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Einsatz gegen Hürden für Auslandschweizer

Jean-Michel Begey, neuer Präsident des Dachverbands der Schweizervereine in Frankreich. swissinfo.ch

Troyes war für ein Wochenende die Schweizer Hauptstadt von Frankreich. Der Hauptort der Champagne war Gastgeber des 52. Kongresses der Auslandschweizer in Frankreich. Ein Interview mit dem neuen Präsidenten Jean-Michel Begey.

Nach Roanne im Jahr 2009 und vor Bordeaux 2011 wählte der Dachverband der Schweizervereine in Frankreich (UASF) für sein Jahrestreffen Troyes.

Anwesend war auch der Schweizer Botschafter in Frankreich, Ulrich Lehner, der die Gelegenheit nutzte, einen schnellen Überblick über die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu geben.

“Das Image der Schweiz beunruhigt mich am meisten. Unternehmen wie die UBS und HSBC oder der Fall Polanski sind für einen Imageverlust der Schweiz in Frankreich verantwortlich”, sagte der Botschafter vor der Sitzung.

“Ich hätte gerne andere Produkte, welche die Franzosen mit der Schweiz in Verbindung bringen.” Für ihn ist es deshalb sehr wichtig, im Ausland weiterhin am Bild des Landes zu arbeiten.

Ulrich Lehner sieht jedoch keine Notwendigkeit, den Teufel an die Wand zu malen. “Insgesamt sind die französisch-schweizerischen Beziehungen relativ gesund.” Frankreich bleibe der drittgrösste Wirtschaftspartner der Schweiz. Das Land hat letztes Jahr erstmals einen Handelsbilanzüberschuss gegenüber der Schweiz erzielt.

Den Auslandschweizerinnen und -schweizern in Troyes ist das Image-Problem der Schweiz nicht das grösste Anliegen. Sie bemängeln die Aufhebung vieler Konsulate, die noch fehlende elektronische Stimmabgabe und die Schwierigkeiten, zu einem neuen biometrischen Pass zu kommen wegen der Hürden bei der Erfassung der notwenigen Daten.

Mit diesen Problemen wird sich nun Jean-Michel Begey befassen. Er wurde am Samstag zum Präsidenten der Dachorganisation gewählt und löst Serge Lemeslif ab, der diesen Posten die letzten acht Jahre ausübte.

swissinfo.ch: In welchem Zustand befindet sich der Verein, dessen Vorsitz Sie nun übernehmen?

Jean-Michel Begey: Ich war ja bereits Vizepräsident und durfte mit einer Reihe von Verbänden zusammenarbeiten. Daher weiss ich, was funktioniert und was nicht.

Wir sind auch nicht glücklich, dass Generalkonsulate verschwinden, aber das ist nun mal geschehen. Wir müssen weiterarbeiten, mit den Konsequenzen die sich daraus ergeben.

Es bleiben nur noch die vier Generalkonsulate in Paris, Strassburg, Lyon und Marseille. Diese Ausdünnung bedingt, dass die Arbeit der Delegierten sehr wichtig ist, um die nötige Nähe zu bewahren.

swissinfo.ch: Haben sie denn die Mittel, diese zusätzliche Arbeit zu tun?

J.-M.B.: Wir arbeiten viel mit den Honorarkonsuln. Auf dem Niveau des UASF sind die Mittel sehr beschränkt, das ist klar. Deshalb braucht es einen grossen persönlichen Einsatz.

Ich für meinen Teil werde der Sache viel Zeit widmen – denn in zwei Jahren werde ich pensioniert.

swissinfo.ch: Ein Problem der Schweizervereine im Ausland ist das zunehmende Alter der Mitglieder. Was ist nötig, um eine Verjüngung zu erreichen?

J.-M.B.: Das verläuft kurvenförmig. Als ich 1995 in den Verein in Bordeaux zurückkehrte, bestand dieser aus nur 30 Familien. Heute sind es 104. Ich denke, heute zeigen junge Eltern mehr Interesse für die Sache.

In Bordeaux bieten wir eine Vielzahl von Informationen für junge Eltern an. An Weihnachten organisierten wir ein Ponyreiten für Kinder. Solche Veranstaltungen erlauben uns einerseits, die Kinder zu unterhalten, auf der anderen Seite bieten wir Infos zur Schweiz und ermöglichen den Eltern, sich ein wenig zu erholen.

Aber auch das Internet kann eine grosse Hilfe sein. Viele Menschen, die keine Informationen hatten oder sich nicht zu fragen getrauten, können jetzt einfach Kontakt herstellen.

swissinfo.ch: Welche Schwerpunkte haben Sie sich für ihre Präsidentschaft gesetzt?

J.-M.B.: Ich möchte, dass der UASF mehr Vereine und Mitglieder repräsentieren kann. Man muss auch den repräsentativen Charakter erhöhen, was den UASF weiter legitimieren wird.

Wir müssen weiterhin sehr eng mit der Botschaft und den Generalkonsulaten zusammenarbeiten. Das ist unbedingt nötig, denn mit der Aufgabe verschiedener Generalkonsulate ist eine gewisse Nähe verloren gegangen.

Auf dem Niveau des Auslandschweizerrates sehe ich eine positive Entwicklung. Dank der elektronischen Abstimmung werden wir besser vertreten sein. Ich setze auf Legitimität, aber wir müssen ernst genommen werden.

Olivier Pauchard, Troyes, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Französischen: Etienne Strebel)

Schweizer in Frankreich
Insgesamt haben sich 179’106 Schweizer Bürgerinnen und Bürger bei den Schweizer Vertretungen in Frankreich immatrikuliert.

Davon nehmen 39’429 (28%) am politischen Leben in der Schweiz teil, das heisst, sie haben sich auf einer Liste eingetragen, um ihr Stimm- und Wahlrecht wahrnehmen zu können.

Die Schweizer Gemeinde in Frankreich ist die weltweit grösste Auslandgemeinde der Schweiz.

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