Bally schliesst Werk Schönenwerd
Der Schuhkonzern Bally schliesst den Produktionsstandort Schönenwerd (SO). Dadurch gehen rund 130 Stellen verloren. Insgesamt 135 Arbeitsplätze werden von Schönenwerd nach Caslano TI verlegt, wo Bally die Einrichtung eines Leder- und Modezentrums plant.
Das von der US-Investmentgesellschaft Texas Pacific Group (TPG) übernommene Schweizer Traditionsunternehmen Bally schliesst seinen Produktionsstandort in Schönenwerd (SO). Stattdessen soll im Tessin ein neues Leder- und Modezentrum mit rund 250 Arbeitsplätzen geschaffen werden.
Gemäss der am Montag (29.11.) vorgelegten neuen Design-, Entwicklungs- und Produktionsstrategie sollen 135 Arbeitsplätze von Schönenwerd nach Caslano (TI) verlegt werden. Der Produktionsstandort im solothurnischen Schönenwerd soll aufgehoben werden, womit gemäss der Mitteilung rund 130 Arbeitsplätze in der Produktion sowie in den produktbezogenen und administrativen Bereichen aufgehoben werden. Zentrale Funktionen mit rund 80 Arbeitsplätzen sollen hingegen in Schönenwerd vebleiben.
Insgesamt ist nach der Fokussierung der Produktion in Caslano mit einem Abbau von rund 120 Stellen zu rechnen. Die Unternehmensleitung hat deshalb Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern, Gewerkschaften und Behörden aufgenommen, wie es in der Mitteilung heisst.
Die Gewerkschaft Gewerbe, Industrie, Dienstleistungen (SMUV) ist schockiert über Schliessung des traditionsreichen Mode- und Schuhkonzerns Bally. Es sei traurig, das Ende einer 150 Jahre alten Tradition der Schuhproduktion in Schönenwerd zu erleben. Für die Region sei die Bally-Schliessung einer harter Schlag, sagte SMUV-Zentralsekretär André Daguet am Montag. Die Gewerkschaft setze sich dafür ein, dass es für die 250 betroffenen Beschäftigten in Schönenwerd und Caslano TI einen umfassenden Sozialplan gebe.
Vor einigen Wochen hatte Bally bereits die Schliessung von europaweit 100 Läden beschlossen. Davon sind 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen. Rund 18 von 40 Läden mit etwa 100 Verkäuferinnen sollen in der Schweiz ihre Türen schliessen.
Der traditionsreiche Mode- und Schuhkonzern verliere jährlich rund 100 Mio. Franken, begründete Abel Halpern, Präsident des Verwaltungsrates der Bally International, die Restrukturierung. Nur einschneidende Massnahmen könnten die massiven Verluste eindämmen.
Solothurner Regierung versuchte Schliessung zu verhindern
Die Solothurner Regierung hat vergeblich versucht, den Schuhproduzenten Bally zur Aufrechterhaltung des Produktionsstandorts Schönenwerd zu bewegen. Die Regierung habe mit dem Management von Bally bis zum Sonntagabend intensive Kontakte gepflegt, die Schliessung aber nicht verhindern können, sagte der Solothurner Volkswirtschaftsdirektor Thomas Wallner am Montag auf Anfrage der Agentur AP. Die Firma habe aber zugesagt, Schönenwerd vorläufig weiterhin als Basisstandort für die Administration beizubehalten. Dies betreffe rund 80 Arbeitsstellen. Man müsse aber sehen, dass es sich bei Bally nicht um eine blühende Firma wie Adtranz handle, sagte Wallner, sondern um ein Unternehmen, das Millionenverluste einfahre. Für den Kanton sei es vor drei bis vier Jahren schlimm gewesen. Für die rund 120 Angestellten, die voraussichtlich auf Ende Jahr entlassen werden, versucht der Kanton mit zahlreichen Arbeitsvermittlungsbüros, neue Arbeitsplätze zu vermitteln, wie Wallner weiter sagte. Schon seit Monaten biete der Kanton betriebliche Arbeitsvermittlung an. Der Entscheid sei sicher bedauerlich für Solothurn als Standort; es gebe aber auch neue Firmen, die den Stellenabbau kompensierten.
Verhaltene Freude herrscht dagegen im Tessin. Mit der Schaffung eines Leder- und Modezentrums werde das Potenzial des Standortes deutlich erhöht. ‹Es entstehen hochwertige Arbeitsplätze. Das ist für die Zukunft positiv›, sagte der Tessiner SMUV-Sekretär Rolando Lepori. ‹Für die 120 Arbeitskräfte, die ihren Job in der Produktion verlieren, wird es aber hart›, ergänzte er. Es handle sich überwiegend um Frauen. 90 Prozent davon seien Grenzgängerinnen und Grenzgänger.
Bally war erst vor wenigen Wochen von der US-Gesellschaft Texas Pacific Group übernommen worden. Der Mischkonzern Oerlikon-Bührle hatte damals nach zahlreichen gescheiterten Neupositionierungen und vielen Managementwechseln Bally an die Amerikaner verkauft.
Schweizer Schuhproduktion seit 1990 halbiert
Die Schweizer Schuhindustrie hat harte Zeiten hinter sich. Seit 1990 hat sich die Schuhproduktion von 5,6 Millionen auf rund 2,2 Millionen Paar halbiert. Ein Grossteil der Einbusse entfällt auf die Reduktionen bei Bally und Raichle. Nach Angaben des Verbandes schweizerischer Schuhindustrieller (VSS) hatten 1990 die damals 16 Schuhhersteller 5,6 Millionen Paar Schuhe produziert. Davon wurde die Hälfte ins Ausland exportiert. Acht Jahre später betrug das Produktionstotal der nunmehr 14 Hersteller noch 2,2 Millionen Paar oder 60 Prozent weniger.
SRI und Agenturen

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