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Kann man nach einer Lehre studieren?

Studieren nach einer Lehre ist in der Schweiz möglich.
Auch nach einer Lehre ist der Weg an die Universität noch möglich. © Keystone / Christian Beutler

In der Schweiz machen zwei Drittel der Jugendlichen eine Lehre. Aber was ist, wenn man später an einer Universität studieren möchte? Ist das überhaupt möglich?

In diesem Artikel behandeln wir die Frage, wie man nach der Lehre ein Studium absolvieren kann.

Die Berufslehre ist in der Regel aufgeteilt in Schule und Ausbildung im Lehrbetrieb: Die Lernenden verbringen ein bis zwei Tage in der Berufsschule und arbeiten die restliche Zeit im Betrieb. Wenn Sie die Prüfungen bestehen, erhalten sie nach drei bis vier Jahren ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ).

Im Allgemeinen müssen sich die Schüler:innen im Alter von etwa 14 Jahren entscheiden, ob sie eine Lehre absolvieren oder die Maturität an einem GymnasiumExterner Link machen wollen, das zweite ist der übliche Weg zur Universität.

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Kann man nach einer Lehre an der Universität studieren?

Ja, aber dafür ist die eidgenössische Berufsmaturität erforderlichExterner Link. Mit diesem Abschluss ist der Zugang zu einer der neun Fachhochschulen in der SchweizExterner Link möglich. Diese Hochschulen sind praxisorientiert und betreiben angewandte Forschung.

Die Vorbereitungskurse für die Berufsmatura werden in der Regel an Berufsschulen unterrichtet. Sie können entweder parallel zur Ausbildung absolviert werden (BM 1), was in der Regel eine zusätzliche Unterrichtszeit bedeutet. Oder nach der Lehre (BM 2, Voll- oder Teilzeitstudium).

Um eine der zehn kantonalen Universitäten oder eine der beiden renommierten Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH Zürich und EPFL Lausanne) besuchen zu können, müssen Berufsmaturand:innen auch die «Ergänzungsprüfung zur Berufsmaturität oder Fachmaturität»Externer Link, Passerelle genannt, bestehen. Der Vorbereitungskurs dafür dauert ein Jahr.

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Wie viele Lernenden machen die Berufsmatura?

2023 haben in der Schweiz 13’369 Lernende einen Berufsmaturitätsabschluss erworbenExterner Link, die Quote ist in den letzten Jahrzehnten stetig angestiegen. 2022 haben 42,9% der jungen Erwachsenen die Matur gemacht, 16% davon waren Berufsmaturitäten. Etwa ein Viertel der Lehrabgänger:innen schliesst mit Berufsmatur ab.

Die Übergangsquote zur Hochschulbildung nach der eidgenössischen Berufsmaturität ist jedoch recht tief, heisst es im Bildungsbericht 2018. So haben im Jahr 2014 14’222 Personen die Prüfung abgelegt, aber nur die Hälfte hat anschliessend ein Fachhochschulstudium aufgenommen.

In der Regel studieren mehr Männer als Frauen an einer Fachhochschule. Die insgesamt niedrige Übergangsquote könnte darauf zurückzuführen sein, dass Berufsmaturandinnen und -maturanden nach Abschluss ihrer Ausbildung höhere Löhne erwarten können als Gymnasiast:innen, die noch eine weitere Ausbildung absolvieren müssen, so der Bildungsbericht weiter.

Und: Die Passerelle absolvieren nur wenige Lehrabsolvent:innen. 2016 wurden 959 Prüfungen bestanden. Die meisten studieren anschliessend ein anderes Fach an der Universität als jenes, in dem ihre berufliche Qualifikation liegt.

Wie es ist, nach der Lehre zu studieren

Brahim Aakti
Brahim Aakti zVg

Einer, dem der Wechsel von der Lehre an die Universität gelungen ist, ist Brahim Aakti, ein Gemeinderat in Emmen bei Luzern. Aakti hat zuerst eine Lehre als Konstrukteur beim Liftbauer Schindler absolviert und parallel dazu die Berufsmatura gemacht.

Das bedeutete zwei Tage Schule im Gegensatz zu den 1,5 Tagen, die die anderen Lernenden hatten. Aber er war der Meinung, dass es besser war, es so zu machen, als mit zusätzlichen Jahren nach der Lehre.

«Es war für mich wichtig, etwas in der Hand zu haben“, sagt Aakti gegenüber SWI swissinfo.ch. «Mit der Lehre wusste ich, dass ich arbeiten könnte, wenn ich keine Lust mehr auf Schule hatte, und später noch studieren könnte – oder auch nicht.»

Man sei auch noch sehr jung, wenn man sich für eine Lehre entscheide, sagt er. Das Berufsmaturazeugnis erlaube es, später berufliche eine andere die Richtung einzuschlagen, wenn man das wolle.

Aakti wechselte jedoch nicht die Richtung, sondern studierte Maschinenbau an der Fachhochschule Luzern. Während dieser Zeit arbeitete er von Montag bis Donnerstag bei der Firma Rosen Technology und besuchte am Donnerstagabend, Freitag und Samstagmorgen seine Fachhochschulkurse. Dies führte später zu einem Lehrauftrag an der Hochschule im Bereich der Strömungslehre.

Als er merkte, dass ihm einige theoretische Grundlagen in Mathematik und Physik fehlten, entschied sich Aakti für ein berufsbegleitendes Masterstudium an der ETH Zürich, das er 2012 abschloss.

Um aufgenommen zu werden, musste er keine Prüfung ablegen, aber er musste gute Noten der Fachhochschule vorweisen und sein Englisch auffrischen. Sobald er angenommen war, musste er in bestimmten Bereichen zusätzliche Kurse belegte, um die Theorie nachzuholen.

Um aufgenommen zu werden, musste er keine Prüfung ablegen, aber er musste gute Noten der Fachhochschule vorweisen und sein Englisch auffrischen. Sobald er angenommen war, musste er in bestimmten Bereichen zusätzliche Kurse belegte, um die Theorie nachzuholen.

Einfach machen!

Aakti bestätigt, dass dieser Weg nicht von vielen begangen wird. Er schätzt, dass etwa 2% der Teilnehmenden seines Kurses an der ETH Zürich von einer Fachhochschule kamen.

Der Wechsel von der Fachhochschule an die Universität sei zwar mit viel Arbeit verbunden, vor allem, weil man von einem eher praxisorientierten Umfeld in ein eher theoretisches wechselt, aber es lohne sich sehr. «Mit dieser Kombination ist man wirklich für jeden Job in der Praxis gerüstet», sagte er.

Die Berufsmatur wurde in ihrer jetzigen Form 1994 auf nationaler Ebene eingeführt, um die Berufsausbildung zu öffnen. Davor führte die Entscheidung für eine Lehre oft in eine Art «Sackgasse»Externer Link, wenn man später studieren wollte, was einen langen Umweg (und Entschlossenheit) erforderte. Die Idee der neuen Qualifikation war es, genügend hochqualifiziertes Personal hervorzubringen und starken Schüler:innen eine echte Alternative zur regulären Matur zu bieten.

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