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Cesky Telecom: Swisscom definitiv out

Die Swisscom hat beim Milliardenpoker um Cesky Telecom das Nachsehen. Keystone Archive

Die tschechische Regierung verkauft ihren Mehrheitsanteil an Cesky Telecom der spanischen Telefonica.

Der Preis beläuft sich auf 82,6 Mrd. Kronen (4,27 Mrd. Franken). Bei der Swisscom herrscht Enttäuschung.

Alle 18 tschechischen Minister hätten sich für das Gebot von Telefonica ausgesprochen, sagte Finanzminister Bohuslaw Sobotka am Mittwoch in Prag.

Er erwarte, dass der Kaufpreis für den Erwerb des 51,1%-Anteils Mitte des Jahres gezahlt werde. Der spanische Konzern hatte das höchste Angebot auf den Tisch gelegt und alle Mitbieter überflügelt.

Telefonica bezahlt damit 174,5 Mio. Fr. mehr als die Swisscom geboten hatte. Ihr Angebot betrug 481,5 Kronen je Aktie oder insgesamt 79,2 Mrd. Kronen (4,1 Mrd. Fr.). Abgeschlagen war die Belgacom mit 410 Kronen je Aktie oder total 67,5 Mrd. Kronen (3,5 Mrd. Franken).

Enttäuschung in Bern

Die Swisscom zeigte sich enttäuscht: “Wir bedauern den Entscheid”, sagte Konzernsprecher Sepp Huber auf Anfrage. Noch am Wochenende war für Swisscom-Chef Jens Alder das Übernahmerennen um die ehemalige tschechische Monopolistin nicht verloren gewesen.

“Unsere Erfahrung ist, dass wenn eine Regierung verkauft, sich bis in letzter Minute alles ändern kann”, hatte Alder in einem Zeitungsinterview gesagt.

Nun halte die Swisscom nach weiteren Kaufgelegenheiten im Ausland Ausschau, sagte Huber. “Nüchtern betrachtet, ist ein Zusammenschluss von Swisscom und Telekom Austria eine der sinnvollsten Transaktionen überhaupt in der Telekombranche”, hatte Alder gesagt.

Bei neuen Verhandlungen müsste Swisscom “heute sicher mehr bieten” als die etwa 15 Euro pro Aktie im vergangenen Jahr, so Alder. Schliesslich verdiene das Unternehmen in der Zwischenzeit wieder Cash. Eine neue Offerte machte Alder jedoch nicht. Die Verhandlungen im letzten Sommer seien an der Politik gescheitert.

Die reichlich liquide Swisscom hat im Bemühen um Wachstum laut Alder in den vergangenen fünf Jahren “sicher über 200” Kaufobjekte geprüft.

Kommunisten dulden Privatisierung

Der Entscheid für die spanische Telefonica war erwartet worden. Denn bereits die staatliche Kommission, welche die Angebote beurteilen musste, hatte der tschechischen Regierung am letzten Donnerstag empfohlen, Telefonica zur Siegerin des Bieterrennes zu erklären.

Der ganze Privatisierungsprozess entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn die tschechische Regierung hatte wegen der Immobilienaffäre von Ministerpräsident Stanislav Gross ihre Mehrheit im Parlament verloren und nur mit der Duldung der Kommunisten überlebt.

Damit ist die Partei, welche die Verstaatlichung der Wirtschaft auf ihre Fahnen geschrieben hatte, zur Helferin für die Privatisierung eines Staatskonzerns geworden.

Kaufangebot für restliche Aktionäre

Der Käufer der Cesky Telecom ist verpflichtet, innerhalb von zwei Monaten ein Angebot für die restlichen 48,9% der Aktien vorzulegen. Das tschechische Übernahmegesetz legt fest, dass für das Paket mindestens 85% des Preises für das Mehrheitspaket gezahlt werden muss.

Der Preis könne aus dem durchschnittlichen Aktienkurs der Vergangenheit und unabhängigen Bewertungen ermittelt werden.

swissinfo und Agenturen

Cesky Telecom verwaltet in Tschechien 3,4 Mio. Festanschlüsse und betreibt dort zusätzlich das Mobilfunknetz EuroTel.
EuroTel führt in Tschechien mit 4,59 Mio. Kunden vor T-Mobile (4,3 Mio.).

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