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Conergy feiert Befreiungsschlag – MEMC-Streit gelöst – Börse jubelt (AF)

HAMBURG (awp international) – Das Solarunternehmen Conergy feiert einen wichtigen Befreiungsschlag: Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die Hamburger im Streit mit ihrem Zulieferer MEMC aus den USA geeinigt. Der ursprünglich acht Milliarden US-Dollar schwere Liefervertrag für Siliziumwafer sei nun viel flexibler und an den tatsächlichen Bedarf der Conergy-Fabrik in Frankfurt (Oder) angepasst worden, teilte die im TecDax notierte Gesellschaft am Sonntagabend in Hamburg mit. Die Preise orientierten sich nun am Marktniveau. Die Börse reagierte begeistert. Zum Handelsauftakt am Montag sprang die Aktie um rund 25 Prozent nach oben.
«Mit der jetzt ausgehandelten Einigung haben wir es geschafft, unser Unternehmen von einer wesentlichen Bürde zu befreien», erklärte Conergy-Chef Dieter Ammer. Wie ein Damoklesschwert habe der Streit über dem mit Verlusten kämpfenden Unternehmen geschwebt. Die Conergy-Zukunft hing massgeblich vom Ausgang der Verhandlungen ab.
MEMC AKZEPTIERT BITTERE PILLEN
Der 2007 noch von Ammers Vorgänger Hans-Martin Rüter geschlossene Liefervertrag galt als zu gross, zu teuer und zu unflexibel. Ursprünglich hatte der Kontrakt ein Volumen von bis acht Milliarden Dollar für zehn Jahre. Seitdem änderte sich die Marktlage aber dramatisch. Die Marktpreis für die einstige Mangelware Silizium ist eingebrochen. Bereits 2008 gelang Ammer ein Abbau des Volumen auf vier Milliarden Dollar. Das reichte aber nicht. Zu den alten Bedingungen wäre für Conergy ein rentabler Betrieb der Fabrik in Frankfurt nicht möglich gewesen. MEMC sperrte sich jedoch lange gegen einen neuen Kontrakt, so dass Conergy im April 2009 Klage auf Vertragsauflösung bei einem New Yorker Gericht einreichte und sämtliche Zahlungen einstellte.
MEMC erklärte sich nun bereit, einige bittere Pillen zu schlucken. So akzeptierten die Amerikaner, dass künftig ein Mindestbetrag von nicht einmal mehr eine Milliarde Dollar für die verbliebene Vertragslaufzeit von rund neun Jahren übrig blieb. Der variable Vertrag sieht zudem vor, dass sich die Laufzeit verlängert, wenn Conergy die vereinbarten jährlichen Mengen nicht wie vorgesehen abnimmt.
AUFWERTUNGEN IM JAHRESABSCHLUSS
Zudem wurden nach Conergy-Einschätzung wettbewerbswidrige Klauseln aufgehoben. Das Unternehmen muss nur noch rund die Hälfte seines Siliziums bei MEMC kaufen und kann den Rest auf dem freien Markt erwerben. Zudem kann die Solarfirma nun auch direkt Siliziumblöcke einsetzen. Das war im ursprünglichen Vertrag verboten. Conergy kann dadurch seine Wafer-Sägerei besser auslasten. Zugleich vereinbarten beide Gesellschaften eine weitergehende Partnerschaft und wollen etwa bei Grossprojekten zusammenarbeiten. MEMC habe sich als kundenorientiertes Unternehmen gezeigt, lobte Conergy-Chef Ammer.
Die Einigung wirkt sich für Conergy bereits im Ergebnis für das vergangene Jahr positiv aus. Das Unternehmen hatte eine an MEMC geleistete Anzahlung im Zuge der Klageerhebung vorsorglich abgeschrieben. Teilweise können die Solarexperten nun diese Forderungen wieder aufwerten. Das werde den Jahresabschluss 2009 um 34 Millionen Euro verbessern.
WEITERER MEILENSTEIN
Mit der Einigung sei ein weiterer Meilenstein in der Reorganisation erreicht, erklärte Ammer. Ende 2007 war Conergy fast pleite gegangen. Der frühere Tchibo-Chef und Conergy-Mitbegründer Ammer übernahm damals die Geschäftsführung und versuchte, das Ruder herumzureissen. Er trennte sich von zahlreichen Geschäftsfeldern und konzentrierte Conergy auf das Solargeschäft. Zudem verschaffte zunächst eine Brückenfinanzierung und später eine Kapitalerhöhung dem Unternehmen Luft. «Wir stehen nun effizienter, schlanker und wettbewerbsfähiger da», sagte Ammer. Trotzdem hat Conergy seitdem weiter in jedem Quartal rote Zahlen geschrieben. In diesem Jahr soll nun aber endlich ein Gewinn erwirtschaftet werden./nl/ne/tw

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