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Hans-Rudolf Merz wirbt in München

München: Bundesrat Merz im Gespräch mit Botschafter Werner Baumann. swissinfo.ch

Zum ersten Mal in der Geschichte der Schweiz reiste ein Regierungs-Mitglied ins Ausland und warb bei den dort lebenden Landsleuten für eine Abstimmung.

Finanzminister Hans-Rudolf Merz hat in München die Position des Bundesrates zur Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU Länder erläutert.

«Griechische Spezialitäten im Biergarten» steht auf dem Schild am Schweizer Haus in München. Im Saal erläutert der Schweizer Finanzminister die Position des Bundesrates zur Volksabstimmung vom 25. September. «Sie wissen aus eigener Erfahrung, wie sehr die Personenfreizügigkeit als die Freiheit der Arbeitnehmenden schlechthin gilt.»

Hans Rudolf Merz selbst hatte vor seiner politischen Karriere jahrelang im Ausland gearbeitet. Damals pflegte er intensive Kontakte zu Auslandschweizer-Kolonien in Afrika und Südamerika, wie er im Gespräch mit swissinfo erklärt: «Ich wollte immer genau wissen, was zu Hause läuft. Wir haben Informationen ausgetauscht, den 1. August gefeiert und gemeinsam das ‹Obligatorische› geschossen.»

EU hat Schranken abgebaut

Ins Schweizer Haus sind so viele Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer gekommen, dass die bundesrätlichen Worte mit Lautsprechern in den Biergarten übertragen werden. «In manch einer Schweizer Stadt halte ich Referate vor weniger vollen Reihen», freut sich Merz. «Ich will, dass unsere Jungen freier sind als es ihre Eltern waren. Mit der Freizügigkeit erhöhen sich ihre Jobchancen. Der Zugang zu Bildungsinstitutionen ist erleichtert.»

Die Wirtschaft solle sich auf das konzentrieren, was sie am besten könne, nämlich «wirtschaften und nicht einen Papierkrieg mit der Bürokatie führen», so der Bundesrat.

Die Personenfreizügigkeit erlaube es Unternehmen, «jederzeit Spezialisten in die verschiedenen Standorte einer Firma zu entsenden, aber auch ausländische Kräfte in die Schweiz zu holen.» Die 25 EU-Staaten hätten nun die Personenfreizügigeit eingeführt und damit den Papierkrieg abgeschafft.

Der Osten: Ein Markt

Merz erinnerte daran, dass die Erweiterung der Freizügigkeit auf die neuen EU-Länder eine Folge der Bilateralen Abkommen I ist, welche das Schweizer Stimmvolk im Mai 2000 mit 67% Ja-Stimmen gutgeheissen hatte. Am 25. September gehe es darum, zu entscheiden, «ob wir Estland gleich behandeln wollen wie Luxemburg, oder Ungarn gleich wie Spanien.»

Der jüngste Schweizer Kanton, der Jura, habe nach seiner Gründung auch die gleichen Rechte und Pflichten erhalten. Alles andere wäre ein Affront gewesen. «So verhält es sich auch mit den zehn neuen EU-Staaten.»

Dort lebten 75 Millionen potentielle Kunden, führte der Bundesrat aus. «Die Märkte im Osten sind vor allem für Schweizer Unternehmen im Rahmen von Direktinvestitionen von Interesse. Im Ausland eine Tochter aufzubauen und die Produktion zu verlagern, führt nun jedoch nicht zwingend zu einem Arbeitsplatzabbau zu Hause.» Nicht mit, sondern ohne Personenfreizügigkeit drohe der exportorientierten Schweiz Arbeitslosigkeit, folgerte der Finanzminister.

Selber die Initiative ergriffen

In München traf Merz auch Landsleute, welche als Unternehmer oder Geschäftsleute in Bayern tätig sind. Bei den Gesprächen legten diese dar, wie die 2002 eingeführte Personenfreizügigkeit mit der «alten» EU die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen positiv verändert hat.

«Ich habe selber die Initiative ergriffen und habe mich entschieden, nach München zu gehen, denn ich kenne die Befindlichkeiten der Schweizer im Ausland», sagte Merz gegenüber swissinfo. «lch wäre aber auch gern nach Lyon oder Mailand gegangen, aber es war ein pragmatischer, weil zeitsparender Entscheid, denn München liegt näher bei meinem Wohnort.»

swissinfo, Andreas Keiser in München

Am 25. September stimmen Schweizerinnen und Schweizer im In- und Ausland darüber ab, ob die Personenfreizügigkeit, wie sie mit den alten EU-Ländern bereits besteht, auch auf die neuen EU-Länder im Osten erweitert werden soll.

Bundesrat Hans-Rudolf Merz setzt sich erstmals auch vor den Auslandschweizern für diese Erweiterung ein, und reiste nach München.

Es ist unüblich, dass Mitglieder der Schweizer Regierung ins Ausland reisen, um sich für Abstimmungen einzusetzen.

In Deutschland leben rund 70’000 Schweizerinnen und Schweizer.

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