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Der Kommunikationsberater von EZB-Präsidentin Lagarde im Geldcast

Gabriel Glöckler und Fabio Canetg
Live Fabrik

Die Kommunikation der Zentralbanken wird immer wichtiger. Dabei soll sie gleichzeitig präzise und verständlich sein. Genau darum kümmert sich Gabriel Glöckler, Kommunikationsberater bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Er war zu Gast im Geldcast von swissinfo.ch.

Manchmal verändern nur wenige Worte den Lauf der Geschichte. Das beste Beispiel dafür ist womöglich eine Rede des ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi von 2012: Nach einer umständlichen Einleitung holt Draghi tief Luft, macht eine Pause, und sagt:

“Within our mandate, the ECB will do whatever it takes to preserve the Euro. And believe me, it will be enough.”

Die EZB werde tun, was immer nötig sei, um den Euro zu erhalten. Und man solle ihm glauben: Es werde genug sein. Damit beendete Draghi 2012 die Spekulationen über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone.

Gänzlich ausgestanden war die Eurokrise damit zwar noch nicht – doch über ein baldiges Auseinanderbrechen der Eurozone sprach danach kaum mehr jemand.

“… dann haben wir ein Problem!”

Um die Macht der Zentralbank-Kommunikation weiss auch Gabriel Glöckler. Er ist Principal Advisor in der Kommunikationsabteilung der EZB. In dieser Funktion arbeitet er regelmässig mit der EZB-Spitze rund um Präsidentin Christine Lagarde zusammen.

Zu den Worten von Draghi sagt er im Rückblick: “Eine Währung, deren zukünftige Existenz in Frage steht, ist keine stabile Währung. Und es ist das Mandat der EZB, für eine stabile Währung zu sorgen.” Für ihn haben die Worte seines ehemaligen Chefs gezeigt, wie gross das Bekenntnis der EZB zur Integrität der Eurozone sei.

Heute ist Glöckler verantwortlich für die geldpolitischen Erklärungen, die Lagarde jeweils an den EZB-Medienkonferenzen vorliest, bevor sie die Fragen der Journalist:innen beantwortet.

Mit dem sogenannten Monetary Policy Statement kommuniziert die EZB ihre Zinsentscheide. Und manchmal verstecken sich darin schon Hinweise, wie es mit der Geldpolitik weitergehen wird.

Einzelne Worte haben ein hohes Gewicht

In letzter Instanz abgesegnet werden die Worte im Monetary Policy Statement vom EZB-Rat, dem höchsten Entscheidungsgremium der EZB. “Mit am schwierigsten ist die Kommunikation eines geldpolitischen Entscheids, wenn mehrere Massnahmen gleichzeitig beschlossen werden”, sagt Glöckler.

Dann müssen manchmal sehr unterschiedliche Sichtweisen zusammengeführt werden. “Man versucht generell innerhalb des EZB-Rats aufeinander zuzugehen, um eine Einigung zu finden.” Vieles sei aber unbestritten: “Die Diskussion fokussiert sich meist nur auf wenige Worte.”

Veröffentlicht werden die Zinsentscheide achtmal pro Jahr, jeweils an einem Donnerstagnachmittag um 14:15 Uhr. In den 23 Jahren ihres Bestehens sei noch nie ein Zinsentscheid der EZB vorzeitig publik geworden. “Bei so wichtigen Sachen gibt es bei uns keine Indiskretionen”, sagt Glöckler.

Zu spät dürfen die Zinsentscheide aber auch nicht publiziert werden; zeitlich müsse sehr präzise gearbeitet werden: “Wenn wir die geldpolitische Entscheidung nur wenige Sekunden zu spät publizieren, dann haben wir bereits ein Problem.” Damit nichts schiefgehe, werde bei der EZB viel Wert gelegt auf eine gute Vorbereitung.

“Eine gute Vorbereitung ist essenziell”

Das gilt auch für die Fragerunde der Journalist:innen an den Medienkonferenzen. Glöckler und sein Team bereiten Lagarde auf mögliche Fragen vor: Die kämen aus allen möglichen Richtungen, so Glöckler.

Neben der Geldpolitik würde Lagarde auch häufig zu anderen Themen befragt, etwa zum Klimawandel, zu den Banken oder zu Kryptowährungen. “Bei den Medienkonferenzen ist eine gründliche Vorbereitung der Präsidentin daher essenziell.”

Zentralbank-Kommunikation finde in einem komplizierten Spannungsfeld statt, sagt Glöckler: “Einerseits möchten wir präzise sein, andererseits aber auch verständlich.” Mit einem klaren Fokus auf meistens drei Kernbotschaften mache Lagarde ihre Kommunikation einprägsam und begreiflich.

Wie wird die Zentralbank-Kommunikation der Zukunft aussehen? Glöckler glaubt, dass die Zentralbanken auch künftig transparent kommunizieren müssten. Dabei wolle die EZB weiterhin direkt in den Kontakt treten mit den Bürger:innen. Rhetorische Feuerwerke werde es aber keine geben. “Vorsicht ist Teil der DNA der Zentralbanken. Das gilt auch für unsere Kommunikation.”

Hier geht es zum Geldcast mit Gabriel Glöckler in voller Länge:

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