Kontakte im Alltag helfen minderjährigen Asylsuchenden beim Ankommen in der Schweiz
Im Kanton Tessin zeigt sich, wie wichtig soziale Unterstützung und der Austausch mit der lokalen Gemeinschaft für unbegleitete minderjährige Asylsuchende sind.
Sayed ist Afghane, 22 Jahre alt, und kam als unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender mit zwölf Jahren in die Schweiz. Heute arbeitet er als Maler und ist wirtschaftlich unabhängig. Seine Geschichte zeigt die Herausforderungen und Chancen der Integration junger Migrant:innen in unserem Land.
Die ganze Sendung Il Quotidiano, RSI (auf Italienisch):
«Es ist ein bisschen wie eine Wiedergeburt», sagt Sayed in der Sendung «Il Quotidiano» von RSI. «Du musst alles lernen: die Sprache, wie man sich verhält, wie man sich in die Gesellschaft integriert.»
Sein Weg, der in Chiasso begann und ihn durch verschiedene Aufnahmezentren führte, unterstreicht die Bedeutung eines Beziehungsnetzes vor Ort – auch ausserhalb der offiziellen Strukturen.
Die Vereinigung Mendrisiotto Regione Aperta arbeitet genau an diesem Punkt. Sie entstand vor zwei Jahren und kooperiert mit dem Bundesasylzentrum in Pasture, um die Bedingungen der Asylsuchenden zu verbessern.
«Menschen zu betreuen, die zur Untätigkeit gezwungen sind, ist unmöglich», sagt Willy Lubrini von der Vereinigung. «Soziale Isolation macht krank.» Es werden Freizeitaktivitäten, Spaziergänge und Initiativen organisiert, um das Gebiet kennenzulernen.
Unter den Projekten: eine wöchentliche Radiosendung und die Möglichkeit für die Kinder des Zentrums, die lokalen Schulen zu besuchen. Ziel ist es, diese Strukturen menschlicher zu machen.
Das Problem der geografischen Randlage
Die periphere Lage des Zentrums ist für minderjährige Asylsuchende ein Problem, die von der Rotkreuz-Sektion in Cadro und Bombinasco betreut werden. Sayed kritisiert die Verlegung des Zentrums von Paradiso nach Cadro: «So wird Integration viel schwieriger. Wir können uns nicht nur innerhalb des Roten Kreuzes integrieren, das Wichtigste und das wahre Leben sind draussen.»
«In Paradiso kam man beim Verlassen des Zentrums sofort mit der Gesellschaft in Kontakt, man begegnete den Menschen draussen, und so wurde es viel einfacher, sich zu integrieren und den Ort zu verstehen.»
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Der junge Afghane erinnert sich daran, dass er in Paradiso auch leicht nach Lugano fahren konnte, um im Parco Tassino mit anderen Jugendlichen Fussball zu spielen. Von Cadro aus sei das nicht mehr möglich, auch weil «sie hierher eine Stunde bräuchten, und so alles schwieriger wird».
Wenn man sich nicht richtig integriere, werde später, werde alles noch komplizierter, wenn man allein sei und keine Betreuerinnen und Betreuer mehr helfen würden.
«Die Standorte der Unterkünfte entscheiden nicht wir»
Zum Thema äusserte sich auch Debora Banchini, Direktorin des Roten Kreuzes Tessin. Sie betonte zunächst, dass die Orte, an denen Unterkünfte für unbegleitete minderjährige Asylsuchende eröffnet werden, nicht von der Organisation bestimmt werden. «Wir haben ein kantonales Mandat und greifen ein, wo man uns hinschickt.»
Banchini unterstreicht, was aus Sayeds Erfahrung hervorgeht: «Die Integrationsarbeit ist sehr wichtig: die Begleitung der Jugendlichen, ihnen beizubringen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen und mit Sport- und Freizeitaktivitäten die Region zu entdecken. Gerade auch, weil nicht alle zentral in Lugano oder anderen Städten wohnen.»
«Wir ermutigen sie, solche Aktivitäten zu unternehmen, und begleiten sie bei Bedarf auch mit unseren Kleinbussen. Die Unterkunft ist ihr Zuhause und ein Ort der Aufnahme, aber es ist wichtig hinauszugehen und Jugendlichen aus der Umgebung zu treffen. Kurz gesagt: Das Ziel ist ein normales Leben als Heranwachsende zu führen.»
Übertragung aus dem Italienischen mithilfe der KI Claude: Janine Gloor
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