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50-Meter-Sturz von Seilbahnmast offenbart Sicherheitsdefizit

Ein Mitarbeiter der Engadiner Diavolezza-Seilbahn wurde im Sommer von einer vorbeifahrenden Kabine von einer Seilbahnstütze 50 Meter in die Tiefe gestossen. (Archivbild) KEYSTONE/ARNO BALZARINI sda-ats

(Keystone-SDA) Der 50-Meter-Sturz eines Seilbahntechnikers im Engadin hat ein Sicherheitsdefizit aufgezeigt, das laut der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle (Sust) die ganze Branche betrifft. Für Wartungsarbeiten bei laufendem Bahnbetrieb fehlen offenbar Sicherheitskonzepte.

Zu diesem kritischen Befund kam die Sust bei der Untersuchung des dramatischen Arbeitsunfalls bei der Diavolezza-Seilbahn bei Pontresina GR. Der Seilbahnmitarbeiter verunglückte im Juni bei Arbeiten oben auf dem viele Stockwerke hohen Seilbahnmast, wie dem am Montag publizierten Schlussbericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle zu entnehmen ist.

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Der erfahrene Techniker wurde vom Laufwerk einer vorbeifahrenden Kabine touchiert und von der Arbeitsplattform gestossen. Er fiel 50 Meter in die Tiefe. Dank einer zwei Meter hohen Schneedecke überlebte er, wenn auch schwer verletzt.

Ausgelöst hat den Unfall eine ungewollte Bewegung des Mannes, als wegen eines Knieproblems eines seiner Beine einknickte und er zu nahe an das durchfahrende Laufwerk kam. Womöglich wurde er dann von Teilen des Laufwerks mitgerissen, die über das Arbeitspodest hineinragten.

Sieben ähnliche Unfälle seit 2005

Bei der Untersuchung erkannte die Sicherheitsuntersuchungsstelle, dass nicht nur die Diavolezza-Seilbahn, sondern die ganze Seilbahnbranche «nur über wenige Vorgaben zur Sicherung einer Arbeitsstelle, insbesondere unter laufendem Betrieb, verfügt». Oft hänge es es einzig von der Aufmerksamkeit des Mitarbeiters auf dem Mast ab, nicht durch eine vorbeifahrende Kabine gefährdet zu werden.

Seit 2005 sei es in der Schweiz zu mindestens sieben ähnlichen Vorfällen gekommen, bei denen eine Person vom Laufwerk einer Seilbahnkabine mitgerissen wurde. Definierte Abläufe und Sicherheitsvorgaben für Arbeiten bei laufendem Betrieb, wie sie etwa bei der Eisenbahn bestünden, seien in der Seilbahnbranche nicht bekannt, kritisiert die Sust.

Sie empfiehlt deshalb der Branche, solche Sicherheitskonzepte auszuarbeiten. Und dem Bundesamt für Verkehr legt die Sicherheitsuntersuchungsstelle nahe, bei ihrer Aufsichtstätigkeit zu kontrollieren, ob die Seilbahnen die Arbeitssicherheit bei laufendem Betrieb gewährleisten.

Sicherheitsausrüstung ausgezogen

Die Sust nimmt aber auch die Seilbahntechniker in die Pflicht: Bei den meisten Mitreissunfällen habe das Tragen einer Schutzausrüstung gegen Absturz grössere Verletzungen verhindert.

Auf der Diavolezza aber wähnte sich der Verunglückte in Sicherheit, weil das Podest oben auf dem Mast ein Sicherheitsgeländer hatte. Dort angekommen, zog er die Schutzausrüstung aus, um sich freier bewegen zu können. Eine Entscheidung, die ihn fast das Leben kostete.

Die persönliche Schutzausrüstung solle konsequent genutzt werden, auch in Situationen, in denen ein teilweisen Schutz vor Absturz bestehe, folgert die Sust. Für die Befolgung dieser Maxime sollen wiederum die Seilbahnunternehmen sorgen.

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