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Micheline Calmy-Rey, Genfer “Dame de fer”

Eine lachende Micheline Calmy-Rey. Keystone

Die Regierungspräsidentin des Kantons Genf hat ihre Fähigkeiten als Vorsteherin des dortigen Finanzdepartements bewiesen.

Sie gilt als Städterin, sieht sich selber als Vertreterin der “multikulturellen Schweiz”.

“Ich bin sehr glücklich, dass mir das Parlament als Vertreterin einer Randregion und als Vertreterin der Romandie das Vertrauen ausgesprochen hat. Ich bin sehr glücklich, dass diese multikulturelle Schweiz im Bundesrat vertreten ist”, sagte Calmy-Rey nach ihrer Wahl vor den Medien im Bundeshaus.

Sie bringe ihre Persönlichkeit, ihre politische Überzeugung und ihre Regierungserfahrung in den Bundesrat ein. “Mein Engagement gilt vor allem den sozial Benachteiligten”, sagte die neue Bundesrätin.

Zupackende Finanzdirektorin

Die 57-jährige Micheline Calmy-Rey hat sich als zupackende Finanzdirektorin über die Kantonsgrenzen hinweg einen Namen gemacht. Die charismatische “Dame de fer” vereinigt calvinistische Strenge mit dem Eigensinn ihrer Walliser Herkunft.

Der Ruf, eine eiserne Lady zu sein, schadete ihrer Popularität nicht. Mit einem Spitzenresultat wurde Micheline Calmy-Rey im Herbst 2001 für eine zweite Legislatur in den Genfer Staatsrat gewählt. 1997 hatte sie freiwillig das Finanzdepartement übernommen – samt einem Defizit von 580 Mio. Franken.

Ihre Beliebtheit verdankt sie einer Sanierungspolitik, die weder Steuern erhöhte noch Leistungen abbaute. Weniger Freude hatten die Waadtländer Pendler, als die Genfer Finanzministerin ihnen Steuerformulare ins Haus schickte. Juristisch verlor sie den Kampf um die Pendlersteuern, sie gewann aber weiter an Glaubwürdigekit.

“Cruella”

Als Finanz- und Wirtschaftsexpertin profilierte sich Calmy-Rey bereits im Genfer Grossen Rat, dem sie von 1981 bis 1997 angehörte. Von 1986 bis 1990 präsidierte sie zudem die Genfer SP. Ihr Übername “Cruella” geht auf die Zeit zurück, als Calmy-Rey die Opposition im Parlament gegen eine rein bürgerliche Regierung anführte.

Das Etikett der “Grausamen” – im Vorfeld der Wahl mehrfach kolportiert – stört sie, weil es sie auf ihre Hartnäckigkeit reduziert und ihr Charisma ausblendet. Calmy-Rey ist als Sozialistin in die Politik eingestiegen, “um sich an die Seite der Schwachen zu stellen”. Ein starker Service public ist ihr wichtig.

Walliser Wurzeln

Micheline Calmy-Rey wuchs in Chermignon VS als Tochter eines Gewerkschafters auf. Nach dem Handeldiplom kam sie nach Genf, um Politikwissenschaften zu studieren. Zusammen mit ihrem Mann führte sie während 20 Jahren einen kleinen Buchvertrieb. Calmy-Rey ist Mutter zweier erwachsener Kinder sowie dreifache Grossmutter.

Die mangelnde Erfahrung auf nationalem Parkett sieht sie nicht als Handicap. Der Blick von aussen könne auch ein Vorteil sein, meinte sie in Zeitungsinterviews. Sie bedauert aber, “nur” Hochdeutsch und kein Schweizerdeutsch gelernt zu haben. “Ich spreche den Couchepin-Dialekt”, räumte sie ironisch ein.

swissinfo und Agenturen

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