swiss Award» ein eigener Preis für Firmen mit Sitz in der Schweiz.
Hier figurieren die Zuger Rohstoffgruppe Xstrata, der Berner Rüstungs- und Technologiekonzern RUAG und der Pharmakonzern Novartis auf der Liste der möglichen «Ausgezeichneten».
Xstrata wird wegen eines Bergbauprojektes in Australien kritisiert, die vom Bund kontrollierte RUAG unter anderem für ihre Produktion von Kleinkaliber-Munition.
Novartis wegen Generika-Widerstand im Fokus
Novartis wiederum fechte die indischen Patentgesetze an, um die Herstellung von Generika-Medikamenten zu verhindern. Falls sich Novartis durchsetze, werde das vielen Krebskranken in Entwicklungsländern das Leben kosten, erklärte Oliver Classen von der EvB.
In der Kategorie «Global Award» sind die niederländische Rohstoffhändlerin Trafigura, das schwedische Möbelhaus IKEA und der japanische Reifenhersteller Bridgestone nominiert.
Positiv: Coop, Marks & Spencer
Für den «Positive Award» sind der Detailhändler Coop, die niederländische Bio-Nahrungsmittelkette Eosta sowie die britische Kaufhauskette Marks & Spencer vorgeschlagen.
Mit diesem positiven Preis werde eine wegweisende unternehmerische Initiative ausgezeichnet, sagte Sonja Ribi von Pro Natura. Der «Positive Award» stehe für Lichtblicke in der Konzernwelt.
Coop ist wegen seines «jahrelangen Engagements für den biologischen Landbau» im Rennen.
Den Konzernen auf die Finger schauen
«Die Plünderung ärmerer Länder und Leute bleibt auch in der herrschenden Hochkonjunktur die Geschäftsgrundlage allzu vieler Grosskonzerne», sagte Classen. Die «Public Eye Awards» zeige den WEF-Mitgliedern und anderen Konzernen, dass ihnen eine kritische Öffentlichkeit auf die Finger schaue.
Die Preisverleihung sei eine «öffentliche Plattform, an der die vielen Schattenseiten einer rein Profit orientierten Globalisierung vor Augen geführt werden», erklärte Ribi.
Die «Awards» werden am Eröffnungstag des WEF am 24. Januar in Davos verliehen. Moderiert wird die Veranstaltung vom Kabarettisten Patrick Frey.
swissinfo und Agenturen
Public Eye ist eine globalisierungskritische Veranstaltung.
Sie findet jeweils Ende Januar parallel zum Jahrestreffen WEF in Davos statt.
Diese Alternative zum WEF ist ein gemeinsames Projekt der entwicklungs-politischen Organisation Erklärung von Bern und der Naturschutz-Organisation Pro Natura.
Public Eye fühlt sich mit dem Weltsozialforum (WSF) eng verbunden.
Dieses findet vom 20. bis 25. Januar 2007 in Kenias Hauptstadt Nairobi statt.
Im Zentrum der Public Eye Awards standen stets Grossunternehmen. In den letzten Jahren wurde etwa der Nahrungsmittelmulti Nestlé kritisiert.
Nestlé erhielt 2005 den Publikumspreis der Public Eye Awards wegen eines Arbeitskonflikts in Kolumbien und dem aggressiven Vermarkten von Babynahrung. Der Multi halte sich nicht an die Regeln der Weltgesundheitsorganisation, hiess es damals.
Prominentester Award-Träger 2006 war Walt Disney. Dem Konzern wurden schwere Menschenrechtsverletzungen in seinen Zulieferbetrieben in Südchina vorgeworfen.
2006 war zum ersten Mal auch ein «Positiv Award» verliehen worden. Er ging jedoch nicht an eine Firma, sondern an die mexikanische Gewerkschaft SNRTE und die deutschen NGO Germanwatch und FIAN.
Sie hatten sich gemeinsam erfolgreich gegen die widerrechtliche Schliessung einer Fabrik des Reifenmultis Continental in Mexiko gewehrt.
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