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Das Parlament der Fünften Schweiz trifft sich in Freiburg

Der frühere Genfer Nationalrat Jacques-Simon Eggly ist seit Januar 2008 Präsident der Fünften Schweiz. swissinfo.ch

Die Sommersession des Auslandschweizer-Rates beginnt am Freitag mit einem vollbeladenen Programm. Laut Jacques-Simon Eggly, Präsident der Auslandschweizer-Organisation, geht es um die EU, E-Voting und um das Schicksal der "Schweizer Revue".

swissinfo: Hauptthema in Freiburg sind die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU. Im Hinblick auf die Abstimmung im kommenden Jahr?

Jacques-Simon Eggly: Ja. Die Diskussion wird vielleicht weniger heiss sein als wir dachten. Dies, weil das Schweizer Parlament entschieden hat, die Abstimmung über die Verlängerung des Personenfreizügigkeits-Abkommens und dessen Erweiterung auf Rumänien und Bulgarien dem Volk in einem Paket zu unterbreiten.

Da sich die Schweizerische Volkspartei (SVP) der Unterschriftensammlung für ein Referendum dagegen nicht anschliessen will, scheint alles etwas weniger dramatisch. Aber die Debatte über das Thema wird dennoch interessant sein.

swissinfo: An der Sommersession des Auslandschweizerrates werden Sie zur Verteidigung der “Schweizer Revue” sicher auf die Barrikaden gehen.

J.-S. E.: Das ist derzeit unsere grösste Sorge. Wir führen mit dem Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), sagen wir mal, gespannte Gespräche. Wir hoffen, dass eine Lösung gefunden werden kann, denn die 400’000 (auf insgesamt 670’000) Auslandschweizer, welche die Schweizer Revue erhalten, sollen dieses Recht weiterhin haben.

Wir haben mit dem EDA einen Vertrag bis 2009. Für die Zeit danach wurde bisher noch nichts beschlossen. Aber jeder Beschluss muss auf jeden Fall vom Auslandschweizerrat gutgeheissen werden. Wir werden dafür kämpfen, dass die Bezüger der Revue weiterhin ihr Recht auf Information haben, in welcher Form auch immer.

swissinfo: Ihr Protest gegen die Schliessung der Schweizer Konsulate in Bordeaux und Hamburg hat in Bern nicht viel bewirkt…

J.-S. E.: Wir bedauern dieses fait accompli. Die Schliessung der Konsulate ist ein Verlust für die Schweiz. Wir versuchen, diesen Prozess einzudämmen.

Andererseits wollen wir die Rolle des Honorarkonsuls aufwerten und professionalisieren (heute gibt es keine Berufshonorarkonsule). Wir bieten zum Beispiel eine entsprechende Ausbildung an.

swissinfo: Dann geht es sicher auch um E-Voting für die Schweizer im Ausland?

J.-S. E.: Ja, wir sind zufrieden mit der Entwicklung der “Cyberadministration”, die administrativen Schritte zu modernisieren und zu vereinfachen.

Natürlich engagieren wir uns stark für das E-Voting der Landsleute im Ausland, glücklicherweise mit der Unterstützung des EDA, dessen Vorsteherin Micheline Calmy-Rey und der neuen Bundeskanzlerin.

Aber wir stehen einmal mehr vor dem Problem eines föderalistischen Staates, denn das Auszählen der Stimm- und Wahlzettel geschieht in den Kantonen. Es gibt auf diesem Gebiet zwar Pilotkantone (Genf, Neuenburg und Zürich), aber auch dort gibt es Diskussionen. Ich bin dabei, Druck auf meinen Kanton Genf auszuüben, damit das System ausgeweitet wird und wir zu einer Art Modell für die anderen Kantone werden. Es gibt jedoch Widerstand.

Wir hoffen, dass E-Voting bei den nächsten nationalen Wahlen 2011 funktionstüchtig ist, aber alles deutet darauf hin, dass es nicht vor…2015 möglich wird. Kurz: Das Projekt lässt auf sich warten.

swissinfo: Wie steht es mit einem weiteren Dauerbrenner, nämlich der politischen Vertretung der Fünften Schweiz?

J.-S. E.: Wir sind offen für Diskussionen. Es ist uns auch hier einmal mehr bewusst, dass man sich in diesem föderalistischen Staat nicht leicht vorstellen kann, dass Auslandschweizer direkt ins Parlament gewählt werden könnten.

Das dürfte sich im Herbst zeigen, wenn über die parlamentarische Initiative des sozialdemokratischen Genfer Nationalrates Carlo Sommaruga entschieden wird, die einen 27. Kanton für die Auslandschweizer schaffen will.

Um die Interessen der Schweizer im Ausland direkt zu verteidigen, müssen wir in erster Linie den repräsentativen Charakter unseres Rates stärken – zusammen mit den Auslandschweizer Vereinen in den verschiedenen Ländern.

swissinfo-Interview: Isabelle Eichenberger
(Übertragung aus dem Französischen: Gaby Ochsenbein und Jean-Michel Berthoud)

Der ASR ist das Sprachrohr der Fünften Schweiz und vertritt gegenüber den Schweizer Behörden die Interessen aller Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.

Dieses “Parlament der Fünften Schweiz” tagt zweimal jährlich in der Schweiz, um zu wichtigen Fragen der Auslandschweizerpolitik Stellung zu nehmen.

Der Rat tritt jeweils im Frühling und später im Rahmen des Auslandschweizer-Kongresses im Spätsommer zusammen. In diesem Jahr findet der Kongress vom 22. – 24. August in Freiburg statt.

Die Zeitschrift für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer wird von der Auslandschweizer-Organisation (ASO)publiziert, welche die Interessen der Fünften Schweiz wahrnimmt.

Die Schweizer Revue erscheint im 35. Jahrgang in deutscher, französischer, italienischer, englischer und spanischer Sprache in einer Gesamtauflage von 400’000 Exemplaren.

Sie wird an die 670’000 registrierten Schweizerinnen und Schweizern im Ausland gratis versandt.

Sie soll die Auslandschweizer über wesentliche Entwicklungen in der Schweiz auf dem Laufenden halten und enthält unter anderem Erläuterungen über Gesetze, Rechte und Pflichten, die Auslandschweizer direkt angehen.

Gegen 120’000 Schweizerinnen und Schweizer aus dem Ausland haben sich auf den Wahllisten eingetragen und nehmen am politschen Leben der Schweiz teil.

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