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Flussabenteuer oder Albtraum

Freizeitkapitäne sind oft zu übermütig und müssen nach einem Unfall von der Seepolizei gerettet werden. Keystone

Mindestens sieben Menschen haben bereits dieses Jahr in der Schweiz bei Bootsfahrten auf Flüssen und Seen ihr Leben gelassen. Überall bemühen sich die Seepolizeien, mit Ratschlägen und Verhaltens-Regeln die Gefahr zu mindern. Doch die Sicherheits-Regeln werden kaum beachtet. Tragische Unfälle sind die Folgen.

Starke Worte findet etwa die Seepolizei des Kantons Thurgau, wenn sie vor den Gefahren der beliebten Strecke auf dem Hochrhein zwischen Stein am Rhein und Schaffhausen warnt. Sie gibt Tipps, «damit das Flussabenteuer nicht zum Albtraum wird».

Gerade weil die Leute die Fahrt «mit allen möglichen Gefährten» wie etwa Lastwagen-Schläuchen wagen, müssten sie einige Sicherheits-Spielregeln unbedingt beachten. Dazu gehört genug Abstand zu den Kursschiffen, weil in deren Heckbereich ein gefährlicher Sog entsteht. Gewarnt wird auch vor kecken Sprüngen von Brücken. Für die Kursschiffe bildeten diese Badenden «einen grossen Stressfaktor». Eindringlich mahnt die Thurgauer Seepolizei zudem vor der Sog- und Strudelwirkung bei Brückenpfeilern. Sie erinnert auch an das Verbot des Aneinanderbindens von Schiffen.

Kinder sollten erst ab fünf Jahren und unbedingt mit Schwimmweste versehen in ein Gummiboot gesetzt werden. Die Schwimmweste empfiehlt sie auch allen andern, möglichst versehen mit Signalfarbe.

Tragische Unfälle

Zu tragischen Unfällen kommt es trotz der Warnungen der Seepolizeien aber immer wieder. Bereits sieben Meneschen haben dieses Jahr auf Schweizer Seen und Flüssen ihr Leben gelassen. Heinz Rindlisbacher von der Seepolizei Biel erinert sich an den Unfall vom 24. Juni 2001, als drei Menschen ertranken.

Die Einfahrt in die Schleuse war nicht frei. Das Unglücksboot wartete auf grünes Licht. Als es dieses bekam, schaffte es die Einfahrt nicht, weil der Motor versagte; das Boot wurde neben der Schleuse über ein Wasserregulierungswehr getrieben. Der Unfall ist noch nicht restlos geklärt. Es stellt sich etwa die Frage, ob der Bootsführer das Verhängnis hätte stoppen können durch rechtzeitiges Ausbringen des Ankers oder mittels Notpaddel, das ebenfalls zur Ausrüstung gehört. Mit derart gravierenden Fällen haben die Seepolizeien allerdings selten zu tun.

Oft beneidet

«Dihr Cheibe heit’s schön», bekomme er oft zu hören, berichtet Rindlisbacher weiter. Das stimme aber nur bedingt. Leute zu verzeigen, die in der Uferzone oder im Kanal zu schnell fahren, das Boot überladen haben oder gar Tote zu bergen, sei kein Schleck. Die sechs Bieler Seepolizisten kontrollieren pro Jahr etwa 900 Boote. In 60 bis 120 Fällen müssen sie Fehlbare verzeigen, sei es, dass die Ausrüstung nicht komplett ist (etwa fehlendes Rettungsmaterial), dass sich das Boot in einer Fahrverbotszone bewegt oder andere Bestimmungen nicht einhält.

Besonders heikel wird es, wenn ein Boot in Brand gerät; häufigster Grund dafür ist eine undichte Treibstoffleitung. Die Seepolizei ist nämlich nicht als Feuerwehr ausgerüstet. Sie kann die Leute also nur auffordern, vom Boot abzuspringen und sie dann retten. In solchen Situationen zeige sich die Bedeutung der griffbereiten Ausrüstung. Die Leute sollten unbedingt mit der Schwimmweste von Bord gehen, besonders Kinder oder ungeübte Schwimmer. «Sie müssen sich bewusst sein, dass es von einem Moment zum andern um Leben und Tod geht», meint Rindlisbacher.

Puppe als Täuschung

In über 20 Jahren Dienst bei der Seepolizei gibt es aber auch weniger dramatische Begebenheiten als die acht Brände, die in dieser Zeit in sein Einsatzgebiet fielen. So büsste er einmal einen Bootsführer, der die Vorschrift verletzte, einen Wasserskifahrer ohne Begleitperson zu ziehen. Als er dem gleichen Mann wieder begegnete, hatte der Mann tatsächlich eine Begleiterin. Die Busse hatte also ihre Wirkung getan. Doch halt: Bei näherem Augenschein entpuppte sich die kesse Person als Puppe, die der Mann zur Täuschung angefertigt hatte.

Für Jürg Mosimann vom Informationsdienst der Kantonspolizei Bern ist es enorm wichtig, dass sich Freizeitkapitäne ihrer grossen Verantwortung bewusst sind. Angesichts der höchst bescheidenen Geräte, mit denen sie sich zum Beispiel auf die Aare zwischen Thun und Bern wagen, sei dies zu oft nicht der Fall. Ein schöner Sommertag verleite leicht zu Sorglosigkeit. Wer beispielsweise mit Kindern auf der Aare ohne Schwimmwesten auf einem improvisierten Floss dahintreibe, handle ganz einfach fahrlässig. Nicht immer ist ein Schutzengel zur Stelle, wie bei jenem Säugling, der vor ein paar Jahren nach einem Unglück dank der saugfähigen Windeln nicht unterging und gerettet wurde.

swissinfo und Agenturen

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