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Der Dschungel der Familienzulagen

Die Ausbildungszulage für Jugendliche beträgt im Kanton Wallis 360 Franken, im Aargau 170 Franken. Keystone Archive

Kinder haben ist teuer in der Schweiz. Deshalb erhalten berufstätige Eltern (kleine) finanzielle Hilfen. Doch wegen des Föderalismus gibt es da grosse Unterschiede zwischen den Kantonen.

Die Familienzulagen sind zwar die frappantesten Beispiele solcher Unterschiede, aber nicht die einzigen.

Aufgrund der Schweizer Bundesverfassung kann die Eidgenossenschaft Gesetze zu den Familienzulagen erlassen. Das tut sie jedoch nur in der Landwirtschaft.

In allen anderen Bereichen gelten die verschiedenen kantonalen Gesetze. Einige grosse Unternehmen haben manchmal eigene Regeln und zahlen Kinderzulagen, die über den kantonalen Vorgaben liegen.

Die Arbeitgeber müssen sich bei einer Familienausgleichskasse oder einer privaten Kasse versichern. Diese Arbeitgeber-Beiträge werden nach der Lohnmasse berechnet (die unterste Grenze liegt mit 1,3% in Zürich, am meisten muss mit 3% im Kanton Jura bezahlt werden).

Grosse Unterschiede

Jeder Kanton legt einen Mindestbetrag fest, den die auf seinem Territorium ansässigen Unternehmen allen Angestellten mit Kindern bezahlen müssen. Dieser Mindestbetrag variiert aber beträchtlich von einem Kanton zum anderen.

Die Kinderzulage (im Allgemeinen für Kinder bis 16 Jahre) liegt zwischen mindestens 160 und höchstens 260 Franken pro Kind und Monat. Im Landesdurchschnitt beträgt die Zulage 186 Franken.

Einige Kantone zahlen ab dem 3. Kind mehr. Die Kantone Waadt und Wallis sind besonders grosszügig, dort können die Zulagen bis 330, respektive 344 Franken steigen.

In allen Kantonen werden auch Zulagen für Kinder und Jugendliche in Ausbildung bezahlt, im Allgemeinen bis zum Alter von 25 Jahren. In der Hälfte der Kantone ist diese höher als die Kinderzulage. Der grosszügigste Kanton ist wiederum das Wallis mit einer Ausbildungszulage von 360 Franken (ab dem 3. Kind sogar 444 Franken).

Die grössten Unterschiede gibt es bei den Zulagen ab dem 3. Kind in Ausbildung. Mit drei Kindern in Ausbildung bekommen Eltern, die im Kanton Glarus oder im Aargau arbeiten, nur 510 (drei Mal 170) Franken, während sie im Wallis 1164 Franken erhalten würden (zwei Mal 360 und ein Mal 444 Franken).

Nicht für alle Familien gleich

Dazu kommt, dass je nach Kanton nicht alle Familien die gleichen Zulagen erhalten. Die gesetzliche Grundlage ist zwar überall gleich: Angestellte haben das Recht auf eine Familienzulage. Das Gesetz wird aber unterschiedlich angewandt.

In einigen Kantonen wird die Zulage aufgrund der Arbeitszeit berechnet. Das heisst, Angestellte, die zu 80% arbeiten, erhalten auch nur 80% der Zulage. In anderen Kantonen bekommen alle Angestellten die gesamte Zulage, ob sie nun Teilzeit oder Vollzeit arbeiten.

Auch die Selbständigerwerbenden werden unterschiedlich behandelt. In zehn Kantonen (neun in der Deutschschweiz sowie Genf) erhalten auch sie eine Familienzulage. In den anderen dagegen nicht.

Und schliesslich zahlen fünf Kantone (Wallis, Freiburg, Genf, Jura und Schaffhausen) in einigen Fällen Familienzulagen auch an nicht Erwerbstätige.

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Föderalismus bezeichnet ein Organisationsprinzip, bei dem die einzelnen Gliedstaaten eines Landes – in der Schweiz die Kantone – über eine gewisse Eigenständigkeit verfügen, aber zu einer übergreifenden Gesamtheit zusammen geschlossen sind. In der Schweiz sind die Kantone beispielsweise autonom in der Finanzpolitik oder der Bildung, die Bundesbehörden behalten jedoch die Zuständigkeit über Aussenpolitik und Verteidigung.…

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Auch über die Steuern

Zu den Zulagen für Kinder und jenen für Jugendliche in Ausbildung kommen noch Geburtszulagen. Diese liegen zwischen 600 und 1500 Franken, es gibt sie aber nur in zehn Kantonen.

Zulagen sind aber nicht das einzige Mittel, um Familien mit Kindern zu helfen. Eine indirekte Unterstützung ist auch über die Steuern möglich. Und da gibt es natürlich wegen des schweizerischen Föderalismus ebenfalls die unterschiedlichsten Möglichkeiten.

So unterscheiden sich die Beträge, die pro Kind vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden können, von einem Kanton zum andern. Und auch der Abzug anderer spezifischer Kosten – zum Beispiel für auswärtige Kinderbetreuung – ist nicht überall gleich geregelt.

Schliesslich sind weitere Unterstützungen wie zum Beispiel Stipendien für ein Studium ebenfalls nicht einheitlich geregelt. Sie unterscheiden sich je nach Kanton – und manchmal sogar von Gemeinde zu Gemeinde.

Kurz, in Bezug auf Familienzulagen besteht in der Schweiz ein veritabler Dschungel. Wer da durchsehen will, braucht viel Geduld. Denn die Regelungen können sowohl vom Wohnort wie von der persönlichen Situation der Bezügerinnen und Bezüger abhängen.

swissinfo, Olivier Pauchard
(Übertragen aus dem Französischen: Charlotte Egger)

In der Schweiz ist Kinder haben teuer. Die genauen Kosten sind aber nur schwer zu errechnen.

Eine Studie der Universität Freiburg aus dem Jahr 1994 schätzt, dass das erste Kind 1450 Franken pro Monat kostet. Für jedes weitere Kind müssen 700 Franken dazu gerechnet werden. Das sind aber nur die direkten Kosten (zum Beispiel für Kleider oder auswärtige Betreuung).

Dazu kommen indirekte Kosten wie Lohnverlust, wenn die Arbeitszeit nach der Geburt reduziert werden muss, oder die Berechnung der theoretischen Entlöhnung der für die Erziehung aufgewendeten Zeit. Und da explodieren die Zahlen.

Wie auch immer; es ist klar, dass 200 Franken pro Monat lange nicht ausreichen, um die wirklichen Kosten für die Erziehung eines Kindes zu decken.

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