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“Eingetragene Partnerschaft” statt Ehe

Der Kanton Genf kennt die eingetragene Partnerschaft bereits seit 2001. Keystone

Gleichgeschlechtliche Paare sollen in Zukunft die Möglichkeit erhalten, ihre Partnerschaft in gegenseitiger Verantwortung rechtlich abzusichern.

Weil letztes Jahr mit über 66’000 gültigen Unterschriften das Referendum eingereicht worden ist, kommt das Partnerschafts-Gesetz am 5. Juni 2005 an die Urne.

Gleichgeschlechtliche Paare sind heute in der Schweiz in verschiedenen Lebensbereichen benachteiligt. Das Partnerschafts-Gesetz soll nun auf eine einfache und moderne Art die Lebensgemeinschaft von zwei erwachsenen gleichgeschlechtlich orientierten Personen regeln.

Zwei Personen gleichen Geschlechts sollen ihre Partnerschaft überall in der Schweiz beim Zivilstandsamt eintragen lassen können. Der neue Zivilstand würde “in eingetragener Partnerschaft” lauten.

In wichtigen Bereichen wie dem Erbrecht, den Sozialversicherungen und der beruflichen Vorsorge sollen gleichgeschlechtliche Paare dieselben Rechte und Pflichten erhalten wie Ehepaare.

Familiengründung nicht erlaubt

Eine Familie im engeren Sinne sollen eingetragene gleichgeschlechtliche Paare jedoch nicht gründen dürfen. Die Adoption von Kindern soll nicht erlaubt werden.

Ebenfalls untersagt das neue Gesetz, ein leibliches Kind der Partnerin oder des Partners als eigenes anzunehmen. Ebenfalls ausgeschlossen soll eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung sein, wie zum Beispiel die künstliche Befruchtung.

Diskriminiert oder nicht?

Trotz dieser Regelungen befürchten christliche Kreise eine Aufweichung der Ehe. Unter der Federführung der Evangelischen Volkspartei (EVP) ergriffen sie erfolgreich das Referendum gegen das Gesetz.

“Das Partnerschafts-Gesetz setzt falsche Prioritäten und ein falsches Signal”, sagt Ruedi Aeschbacher, Nationalrat und Präsident der EVP, gegenüber swissinfo. Gleichgeschlechtliche Paare könnten heute ihr Leben führen, “ohne dass sie deswegen von der Gesellschaft diskriminiert sind”.

Ganz anderer Meinung ist Anita Thanei, Nationalrätin der Sozialdemokratischen Partei (SP). “Rechtlich sind sie nach wie vor eindeutig diskriminiert. Und deshalb ist es dringend nötig, dass dieses Gesetz in Kraft tritt.”

Aeschbacher sieht im Gesetz eine Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft mit der Ehe. “Die Familie soll privilegiert sein gegenüber allen andern Zivilständen”, findet er. Schliesslich sei es “die Ehe als Nukleus dieser Familie, die das Fortkommen und den Weiterbestand unseres Volkes garantiert”.

“Wenn Sie von einer Privilegierung sprechen, dann geben Sie ja explizit zu, dass gleichgeschlechtliche Paare diskriminiert sind”, kontert Thanei. “Das verfassungsrechtliche Diskriminierungs-Verbot betrifft auch, welche Lebensform man wählt.”

Erster Schritt zur Adoption?

Im Streit um das Partnerschaftsgesetz scheint das Thema Adoption der eigentliche Zankapfel zu sein. Trotz dem ausdrücklichen Adoptionsverbot sehen die Gegner im Gesetz einen ersten Schritt zur Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare.

Doch Thanei betont: “Es ist nicht das vordringliche Ziel, jetzt diese Adoption zu ermöglichen. Ich denke, lieber ein kleiner Schritt heute, als kein grosser morgen.”

“Da sieht man ganz deutlich, was das Schlussziel sein wird”, reagiert Aeschbacher. “Heute der erste kleine Schritt mit dem Partnerschafts-Gesetz, und morgen dann noch die Adoption dazu.”

Da es sich bei der Vorlage um ein Referendum gegen ein Gesetz handelt, ist am 5. Juni 2005 einzig das Volksmehr ausschlaggebend. Bei einem Ja würde das gesamtschweizerische Partnerschafts-Gesetz voraussichtlich etwa ab Mitte 2006 in Kraft gesetzt.

swissinfo, Christian Raaflaub

Das neue Gesetz über die eingetragene Partnerschaft soll die rechtliche Stellung gleichgeschlechtlicher Paare verbessern, ohne aber die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichzustellen.

So sollen beispielsweise Adoptionen oder der Zugriff auf die Fortpflanzungsmedizin und damit eine klassische Familiengründung weiterhin nicht erlaubt sein.

Heute gibt es die eingetragene Partnerschaft bereits in drei Schweizer Kantonen (Genf, Zürich, Neuenburg). Rund 700 homosexuelle Paare sind in diesen Kantonen rechtlich anerkannt.

Zahlreiche andere Länder kennen bereits eine rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare.

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