The Swiss voice in the world since 1935
Top Stories
Schweizer Demokratie
Newsletter
Top Stories
Debatten
Newsletter

Osteuropakonferenz 1999 in Bern: Schweiz will Russlandhilfe überprüfen

Die Schweiz überprüft laut Bundesrat Joseph Deiss (l.) wegen des Krieges in Tschetschenien die Osteuropahilfe an Russland. Der Schweizer Aussenminister rief die russische Regierung auf, bei der Bekämpfung von Terroristen Zivilisten zu schonen.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) überprüft laut Bundesrat Joseph Deiss (l.) wegen des Krieges in Tschetschenien die Osteuropahilfe an Russland. Der Schweizer Aussenminister rief an der Osteuropakonferenz in Bern (02.11.) die russische Regierung auf, bei der Bekämpfung von Terroristen unbeteiligte Zivilisten zu schonen.

Mit Blick auf den zehnten Jahrestag des Falls der Mauer stellten die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) an einer Tagung die Zusammenarbeit der Schweiz mit Osteuropa und der Gemeinschaft der unabhängigen Staaten (GUS) zur Diskussion.

‚Schon vor Jahren befasste sich das Parlament und der Bundesrat mit Ereignissen in Tschetschenien‘, sagte Deiss, der seine Eröffnungsansprache wegen eines Schwächeanfalls unterbrechen musste. Er erinnerte daran, dass das Parlament bei der Behandlung des Bundesbeschlusses über die Ostzusammenarbeit des Bundes wegen der russischen Intervention in Tschetschenien den Bundesrat ermächtigte, im Falle von gravierenden Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen von Minderheiten die Zusammenarbeit teilweise oder ganz zu unterbrechen oder gar abzubrechen.

Auch heute verfolge die Schweizer Regierung die Ereignisse im Nordkaukasus mit grosser Besorgnis, erklärte Deiss. Er verurteile die kriegerischen Ereignisse, die die Zivilbevölkerung hart träfen, und er rufe die russische Regierung auf, bei der Bekämpfung von Terroristen so vorzugehen, dass nicht unschuldige und unbeteiligte Menschen zu Schaden kämen.

‚Die Frage muss gestellt werden‘, antwortete Deiss auf die Frage eines Journalisten, was es brauche, damit die Klausel angewendet werde. Und er sicherte zu, dass dies in den nächsten Tagen überprüft werde. Die Schweiz habe aber schon gehandelt, sagte Deiss. Der Botschafter der russischen Föderation sei ins EDA zitiert worden. Die Schweiz habe auch bei der OSZE interveniert. Und: für die humanitäre Hilfe in Tschetschenien sei eine Million Franken zur Verfügung gestellt worden.

Die Annäherung zwischen West- und Osteuropa habe ansehnliche Fortschritte gemacht, sagte Aussenminister Deiss an der Osteuropakonferenz weiter. Die Einführung moderner demokratischer und marktwirtschaftlicher Strukturen gehe aber in manchen Staaten Osteuropas und der GUS nur mühsam voran. Erschwerend wirkt laut Deiss, dass viele den freien Markt mit ungeregeltem Handeln gleichsetzten. Aber erst die effektive Durchsetzung des Rechtsstaates lege die Grundlage für die soziale Marktwirtschaft. Die Schweizer Regierung sei in diesem Zusammenhang besonders besorgt über die grassierende Korruption, welche echte Fortschritte verzögert und Investoren abschreckt, sagte Deiss.

Michail Gorbatschow (r.), der ehemalige Präsident der Sowjetunion, erinnerte an den Ablauf der politischen Umwälzungen vor zehn Jahren, bei denen er eine führende Rolle gespielt hatte. Gemäss seiner Sicht haben sich gerade für Osteuropa viele Hoffnungen nicht erfüllt, und die Euphorie für den Westen ist inzwischen abgeflaut. Die Staaten hätten die Abhängigkeit von der ehemaligen Sowjetunion eingetauscht gegen eine Abhängigkeit von der EU und der Nato. Es sei heute vorbei mit der Demokratisierung; die USA seien federführend und mischten sich uneingeschränkt ein in die Angelegenheiten anderer Staaten. Gorbatschow rief dazu auf, eine Weltordnung zu schaffen, die auf Recht und nicht auf Macht beruhe.

Nach den Eröffnungsreden von Deiss und Gorbatschow behandelten die Teilnehmer der vierten Osteuropakonferenz des Bundes, unter ihnen der slowakische Aussenminister Eduard Kukan, Probleme und Aussichten von osteuropäischen Ländern sowie die Rolle der Schweiz bei der Stabilisierung des Balkans in Workshops.

SRI und Agenturen

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft