«Krim ist weg» – Marine-Inspekteur tritt nach Welle der Empörung ab
(Keystone-SDA) Nach umstrittenen Äusserungen zum Ukraine-Konflikt hat der Inspekteur der Deutschen Marine, Kay-Achim Schönbach, seinen Posten geräumt. Seine «unbedachten Äusserungen» lasteten zunehmend auf seinem Amt.
Um weiteren Schaden abzuwenden, halte er seinen Rückzug für geboten, erklärte der 56-Jährige am Samstagabend. Der Vizeadmiral hatte inmitten grösster Spannungen zwischen Russland und der Nato bei einem Auftritt in Indien Verständnis für Kremlchef Wladimir Putin geäussert. Zur russischen Annexion der ukrainischen Krim erklärte er: «Die Halbinsel Krim ist weg, sie wird nicht zurückkommen.»
Die Äusserungen lösten breite Empörung aus. Die ukrainische Regierung lud die deutsche Botschafterin Anka Feldhusen ins Aussenministerium in Kiew. Das Verteidigungsministerium in Berlin distanzierte sich von Schönbachs Äusserungen. Dieser werde «auf eigene Bitte» abgelöst und zunächst von Konteradmiral Jan Christian Kaack ersetzt, bis eine Nachfolge gefunden sei, hiess es am Samstagabend.
Schönbach hatte bei einem Auftritt in Indien mit Blick auf Putin erklärt: «Was er wirklich will, ist Respekt auf Augenhöhe. Und – mein Gott – jemandem Respekt entgegenzubringen, kostet fast nichts, kostet nichts. Also würde man mich fragen: Es ist leicht, ihm den Respekt zu geben, den er fordert – und den er vermutlich auch verdient.» Er sehe die grössere Bedrohung in China, sagte er. «Selbst wir, Indien, Deutschland, brauchen Russland, weil wir Russland gegen China brauchen», so Schönbach.
Seit der russischen Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 kämpfen im Osten der Ukraine von Moskau unterstützte Rebellen gegen die prowestliche Regierung in Kiew. Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Schönbach sagte, dass sich Russland ukrainisches Territorium aneignen wolle, sei «Nonsens».
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, sparte auch nach dem Rückzug Schönbachs nicht mit Kritik. Der Eklat hinterlasse einen Scherbenhaufen und «stelle die internationale Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit Deutschlands – nicht nur aus ukrainischer Sicht – massiv in Frage», sagte er der «Welt». «Die Ukrainer fühlten sich bei dieser herablassenden Attitüde unbewusst auch an die Schrecken der Nazi-Besatzung erinnert, als die Ukrainer als Untermenschen behandelt wurden.»
In Kiew stellte sich der Oppositionspolitiker Illja Kywa hinter Schönbach und schrieb im Nachrichtenkanal Telegram: «Er nannte die Dinge beim Namen. Ich glaube auch, dass weder die Rückgabe der Krim noch eine Nato-Mitgliedschaft noch ein EU-Beitritt möglich ist.» Eine Mitgliedschaft in der EU und Nato ist seit 2019 in der ukrainischen Verfassung als Ziel verankert. Russland fordert von dem Bündnis, schriftlich zu garantieren, dass Kiew kein Mitglied wird.