Schweizer Nationalbank von neuer Sammelklage betroffen

Die Schweizerische Nationalbank gehört zu den Beklagten in einem Sammelprozess vor dem US- Bundes-Bezirksgericht in San Francisco. Kläger sind Opfer des faschistischen Ustascha-Regimes in Kroatien während des Zweiten Weltkrieges.
Im Zentrum der Sammelklage stehen die Vatikanbank und der Franziskanerorden. Am 30. August erlaubte das Gericht den Klägern, auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) und nicht genannte Bankinstitute in der Schweiz, Österreich, Argentinien, Spanien, Italien, Portugal und Deutschland in die Sammelklage mit
einzubeziehen.
Die beiden Anwälte der Kläger, Tom Easton und Jonathan Levy, bestätigten am Donnerstag (14.09.) einen entsprechenden Bericht der Hauptausgabe des deutschschweizer Fernsehens SF DRS.
Opfer beraubt
Die Kläger machen geltend, die Vatikanbank, der Franziskanerorden, die Schweizerische Nationalbank und die anderen Bankinstitute hätten Geld, Silber und andere «Schätze» entgegen genommen.
Diese Wertgegenstände seien den vom faschistischen Regime in Kroatien ermordeten Opfern geraubt worden. Das von Nazideutschland kreierte «Marionettenregime» in Kroation habe bis zu 700’000 Serben umgebracht.
Gold und Silber
Die Kläger stützen sich nach Auskunft der beiden Anwälte auf Dokumente des US-Aussenministeriums, die bewiesen, dass die Nationalbank beträchtliche Gold- und Silbereinlagen aus Kroatien erhalten habe. Die Dokumente zeigten auch auf, dass ein Grossteil dieser Einlagen den Opfern des Ustascha-Regimes geraubt worden seien.
Was nach dem Krieg mit diesen Vermögenswerten geschehen ist, sei nicht klar, sagte Levy gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Ein Teil davon sei mit Hilfe der Vatikanbank nach Argentinien gelangt, wohin Tausende von Ustascha-Kriegsverbrechern und deren Anhänger geflüchtet waren.
Die Kläger verlangen von der Nationalbank eine Aufklärung über den Sachverhalt und eine Rückerstattung der Einlagen sowie Auskunft über Konten des Vatikans in der Schweiz.
Nicht durch Bankenvergleich geschützt
Der Holocaust-Bankenvergleich schützt zwar die Nationalbank und die anderen Schweizer Banken vor weiteren Klagen der in der Sammeklage gegen die Banken zusammengeschlossenen Gruppen.
Doch die serbischen Opfer des faschistischen Regimes in Kroatien gehören nicht zu den vom Bankenvergleich genannten «Klassen» von Verfolgten. Es steht den Serben also frei, gegen die Nationalbank und andere schweizerische Bankinstitute zu klagen, entschied das US- Bundesbezirksgericht in San Francisco.
SNB offiziell nicht informiert
Die Nationalbank ist offiziell noch nicht über die Klage in Kenntnis gesetzt worden, wie Nationalbanksprecher Werner Abegg am Freitag auf Anfrage erklärte. Eine Klage gegen eine öffentliche Institution eines fremden Staates müsse über die Regierungsstellen der betroffenen Länder weitergeleitet werden.
Dies sei bisher nicht erfolgt. Auch die vor einigen Jahren in den USA gegen die SNB eingereichten Klagen im Zusammenhang mit Goldgeschäften mit der Deutschen Reichsbank hätten die Nationalbank offiziell nie erreicht, sagte Abegg.
Vermögenswerte wurden der Jugoslawischen Nationalbank übertragen
Die Vermögenswerte der damaligen Kroatischen Nationalbank, die bei der Schweizerischen Nationalbank lagen, seien nach dem Zweiten Weltkrieg deren Rechtsnachfolgerin, der Jugoslawischen Nationalbank, übertragen worden. Dies hätten die Berichte von Eizenstat und Bergier über den Raubgoldhandel der Schweiz aufgezeigt.
swissinfo und Agenturen

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