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ABB: gute Zahlen und verdächtige Zahlungen

ABB: Schwarze Zahlen und Zahlungen aus schwarzen Kassen? Keystone

Der Schweizer Technologiekonzern hat im ersten Halbjahr den Umsatz um 24% gesteigert. Analysten lobten die Zahlen, Anleger zeigten sich erfreut.

Das Glanzergebnis wird jedoch getrübt: Das Unternehmen meldet verdächtige Zahlungen von Tochtergesellschaften in Asien, Südamerika und Europa.

Das Zürcher Unternehmen setzt seinen Höhenflug fort und steigerte den Umsatz in den ersten sechs Monaten auf 13,4 Mrd. Dollar. Das bedeutet ein Plus von 24% gegenüber der Vorjahresperiode, wie ABB am Donnerstag mitteilte.

Der Konzern profitierte dabei vom anhaltenden Boom auf den Märkten für Stromversorgung und Energieeffizienz.

Beim Betriebsgewinn legte ABB um 63% auf 1,9 Mrd. Dollar zu, beim Auftragseingang um 26% auf 17,3 Mrd. Dollar. Der Personalbestand wurde aufgestockt: Er lag Mitte Jahr mit fast 111’000 Beschäftigten um 2000 Personen höher als drei Monate zuvor.

Steigflug an der Börse

Das Ergebnis sei sehr stark, kommentierte ein Marktbeobachter, offenbar laufe das Geschäft an allen Enden weiterhin auf Hochtouren. Auch der Ausblick von ABB bleibe freundlich.

Der Titel startete bei 28.75 Franken nach einem Schlusskurs von 27.70 Franken am Mittwoch. Das ist ein Plus von 3,8%. Damit gehörte ABB an der Schweizer Börse SWX zu den Gewinnern.

Die Finanzlage wurde weiter verbessert. Die flüssigen Mittel betrugen am Ende des ersten Halbjahrs 4,4 Mrd. Dollar. Der Verschuldungsgrad wurde um einen Prozentpunkt auf 25% gesenkt.

Die Finanzschulden beliefen sich auf 2,6 Mrd. Dollar, 1,7% weniger als Ende März. Das Eigenkapital wurde gleichzeitig um 5,6% auf 7,6 Mrd. Dollar erhöht.

Schmiergelder?

Gleichzeitig meldete der Technologiekonzern, dass er das amerikanische Justizdepartement und die US-Börsenaufsicht SEC über Zahlungen informiert habe, die von Mitarbeitern von ABB-Tochtergesellschaften in Asien, Südamerika und Europa – besonders in Italien – geleistet worden seien.

Diese wurden bei internen Prüfungen entdeckt, wie es in der Mitteilung heisst. ABB liess durchblicken, dass es sich dabei um Schmiergelder handeln könnte.

Allfällige Gesetzesverstösse könnten für ABB sowohl finanzielle Folgen in Form von Geldstrafen und weiteren Kosten als auch geschäftliche Konsequenzen haben.

ABB arbeite in der Angelegenheit mit den zuständigen Behörden zusammen und setze die internen Untersuchungen fort, hiess es.

“Die Meldung verdächtiger Zahlungen muss sicher beachtet werden”, erklärte der Analyst Julian Mitchell von der Grossbank Credit Suisse. Momentan sei das Thema aber noch im Hintergrund.

swissinfo und Agenturen

Umsatz: 13,4 Mrd. Dollar (+24%)

Gewinn vor Steuern und Abschreibungen (EBIT): 1,85 Mrd. Dollar (+63%)

Reingewinn: 1,27 Mrd. Dollar (+121%)

Die ABB entstand 1988 aus der Fusion der schwedischen Asea (1883) mit der schweizerischen BBC Brown Boveri (1891) zu “Asea Brown Boveri” (ABB).

ABB gehört zu den Weltmarktführern im Energie- und Automationsbereich.

Der Konzern beschäftigt 111’000 Mitarbeitende in 100 Ländern.

Im Januar 2007 bestrafte die EU-Kommission ein Kartell von elf Elektrokonzernen mit Rekordbussen von über 750 Millionen Euro. Der mitbeteiligten ABB wurde die Busse von 215 Mio. Euro erlassen, weil sie die Aufdeckung ermöglichte.

Im April 2006 einigten sich ABB im Fall des Asbest-Vergleichs mit Klägern und zahlte 1,43 Mrd. Dollar.

ABB meldete im Februar 2006 verdächtige Zahlungen in Nahost, die unter das Antikorruptionsgesetz der USA fallen dürften.

Im Juli 2004 zahlte ABB 20 Mio. Franken, nachdem die US-Behörden den Konzern der Bestechung von Regierungsmitgliedern in Afrika und Asien schuldig gesprochen hatte.

Einen Monat zuvor hatte ABB Unregelmässigkeiten in Italien entdeckt.

2001 schrieb ABB einen Verlust von 691 Mio. Dollar. Gleichzeitig öffnete der Konzern den beiden Leitern Percy Barnevik und Göran Lindahl goldene Fallschirme von 148 Mio. und 85 Mio. Franken. Nach dem Riesenverlust stand ABB die nächsten beiden Jahre am Abgrund.

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