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Jura-Feier mit Misstönen

Ein Béliers zertrümmert den Kopf des ehemaligen Soldatendenkmals von Les Rangiers. RTS

Jurassische Separatisten zerstörten während der Feier zum 25. Geburtstag des Kantons Jura den Kopf des Soldatendenkmals von Les Rangiers "Le Fritz".

Die gewaltsame Aktion habe sich gegen die anwesende Schweizer Politprominenz gerichtet und solle an die noch nicht gelöste Jurafrage erinnern.

In seiner Festrede bezeichnete Bundespräsident Joseph Deiss die Gründung des Kantons Jura vor 25 Jahren als “wichtigste politische Leistung der Schweiz in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts”. Sie sei “beispielhaft für die friedliche Lösung eines Minderheitenproblems”.

Im Zusammenhang mit der Jurafrage erwähnte Deiss die Rolle und Funktion der Interjurassischen Versammlung als Instrument der erwünschten Versöhnung zwischen dem Jura und dem Berner Jura. “Sie ist eine wichtige Plattform, um konstruktive und friedliche Lösungen in der nach wie vor offenen Jurafrage zu finden”, sagte der Bundespräsident.

Fest der Anerkennung

Die jurassischen Kantonsbehörden hatten für die Feierlichkeiten nebst Deiss auch Regierungsdelegationen aus allen Schweizer Kantonen nach Delsberg eingeladen. Unter den Gästen war auch alt Bundesrat Kurt Furgler, der in den 1970-er Jahren für die Jurafrage zuständig gewesen war.

Mit der offiziellen Geburtstagsfeier wollte die jurassische Regierung all jenen ihre Anerkennung aussprechen, die zur Gründung des 23. Schweizer Kantons beigetragen haben.

Der Kanton Jura erlangte am 1. Januar 1979 seine Souveränität. Das Schweizer Stimmvolk hatte der Kantonsgründung am 24. September 1978 zugestimmt.

Protestaktion der Béliers

Als Protest gegen die Präsenz der Schweizer Behörden am Festakt versammelten sich gegen Mittag in Delsberg rund 100 Mitglieder und Sympathisanten der separatistischen Bélier-Gruppe. “Der Jura schuldet der Schweiz nichts”, erklärte deren Anführer.

“Die Weigerung der Bundesbehörden, in der Jurafrage ihre Verantwortung wahrzunehmen, hat zu einer Zersplitterung des Juras geführt”, fuhr er fort. “Eure patriotischen Symbole und Albernheiten werden wir in Stücke schlagen”, hiess es zum Schluss der Rede.

Danach machten sich drei vermummte Béliers mit Hammer und Meissel ans Werk. Innert wenigen Minuten war der mitgebrachte Kopf des “Fritz” gespalten.

Diesen hatten die Béliers gestohlen, als sie 1989 das steinerne Soldatendenkmal von Les Rangiers JU zum wiederholten Mal von seinem Sockel rissen.

Pfiffe für die Gäste – Kritik für die Béliers

Im Anschluss an die Protestaktion zogen die Béliers zum Schloss Delsberg, wo sich die Festgesellschaft versammelt hatte. Sie durchbrachen die Sicherheitsabschrankungen und gelangten vor den Schlosshof, wo es für die Gäste Pfiffe und Buhrufe absetzte. Danach löste sich die Kundgebung auf.

Der Präsident der jurassischen Regierung, Jean-François Roth, übte scharfe Kritik am Vorgehen der Béliers. “Die Aktion ist völlig unbegründet und dumm”, sagte Roth. Seiner Ansicht nach gibt es keine Rechtfertigung dafür, zumal die politische Situation im Jura nicht blockiert sei.

Für Bundespräsident Joseph Deiss handelte es sich um eine unnötige Provokation. Deiss hoffe, dass der demokratische Dialog zwischen den verschiedenen Gemeinschaften durch die Aktion keinen Schaden erlitten habe, erklärte ein Sprecher.

swissinfo und Agenturen

Die Leidensgeschichte von “Le Fritz”:

1924: Das Denkmal, das an die Grenzbesetzung 1914–18 erinnerte, wird in Les Rangiers feierlich eingeweiht.
1964: Eine Feier am Denkmal zu 50 Jahre Grenzbesetzung wird von jurassischen Autonomisten gewaltsam gestört.
1984: die Statue wird zum ersten Mal vom Sockel gestürzt.
1987: Vor dem Denkmal werden alte Pneus verbrannt. Die Hitze spaltet “Le Fritz”.
1989: Das Denkmal wird wieder gestürzt und dann nicht mehr aufgestellt. Kopf und Säbel werden gestohlen.
2004: Der Kopf von “Le Fritz” wird anlässlich der Feier 25 Jahre Kanton Jura von den Béliers öffentlich zerstört.

Die Gruppe Béliers hat sich schon etliche Male durch spektakuläre Aktionen gegen Bern hervorgetan:

1984 stahlen die Béliers den Unspunnenstein aus dem Tourismus-Museum in Interlaken. Erst 2001 gaben sie ihn wieder zurück.

1985 zündeten sie Sprengstoff vor dem Gerichtsgebäude in Moutier.

1986 rissen sie die 400-jährige Statue der Justitia in Bern vom Gerechtigkeitsbrunnen.

1989 zündeten die Béliers die alte Holzbrücke von Büren an der Aare an.

1993 verlor der Separatist Christophe Bader in Bern sein Leben. Bader wollte offensichtlich einen Sprengsatz zünden, der zu früh explodierte.

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