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Fertig Pommes: Darum färben Bauern Kartoffeln als Viehfutter

Damit die Kartoffeln nicht weiterverkauft werden können, muss sie der Bauer mit
Damit die Kartoffeln nicht weiterverkauft werden können, muss sie der Bauer mit Farbe markieren. SRF

Die Kartoffelernte war zu gut: Statt auf dem Teller landen viele Knollen bei den Kühen – mit Farbe und Entschädigung.

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In der Scheune von Bauer Andreas Schwab im bernischen Walperswil stehen drei grosse Wagenanhänger. Sie sind bis auf den Rand gefüllt mit Kartoffeln.

Es war ein gutes Kartoffeljahr: Milde Temperaturen und Regen zur richtigen Zeit boten den Knollen ideale Bedingungen. «Als Bauer freut man sich zuerst einmal, wenn etwas gelingt», sagt Andreas Schwab.

Die Anhänger von Bauer Andreas Schwab sind randvoll: 2025 war schweizweit ein gutes Kartoffeljahr.
Die Anhänger von Bauer Andreas Schwab sind randvoll: 2025 war schweizweit ein gutes Kartoffeljahr. SRF

Die gute Ernte hat aber eine Kehrseite: Bauer Schwab bleibt auf Tonnen von Kartoffeln sitzen. Denn: Mit der Genossenschaft Inoverde besitzt er einen Abnahmevertrag für 200 Tonnen Kartoffeln.

40 Tonnen überschüssige Kartoffeln – das hat Folgen

Aus dem Boden geholt hat er aber rund 240 Tonnen. Die überschüssigen Kartoffeln landen hauptsächlich im Futtertrog der eigenen Kühe und der Kühe eines Berufskollegen im Jura.

Das tue ihm schon weh. Aber: «Es ist die zweitbeste Lösung.» Die beste wäre es, wenn Menschen die Kartoffeln essen würden. Aber auch in einem guten Kartoffeljahr: In der Schweiz landen nicht plötzlich mehr Rösti, Pommes Frites oder Gschwellti auf dem Teller.

Kartoffelernte in der Schweiz, in Tonnen. 2025 ist eine Schätzung.
Kartoffelernte in der Schweiz, in Tonnen. 2025 ist eine Schätzung. Quelle: kartoffel.ch

Auch wenn die Kartoffeln den Kühen verfüttert werden: Bauer Schwab kriegt dafür etwas Geld. Rund 20 Franken pro 100 Kilogramm Kartoffeln. Das ist weniger als halb so viel, als er im Handel erhalten würde.

Kartoffelkontrolleur checkt künftiges Viehfutter

Doch zuerst müssen die Kartoffeln noch kontrolliert werden – genauso, wie wenn er die Kartoffeln in den Handel geben würde. Für die Kontrolle ist Hans Aeschbacher verantwortlich. Im Auftrag der Firma Qualiservice ist er als neutraler Kartoffelkontrolleur unterwegs. Seine Aufgabe ist es, den Speiseanteil der Kartoffeln festzustellen.

Dafür steigt er auf einen der drei Wagenanhänger, füllt einen Plastikkorb mit 10 Kilogramm Kartoffeln und rüstet diese auf einem Tisch. Die Kartoffeln von Bauer Andreas Schwab haben einen Speiseanteil von 99 Prozent. Das heisst, es gibt fast die volle Entschädigung von 20 Franken pro 100 Kilogramm.

Solidaritätsfonds für Kartoffeln als Rettungsanker

Das Geld stammt aus einem Solidaritätsfonds. «Das ist eine einzigartige Lösung in der Schweiz, wenn nicht sogar in Europa oder weltweit», sagt Niklaus Ramseyer, Präsident der Schweizerischen Vereinigung der Kartoffelproduzenten. Wer Kartoffeln produziert, verarbeitet oder handelt, bezahlt einen Betrag in den Fonds ein.

Auch wenn die Kartoffeln im Futtertrog landen, werden sie von Hans Aeschbacher kontrolliert. Die Qualität bestimmt, wie viel Entschädigung der Bauer erhält.
Auch wenn die Kartoffeln im Futtertrog landen, werden sie von Hans Aeschbacher kontrolliert. Die Qualität bestimmt, wie viel Entschädigung der Bauer erhält. SRF

Die Beiträge werden jährlich neu festgelegt. In diesem Jahr bezahlen Produzentinnen und Produzenten 25 Rappen pro 100 Kilogramm Kartoffeln, Handels- und Industriebetriebe bezahlen 5 Rappen. Verwaltet wird der Fonds von der Vereinigung der Schweizer Kartoffelproduzenten gemeinsam mit der Branchenorganisation Swisspatat. Die Einzahlung ist freiwillig, aber fast alle würden mitmachen, so Ramseyer.

Mit Farbe gegen Kartoffeltrickserei

Bevor Andreas Schwab das Geld aus dem Entschädigungsfonds erhält, muss er die Kartoffeln färben. «Wir verlangen das, weil sonst getrickst wird», sagt Kontrolleur Hans Aeschbacher. Das sei in der Vergangenheit schon passiert: Dass Betriebe ihre entschädigten Kartoffeln trotzdem noch verkauft haben.

: Deshalb muss Bauer Andreas Schwab seine Kartoffeln orange einfärben
: Deshalb muss Bauer Andreas Schwab seine Kartoffeln orange einfärben SRF/Leonie Marti

Bauer Schwab steigt deshalb mit einer Leiter auf einen der drei Wagenanhänger. Mit einer Spritzkanne schüttet er orange Lebensmittelfarbe auf die Kartoffeln. Es sei schon schade, die qualitativ guten Kartoffeln mit Farbe zu überschütten und den Tieren zu verfuttern, so Schwab. Aber: «Die gute Ernte haben wir ja verkauft. In diesem Sinn ist es immer noch ein gutes Kartoffeljahr.»

Geld aus dem Fonds gibt es in zwei Fällen: Wenn die Ernte schlecht ist oder wenn es, eben wie in diesem Jahr, zu viele Kartoffeln hat. «Es geht darum, dass Produzentinnen und Produzenten in solchen Fällen nicht gleich den Kartoffelanbau aufgeben», so Niklaus Ramseyer.

Reich werden solle man mit dieser Entschädigung aber nicht, der Handel soll immer noch attraktiver sein.

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