Dieser Honorarkonsul rückt in Südfrankreich die Schweiz ins rechte Licht
Der Tessiner Geoffroy Baylaender lebt seit 2022 in Montpellier und ist als bodenständiger Honorarkonsul fest im Wirtschaftsgefüge der Region verankert. Mit Elan und Stolz geht er diese Rolle an, die sich zwischen persönlichem Engagement, diplomatischem Protokoll und manchmal heiklen Situationen bewegt.
«Ich bin stolz auf mein Land. Dieses Amt ermöglicht mir, ihm auf andere Weise zu dienen. Früher war es als Soldat, heute ist es als Honorarkonsul», sagt der 38-jährige Geoffroy Baylaender.
Er stammt aus Lugano und ist aus beruflichen Gründen nach Südfrankreich gezogen, zunächst nach Arles, dann nach Montpellier.
Swissinfo beleuchtet das Netzwerk der Schweizer Honorarkonsulinnen und -konsuln – Menschen wie Geoffroy Baylaender in Montpellier, die ehrenamtlich die Schweiz vertreten. Sie helfen Schweizer:innen in Notfällen, pflegen Kontakte vor Ort und fördern kulturelle sowie wirtschaftliche Beziehungen, wo es keine offizielle Vertretung gibt.
Weltweit gibt es 225 Schweizer Honorarkonsulate. Die Arbeit ist ehrenamtlich, zentral für die Auslandschweizer:innen und sorgt dafür, dass die Schweiz überall präsent bleibt. In den kommenden Wochen stellt Ihnen Swissinfo einige dieser «Hobby-Diplomat:innen» vor.
Baylaender arbeitet im digitalen Marketing in der Dentalbranche und hat durch seine Tätigkeit in der Jungen Wirtschaftskammer (Jeune Chambre Economique) Wurzeln im lokalen Wirtschaftsökosystem geschlagen – ein Netzwerk, das ihm unfreiwillig als Brücke zur Ehrendiplomatie gedient hat.
Die Gelegenheit ergab sich, als er dort ein Projekt vorstellte. «Die Vizepräsidentin, die für die Ausstrahlung der Metropole Montpellier zuständig ist, erhielt einen Anruf vom Schweizer Generalkonsul in Marseille auf der Suche nach einem Honorarkonsul. Nachdem ich mich vorgestellt hatte, schlug sie mir vor, mich zu bewerben», erinnert sich Baylaender. Er trat sein Amt im Januar 2024 an.
Verschiedene Kulturen
Wie so oft in der Schweiz ist es auch beim Tessiner unmöglich, sich auf den Vor- und Nachnamen zu verlassen, um seine kulturelle Identität zu erraten.
In Lugano aufgewachsen, verdankt er seinen französischen Vornamen seiner aus Sion im Kanton Wallis stammenden Mutter, seinen Nachnamen seinem deutschen Grossvater und die italienische Sprache seinem Vater aus dem Tessin.
«Im Tessin wurden mein Vorname und mein Nachname verzerrt. Wenigstens spricht man in Frankreich meinen Vornamen richtig aus», sagt er mit einem Lächeln.
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Offizielle, aber lockere Diplomatie
Baylaender beschreibt die Welt der Diplomatie als «komplex und einfach zugleich». Strenge Formalitäten und Kodizes bilden den Rahmen für das Amt, doch die Atmosphäre unter den Konsuln in Montpellier sei, so sagt er, entspannt und freundschaftlich. Er war überrascht, dass das französische Protokoll noch feierlicher ist als jenes in der Schweiz.
Der Tessiner sieht seine Rolle als bereichernd. Sie ermögliche es ihm, mit der Schweiz in Kontakt zu bleiben, viel über Frankreich zu lernen und öffne ihm Türen.
«Es macht mich auch stolz, die Schweiz in den Vordergrund zu stellen und zu zeigen, dass wir nicht nur steife, strenge und reiche Leute sind», scherzt er.
Eine zeitraubende Tätigkeit
Das Amt ist zwar ehrenvoll, aber auch sehr zeitaufwändig und ehrenamtlich. Baylaender muss dem Generalkonsul in Marseille Bericht erstatten und zählt «145 Einsätze seit Januar 2025, das sind zwischen 12 und 15 pro Monat».
Dabei handelt es sich hauptsächlich um telefonische Anfragen, Treffen, Veranstaltungen, Präsentationen und Zeremonien sowie E-Mails.
«In Montpellier bin ich sehr gefragt. Ich würde gerne alles machen, aber ich kann nicht. Man muss Prioritäten setzen», sagt er. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die wirtschaftlichen Möglichkeiten für Schweizer Unternehmen in der Region zu fördern.
Manchmal nimmt seine Rolle eine ernsthaftere Wendung. Er erinnert sich besonders an seinen ersten Tag im Amt: «Ich erhielt einen Anruf von der Leichenhalle in Montpellier, in dem mir mitgeteilt wurde, dass die Leiche eines Schweizer Bürgers seit einem Monat dort aufbewahrt wurde, aber noch nicht abgeholt worden war.»
Er schätzt sich jedoch glücklich, dass er bisher noch nie einen schweren oder dringenden Fall bearbeiten musste.
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Territoriale Verankerung und Schweizer Präsenz
Rund 3300 Schweizerinnen und Schweizer leben im Département Hérault mit seiner Hauptstadt Montpellier. Der Aktionsradius von Geoffroy Baylaender kann sich bei Bedarf aber etwas weiter ausdehnen.
Obwohl das Generalkonsulat in Marseille nur 170 Kilometer entfernt ist, ist man in der Schweiz der Ansicht, dass diese Präsenz unerlässlich sei, um «eine gute Kenntnis des Gebiets zu gewährleisten, Kontakte zu knüpfen und eine Schweizer Präsenz in einer Region zu markieren, die sehr studentisch geprägt ist und eine hohe wirtschaftliche Aktivität aufweist».
Baylaender interessiert sich besonders für Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft, die oft weit von der Schweizer Kultur entfernt sind. Um dieser Herausforderung zu begegnen, möchte er eine Aktivität ins Leben rufen, die es 18- bis 20-Jährigen ermöglicht, eine Verbindung zur Schweiz aufzubauen.
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Eine unterschätzte, aber anspruchsvolle Funktion
«Die Rolle des Honorarkonsuls wird unterschätzt», sagt der Tessiner. «Die Funktion gibt zwar einen Rahmen vor, aber mit Initiative und Lust ist der Spielraum gross genug, um schöne Initiativen auf die Beine zu stellen, welche die Schweiz zum Strahlen bringen.»
Solange er in Montpellier lebt, hofft Baylaender, sein Engagement fortsetzen zu können. Für die Zeit danach lässt er sein Leben «vom Wind und den sich ergebenden Zufällen tragen».
Editiert von Samuel Jaberg, Übertragung aus dem Französischen mithilfe von Deepl: Christian Raaflaub
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