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Nationalgetränk trotzt Wirtschaftsflaute

Schweizer Nationalgetränk! Rivella

Die Rivella-Gruppe ist in ihrem 50. Jubiläumsjahr 2002 weiter gewachsen. Der Nettoverkaufserlös stieg um knapp 8% auf gut 150 Mio. Franken.

Der Erfolg ist auch ein Produkt der typischen Schweizer KMU-Tugenden.

Natürlich sprach man an der Bekanntgabe der Zahlen fürs Geschäftsjahr 2002 auch vom schwierigen Umfeld. Von den Unsicherheiten des Marktes und der stagnierenden Wirtschaft. Auch davon, dass Hotellerie und Gastronomie solche Tendenzen immer als erste spüren, und dass die Rivella-Gruppe sich in diesem Markt behaupten müsse.

Doch dass Rivella 2002 in diesem Umfeld ausgezeichnet gewirtschaftet hat, musste man den Verantwortlichen fast «entreissen». Mit der für Schweizer Klein- und Mittelunternehmen (KMU) typischen Zurückhaltung wurden die Zahlen fürs abgelaufene Geschäftsjahr bekannt gegeben.

Die Schweizer Tugenden

Da wurde nicht mit Pauken und Trompeten, Disco-Sounds und Tänzerinnen aufgefahren. Auch schaute kein CEO überlebensgross von der Leinwand hinunter.

Auf der «kleinen» Grossleinwand zeigte die Rivella-Gruppe Zahlen zum Unternehmen und einen schlecht zusammengeschnittenen Amateurfilm in einer Bildqualität, die nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Doch was der Film über das Jubiläumsjahr aufzeigte, liess erahnen, warum das Familienunternehmen so erfolgreich ist:

Da sieht man die Blasmusik Rothrist (Firmensitz von Rivella), die eine von Rivella gestiftete Skulptur auf einem Verkehrskreisel einweiht. Alle Rothrister trinken Rivella und tragen entsprechende Sonnenhütchen.

Der Film zeigt, wie Firmengründer Robert Barth Ehrenbürger von Rothrist wird. Man spricht über Rivella.

Weiter sieht man Bilder von Schülern, die zum Rivella-Lied tanzen, und Filmszenen vom Betriebsfest im Jubiläumsjahr.

Verbunden mit der Standortgemeinde

Die typische Schweizer Unternehmung spiegelt sich in Rivella: Man drängt nicht an die Öffentlichkeit, ist der Standortgemeinde verbunden. Und die Standortgemeinde ist mit dem (Familien)Unternehmen verbunden.

Das Unternehmen setzt auf eine gute Stimmung bei den Angestellten. «Die Rivellaner sind immer für einen Sondereffort zu haben», sagt CEO Franz Rieder. Dafür werden sie nicht beim ersten Gegenwind entlassen. Die Rivella-Gruppe hat rund 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Jedes Jahr werden es einige mehr.

Die typische Schweizer KMU ist diskret, sie expandiert vorsichtig, und sie ist nach Möglichkeit verschwiegen. Gewinnzahlen werden nicht publiziert. Rivella-Verwaltungsratspräsident und ältester Sohn des Gründers, Alexander Barth, begründet es gegenüber swissinfo so: «Wir leben hauptsächlich von einem Produkt, Rivella. Die Konkurrenz könnte aus den Gewinnzahlen zu viele Rückschlüsse auf andere Finanzdaten ziehen.»

Rivella ist die Nummer zwei

Im Berichtsjahr stieg der Rivella-Anteil am Süssgetränke-Absatz in der Schweiz von 14 auf 15,2%. In der Schweiz wurden 99,5 Mio. Liter verkauft, im Ausland 16,2 Mio. Liter.

Coca Cola ist zwar Leader auf dem Schweizer Süssgetränke-Markt. Rivella figuriert als Nummer zwei, und Pepsi Nummer drei.

Jeder Schweizer, jede Schweizerin, trank 2002 rund 12 Liter Rivella. Und das Produkt werde immer beliebter beim Konsumenten. Das belegen auch diverse Studien.

