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Umstrittene C02-Senken

Der Wald: CO2-Senke oder Quelle erneuerbare Energie? Keystone

Die Schweiz hat sich verpflichtet, ihre Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Laut Kyoto-Protokoll kann sie sich aber auch ihre Wälder als CO2-Senken anrechnen lassen.

Doch bei Schweizer Fachleuten ist die Senken-Lösung umstritten.

Wälder binden Kohlenstoff und leisten damit einen Beitrag gegen die Klimaveränderung. Ihre Funktion als Kohlenstoff-Schlucker ist denn auch der Grund, warum das Kyoto-Protokoll die Möglichkeit bietet, Treibhausgas-Emissionen mit den CO2-Senken der Wälder zu verrechnen.

Ob der Schweizer Wald als Kohlenstoff-Senke genutzt werden soll, diskutierten Fachleute am Donnerstag in Bern.

Ökologisches Dilemma

Die Senken-Lösung wird aus zwei Gründen kritisiert: Zum einen besteht Gefahr, dass ungenügende Reduktionen bei den fossilen Brenn- und Treibstoffen durch Senkenleistungen kompensiert werden. Zum andern wirkt die Anrechnung der Senken einer stärkeren Nutzung des Waldes entgegen.

Denn bei Senken muss gemäss internationalen Rahmenbedingungen der aufgenommene Kohlenstoff gespeichert bleiben und darf nicht durch Nutzung wieder in die Atmosphäre abgegeben werden, wie Richard Volz vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) erläuterte.

Dies ist deshalb problematisch, weil eine vermehrte Nutzung durchaus wünschenswert wäre: Holz ersetzt als Energieträger und Baustoff fossile Energien mit schlechterer CO2-Bilanz und leistet auch auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.

BUWAL für Nutzung

Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) setzt angesichts dieser Problematik auf Nutzung. Das Anrechnen von Senken werde zwar nicht grundsätzlich abgelehnt, teilte das BUWAL mit. Die Schweizer Klimapolitik sei aber darauf ausgerichtet, die Emissionen zu vermindern. Die Nutzung des Waldes sei deshalb sinnvoller.

Auch Umweltorganisationen sind skeptisch. Der WWF sprach sich dafür aus, dass die Schweiz ihre Kyoto-Ziele mit echten Emissions-Reduktionen erreicht und sich keine Senken anrechnen lässt.

CO2-Abgabe als Lösung

Eine andere Auffassung vertritt die Agentur für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (AEE). Sie befürwortet zwar eine verstärkte Nutzung der Wälder, lehnt aber die Anrechnung als Senken nicht ab. Die Senkenleistung soll allerdings der Forstwirtschaft abgegolten werden, und zwar aus den Erträgen der CO2-Abgabe.

Mit dieser Form der Abgeltung könne vermieden werden, dass ungenügende Reduktionen bei den fossilen Brenn- und Treibstoffen durch Senkenleistung kompensiert werden können. Die rasche Einführung einer CO2-Abgabe in maximaler Höhe sei deshalb die wichtigste Voraussetzung für einen besseren Klimaschutzbeitrag der Forstwirtschaft.

Nicht jeder Wald eine Senke

Beim Entscheid, ob die Schweiz auf die Senkenleistung des Waldes setzen soll, gilt es auch zu berücksichtigen, dass nicht jeder Wald als Senke funktioniert. Die Fähigkeit des Waldes, Kohlenstoff aufzunehmen, erschöpft sich früher oder später.

Der Schweizer Wald ist im Vergleich zu jenem der Nachbarländern überaltert, wie Andreas Fischlin von der ETH Zürich darlegte. Während die Senkenleistung naturgesetzlich beschränkt sei, liessen sich bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe Einsparungen in beliebiger Höhe erzielen, gab er zu bedenken.

swissinfo und Agenturen

Emissionen in der Schweiz 2000: 53 Tonnen, davon 83% Kohlendioxid
seit 1990:
Abnahme im privaten, industriellen und Dienstleistungssektor
Zunahme im Verkehrssektor
Zunahme synthetischer Gase im Industriesektor
Abnahme von Methan- und Lachgasemissionen in der Landwirtschaft

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