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Belgien: Schwarzer Peter für die Swissair

Ist nur die Swissair an der Sabena-Bauchlandung schuld? Keystone Archive

Für den Konkurs der Airline Sabena macht die Untersuchungs-Kommission des belgischen Parlaments vor allem die Swissair verantwortlich.

In einem Bericht wird der Swissair vorgeworfen, eigene Interessen vorangestellt zu haben. Die Kritik an den Verantwortlichen in Belgien fiel indes zurückhaltend aus.

Nach über einjähriger Arbeit hat die parlamentarische Untersuchungs-Kommission in Brüssel ihren Bericht vorgelegt. Sabena war im November 2001 in Konkurs gegangen; Mehrheitsaktionär am belgischen Flugunternehmen war der belgische Staat, Swissair hielt derweil einen Anteil von 49,5 Prozent.

Fataler Airbus-Kauf

In den Konkurs getrieben hätten Sabena der Flottenausbau mit dem Kauf von 34 Airbus-Maschinen und dessen Finanzierungsweise, heisst es im über 300-seitigen Bericht. Als Swissair nach dem eigenen Zusammenbruch ihre Zusagen nicht mehr eingehalten habe, sei kein Geld mehr da gewesen, sagte Lode Vanoost, einer der Berichterstatter, vor den Medien.

Beim Kaufentscheid zugunsten der Airbus habe sich Sabena durch die Interessen des Konzerns leiten lassen, wird im Bericht mehrfach festgehalten. Swissair übte dabei laut Berichterstatter Servais Verherstraeten «Druck» aus. Zudem gab es laut Bericht «klare Anzeichen» für finanzielle Interessen von Swissair an deren Kauf.

Swissair-Interessen

Swissair besass seit 1990 Kauf-Optionen auf 19 Airbus-Flugzeuge, die im Zuge des Airbus-Kaufs durch Sabena auf das belgische Unternehmen übertragen wurden. Swissair erhielt damit 5,7 Mio. Dollar, die sie gemäss der Kommission «ohne den Transfer der 19 Optionen nicht erhalten hätte».

Nach dem Befund der Kommission war der Sabena-Verwaltungsrat vor seinem Kaufentscheid über diese Optionen aber nicht korrekt ins Bild gesetzt worden. Der frühere Sabena-Chef und Ex-Swissair-Mann Paul Reutlinger sowie Sabena-Generalsekretär Patrick du Bois müssten jedoch davon gewusst haben, hält der Bericht fest.

«Unehrlichkeit»

Swissair hält die Kommission zudem Unehrlichkeit vor: Die Übertragung «zeigt, dass Swissair über die Aktivitäten eines Unternehmens, an dem sie eine Beteiligung von 49,5 Prozent hielt, die eigenen Interessen zu verfolgen versucht hat.

Eine vertiefte Untersuchung dieser Vorgänge sei Sache der Justiz, heisst es im Bericht. Im Zusammenhang mit dem Airbus-Kauf wird aber auch der frühere Swissair-Chef Philippe Bruggisser kritisiert: Dieser habe sich für den Kauf der Maschinen eingesetzt, kurz danach aber erklärt, der Boom im Flugverkehr sei vorbei.

Minister geschont

Generell stellt der Bericht betreffend die SAirGroup «Anzeichen für einen Interessenskonflikt» fest. Dem Sabena-Verwaltungsrat hält er eine «sehr passive Haltung» vor, derweil der belgische Staat den Eindruck hinterlassen habe, dass er nichts lieber gehabt hätte als die Führung der Sabena der SAirGroup zu übertragen.

Die Kritik der Kommission an Verantwortlichen in Belgien fiel indes zurückhaltend aus: Namen wurden kaum genannt. Raymond Langendries, Präsident der Kommission, sprach am belgischen Radio von «politischem Druck», laut dem Grünen Gérard Gobert wurde der Bericht «gereinigt». In Belgien finden am 18. Mai Wahlen statt.

swissinfo und Agenturen

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