Im alljährlich erhobenen Image-Barometer des Marktforschungs-Instituts IHA-Gfk belegt die Rivella inzwischen Platz 2 unter den bekannten Schweizer Markennamen. An erster Stelle steht die Migros. Coop figuriert auf Rang drei. Der Bekanntheitsgrad des Milchserumsgetränks liege bei praktisch 100 Prozent.

Sport und Schönheit

Gute Resultate lieferten auch die zur Gruppe gehörenden Michel Fruchtsäfte. Der Markt dafür stieg in der Schweiz um rund 5% auf 160 Mio. Liter. Hier steigerte die Rivella-Gruppe den Absatz um 17%. Wobei sich der neue Functional Drink Michel Beauty Colada über Erwarten gut verkaufte.

«Wir konzentrieren uns immer mehr auf den jungen, urbanen und schönheitsbewussten Kunden», sagt Rivella-Chef Franz Rieder gegenüber swissinfo.

Das heisst, das Unternehmen umwirbt den jungen Kunden nicht mehr primär über die Sparte Sport, wo Rivella allerdings immer noch stark vertreten ist, sondern man setzt immer mehr auf Gesundheitsdrinks.

Rivella stellt auf Herbst ein neues Produkt in Aussicht. «Mehr wollen wir dazu nicht sagen», meinte Rieder.

Sachter Auftritt im Ausland

Gilt Rivella in der Schweiz als so etwas wie ein «Nationalgetränk» (Rieder), hat man ähnliches im Ausland nirgends geschafft. Insgesamt 86% des Umsatzes entfielen auf den Heimmarkt, wo man gut 8% zulegte. Die Verkäufe im Ausland verharrten bei 16,2 Mio. Liter.

Das sei zum Teil auch gewollt. Das Unternehmen setze – ausser beim Schwerpunktmarkt Niederlande – vor allem auf eine sachte Expansion ins schweiznahe Ausland. Begonnen werde in den grenznahen Gebieten von Deutschland, Frankreich und Österreich, wo Rivella dank der Grenzgänger schon eine gewisse Bekanntheit aufweise.

Neuer Versuch in den USA

Wo die Probleme liegen, zeigt der Misserfolg auf dem britischen Markt, von dem sich Rivella komplett zurückgezog.

«Der Auftritt in England scheiterte nicht daran, dass die Engländer Rivella nicht mochten, sondern dass wir die Logistik nicht bereit stellen konnten», sagt Franz Rieder.

So seien die leeren Verkaufs-Gestelle nicht aufgefüllt worden. Die Angestellten hätten das Produkt schlicht vergessen. Der Nachschub habe nicht geklappt.

«Wir müssen im Ausland, wie in der Schweiz, ein Betreuerteam aufbauen, das sich aktiv um den Verkauf kümmert und prüft, ob das Produkt auch immer im Laden steht», so Rieder.

Rivella: In den USA ein Health Drink

Eine solche Organisation koste Geld. «Wir expandieren nur, wenn wir uns das auch finanziell leisten können», fährt Rieder fort. Im Ausland seien die Rivella-Produkte im Hochpreis-Segment angesiedelt. Dazu gehöre eine entsprechende Kundenbetreuung.

Was damit gemeint ist, zeigt sich im zweiten Versuch, auf dem amerikanischen Markt Fuss zu fassen. Dort werde Rivella ab Herbst in Florida in den Läden stehen und im Viererpak 5.99 Dollar kosten. Der Kunde findet das teure Produkt aber nicht bei den gewöhnlichen Getränken, sondern in der Abteilung Health Food. Milchserum ist schliesslich auch gesund.

swissinfo, Urs Maurer, Zürich

Rivella Gruppe
Gründung: 1952
Unternehmensform: 100% Familien-AG
Nettoverkaufserlös 2002: 151,3 Mio. Franken
Mitarbeitende: 266
Getränke-Absatz: 115,7 Mio. Liter

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