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Tourismus: Luftabwehr gegen Kampfjets

Zwei F/A-18 Hornet über den Schweizer Alpen. Swiss Air Force

Das ohrenbetäubende Dröhnen der Kampfflugzeuge der Schweizer Luftwaffe hat eine alpine Tourismus-Region aus dem Schlaf gerissen und auf die Barrikaden gebracht.

Eine Bürger-Initiative und Tourismus-Vertreter haben genug vom Lärm des Schweizer Kampfjets F/A-18.

Eine Gruppe Touristinnen und Touristen schlendert durch das Freilicht-Museum Ballenberg in der Nähe von Brienz im Berner Oberland. Dutzende jahrhundertealte, renovierte Gebäude aus allen Landesteilen zeigen, wie die ländliche, vorindustrielle Schweiz ausgesehen hat.

Das ohrenbetäubende Röhren eines Kampfjets über den Köpfen der Gäste beendet abrupt ihre Unterhaltung und zerstört jede Illusion einer Zeitreise in die Vergangenheit.

Es erstaunt wenig, dass in der dichtbesiedelten, bergigen Schweiz verschiedene Interessen-Gruppen um dasselbe Territorium kämpfen. Erstaunen könnte eher, dass dass der Konflikt so lange nicht ausbrach.

Im Tal zwischen Brienz und Meiringen ist der Tourismus die wichtigste Einnahmequelle. Das Gebiet ist aber auch von strategischem Interesse für die Schweizer Luftwaffe, die in Meiringen schon seit rund 50 Jahren einen Flugplatz betreibt.

Auf in den Kampf

Viele Anwohnerinnen und Anwohner wehren sich gegen den Entscheid der Armee, mehr Einsätze des neuesten Schweizer Kampfjets, der amerikanischen F/A-18 Hornet, ab Meiringen zu fliegen. Der neue Jet sei doppelt so laut wie die ältere F5 Tiger, sagen die Betroffenen.

«Regelmässige Gäste haben uns gesagt, dass sie im kommenden Jahr woanders Ferien machen, wenn die Flüge mit gleicher Intensität weitergehen», beklagt sich Hansjörg Imhof, Direktor des Hotels Lindenhof in Brienz.

Er ist auch Präsident der Brienzer Hotelvereins. Zusammen mit Hunderten von Einwohnerinnen und Einwohnern wollen die Hoteliers der Luftwaffe die Flügel stutzen. Organisiert haben sich die Lärmgeplagten in der «Interessengemeinschaft für weniger Fluglärm in der Alpenregion» (IGF).

Diese verlangt, dass die F/A-18 nur in der Nebensaison fliegen darf, um die Gäste auf der Suche nach Ruhe und Entspannung nicht zu stören.

Der bekannte Umweltschützer Franz Weber geht noch einen Schritt weiter. Er hat eine Petition lanciert, die Flüge von Kampfjets über Touristen-Regionen ganz verbieten will. Er hofft, bis im November kommenden Jahres die 100’000 Unterschriften gesammelt zu haben, welche für eine Volksinitiative nötig sind.

Mehr Lärm wegen kleineren Budgets

«Die Luftwaffe nimmt die Befürchtungen der Bevölkerung und der Tourismus-Industrie ernst», sagt Ernst Kohler, Leiter des Militär-Flugplatzes Meiringen. «Darum haben wir entschieden, diesen Sommer keine Trainingseinheit hier zu stationieren, auch nicht im nächsten Sommer.» Das Ende des Satzes wird von einer F/A-18 übertönt, die den Rollweg hinunterrollt.

Die Budget-Kürzungen der Armee haben – zumindest kurzfristig – die Bedeutung des Flugplatzes Meiringen gestärkt: Während andere Flugplätze in den nächsten Jahren geschlossen werden, soll Meiringen als eine von insgesamt drei Anlagen weiter betrieben werden.

Laut Kohler ist sie von besonderem strategischen Interesse, weil die Kampfjets in unterirdischen Kavernen untergebracht werden können.

«Ab 2006 wird eine Trainings-Einheit von F/A-18 permanent hier stationiert sein», sagt der Flugplatz-Kommandant und deutet damit an, dass die Jets dann auch im Sommer in die Bergluft aufsteigen werden.

Ab 2005 will die Luftwaffe insgesamt über 3000 Einsätze pro Jahr fliegen, ein Drittel davon mit der F/A-18.

Nicht nur Jet, sondern Waffensystem

«Die F/A-18 ist nicht nur ein Flugzeug, sondern ein wichtiges Waffensystem», erklärt der Oberst im Generalstab Peter Suter. Er ist einer der ersten Schweizer Piloten, welche den amerikanischen Navy-Jet geflogen sind.

«Er wird vor allem für die Luftüberwachung eingesetzt», sagt er. «Wir können damit nach unten sehen, das heisst, mit dem Radar können wir in die Täler hineinschauen. Das geht mit dem Tiger oder der Mirage nicht.»

«Brauchen wir eine solche Luftwaffe, vor allem wenn sie so teuer ist», entgegnet Emil Feuz, ein Bergführer, der nur einen Steinwurf entfernt von der Start- und Lande-Piste wohnt. Feuz engagiert sich, wenig erstaunlich, auch in der Bürgerbewegung.

«Was sind die wirklichen Bedrohungen der nationalen Sicherheit heute», fragt er rhetorisch und erinnert an die drastischen geopolitischen Veränderungen in den letzten zehn Jahren. Damals sprach sich das Schweizer Volk in einer Abstimmung für die Anschaffung der neuen Kampfflugzeuge aus.

Vier mal mehr Lärm

Laut den Berechnungen der IGF muss sich die Region auf vier mal mehr Lärm einstellen, als in den vergangenen fünf Jahren. «Ab 2005 wird es alle 17 Minuten einen Start oder eine Landung geben», warnt sie auf ihrer Webseite.

«Wir sind nicht gegen den Flugplatz, wir sind gegen Flugzeuge, die soviel Lärm machen», sagt Hotel-Direktor Imhof. «Tourismus und der Flugplatz können nebeneinander existieren, es braucht aber einen Kompromiss.»

Zahlen über die Auswirkungen von mehr Starts und Landungen auf die Gästezahlen hat er nicht. Aber er fragt: «Würden sie in einer Region Ferien machen, wo es soviel Lärm gibt?»

swissinfo, Dale Bechtel
(Aus dem Englischen: Philippe Kropf)

Die F/A-18 ist das neueste Kampfflugzeug der Schweizer Luftwaffe.

Mit 3,5 Mrd. Franken für 34 Maschinen waren sie die teuerste Anschaffung in der Geschichte der Armee.

Nach einem Volksentscheid wurden die Jets der US-Firma McDonnel Douglas 1997 eingeführt.

Ihre Schubkraft ist 3,5 Mal grösser als jene ihr Vorgänger, der Tiger F5 – darum sind die F/A-18 viel lauter.

Bürger und Hoteliers im Berner Oberland wehren sich gegen die geplante Erhöhung von F/A-18-Flügen auf dem Flugplatz Meiringen.

Sie fürchten, dass der Lärm Touristinnen und Touristen vertreibt.

Wegen der bevorstehenden Schliessung von Militär-Flugplätzen werden ab Meiringen mehr Kampfjets starten und landen.

Umweltschützer Franz Weber sammelt ausserdem Unterschriften für eine Volks-Initiative, welche Jet-Flüge über Tourismus-Regionen verbieten will.

Seine Stiftung betreibt auch das historische Hotel Giessbach am Brienzersee, das auch von den Flügen betroffen ist.

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