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Kaum mehr freie Wohnungen in der Schweiz: Was uns die Geschichte lehrt

Fast 40 Prozent weniger freie Wohnungen innerhalb von fünf Jahren
Fast 40 Prozent weniger freie Wohnungen innerhalb von fünf Jahren. Screenshot SRF

Es gibt so wenige leere Wohnungen wie seit 12 Jahren nicht mehr. Nach der Flucht aus den Städten füllen sich die Täler.

Neue Zahlen: «Gemäss Definition haben wir in der Schweiz nun eine Wohnungsnot», sagt Donato Scognamiglio, Immobilienexperte bei der Beratungsfirma IAZI und reagiert damit auf die neuesten Zahlen zum Schweizer Wohnungsmarkt. Wenn die Leerwohnungsziffer so tief sei, dann sei dies eine Notsituation. Je nach Region sei es schwierig, eine Wohnung zu finden. Tatsächlich sinkt die Leerwohnungsziffer schon seit fünf Jahren und ist im gesamtschweizerischen Durchschnitt auf 1 Prozent gefallen, dem tiefsten Stand seit 2013. In der Schweiz sind nur noch 48’455 Wohnungen leer.

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Besonders betroffene Kantone: In vielen Kantonen ist die Quote deutlich unter 1 Prozent. Zum Beispiel in den Kantonen Zug, Zürich, Graubünden und den Innerschweizer Kantonen. «Ich sehe derzeit keine Trendwende in den nächsten zwei Jahren», sagt Fredy Hasenmaile, Chefökonom bei der Raiffeisenbank gegenüber SRF. Es gebe keine einfache Lösung, um die Engpässe zu beseitigen.

Entwicklung der Leerwohnungsziffer seit 1987

Seit 2020 ist der Anteil leerstehender Wohnungen wieder gesunken, liegt aber noch höher als etwa Anfang der 2010er-Jahre.

Leerwohnungsziffer 1 bedeutet: Pro 100 Miet- oder Eigentumswohnungen ist eine zur Vermietung oder zum Verkauf ausgeschrieben. Beträgt die Leerwohnungsziffer 0.5, dann ist nur eine von 200 Wohnungen ausgeschrieben.
Leerwohnungsziffer 1 bedeutet: Pro 100 Miet- oder Eigentumswohnungen ist eine zur Vermietung oder zum Verkauf ausgeschrieben. Beträgt die Leerwohnungsziffer 0.5, dann ist nur eine von 200 Wohnungen ausgeschrieben. Grafik: srf/sche, BFS

Auf und ab: Mit Blick auf die letzten 40 Jahre zeigt sich, dass es im Wohnungsmarkt wellenmässige Bewegungen gibt. 1989 war jenes Jahr mit der absolut tiefsten Leerwohnungsquote von nur gerade 0.49 Prozent. Nur wenige Jahre später folgte die höchste Leerwohnungsziffer, 1998 , mit 1.85 Prozent. Das heisst: Von 100 Wohnungen standen damals fast 2 über längere Zeit leer. Es war ein Jahrzehnt der Extreme. In den 80er-Jahren wurde viel gebaut, danach folgte eine unerwartet starke Abkühlung der Konjunktur, die Nachfrage nach Wohnungen ging stark zurück und deshalb blieben viele Wohnungen leer.

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Die jüngere Vergangenheit: Die vergangenen zehn Jahre waren ebenfalls von starken Schwankungen geprägt. Zwischen 2015 und 2022 wurde viel gebaut, weil die Zinsen tief waren und die Kredite günstig. Der Wind drehte mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine. Die Zinsen stiegen wieder an, Investitionen in den Bau waren weniger attraktiv, gleichzeitig kamen mehr Leute aus dem Ausland in die Schweiz. Mit anderen Worten: Die Nachfrage ist viel grösser als das Angebot und deshalb gibt es kaum mehr freie Wohnungen. So schnell wird sich das nicht ändern, denn es gibt kaum mehr freies Bauland und strenge Bauvorschriften verzögern etliche Projekte.

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Vergleich der letzten fünf Jahre: Die Lage auf dem Wohnungsmarkt hat sich jüngst rasch verschlechtert. Es gibt derzeit gesamtschweizerisch fast 40 Prozent weniger freie Wohnungen als noch vor fünf Jahren. Die Unterschiede zwischen den Regionen sind bemerkenswert. In der Innerschweiz, Graubünden, Schaffhausen und im Aargau ist die Zahl der freien Wohnungen in den letzten fünf Jahren um mehr als 50 Prozent geschrumpft. Völlig entgegen dem Trend sind im Jura als einzigem Kanton deutlich mehr Wohnungen frei als noch vor fünf Jahren und in Basel-Stadt ist die Wohnungslage in Bezug auf die freien Objekte recht stabil.

Flucht aus den Städten: «Die Täler füllen sich langsam», sagt Donato Scognamiglio gegenüber SRF. In den Städten gebe es kaum mehr freie Wohnungen, deshalb habe es in den vergangenen Jahren eine Verlagerung in die Regionen gegeben. Dies erkläre, weshalb zum Beispiel im Aargau, Schaffhausen und auch in den Innerschweizer Kantonen das Angebot an freien Wohnungen so stark zurückgegangen sei. Der Jura wiederum kämpfe mit strukturellen Problemen. Es gebe dort zwar schöne Landschaften, aber die Wohnungen seien doch etwas zu weit weg von den Zentren und den Arbeitsplätzen.

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