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Die Jahre der satten Kulturbudgets sind vorbei

David Streiff, Direktor des Bundesamtes für Kultur BAK Keystone

Grössere Kulturveranstaltungen werden in Zukunft nicht mehr ohne Sponsoring möglich sein. Dies sagt David Streiff, der seit zehn Jahren an der Spitze des Bundesamtes für Kultur BAK steht.

Da das BAK-Budget in den nächsten Jahren schrumpfen werde, müssten einzelne Bereiche zurückgefahren oder gar geopfert werden.

David Streiff ist seit 10 Jahren Direktor des Bundesamts für Kultur, das den grössten Teil der öffentlichen Gelder für Kultur vergibt. “Die Kulturpolitik hat grosse Fortschritte gemacht”, meint er, “obwohl Kultur nicht zu den brennenden Themen des Bunds gehört”.

In zehn Jahren seien die Gesuche von Kunstschaffenden und Institutionen “beträchtlich angestiegen”, erklärt der BAK-Direktor im Gespräch mit der sda. Die Tätigkeitsfelder des Amts hätten sich erheblich erweitert und umfassten heute etwa auch digitale Kunst, Design, Tanzförderung und Ermittlungen über Raubkunst.

Das wichtigste Unternehmen, vor Jahren schon in Angriff genommen, sei das des neuen Kulturförderungs-Gesetzes, das die Rolle des Bundesstaats definiert. Es sollte Ende Sommer in die Vernehmlassung gehen.

David Streiff erinnert daran, dass die Aufgabe des Staates nicht etwa darin bestehe, eine “Staatskultur” zu etablieren, Kritiker zu spielen oder die schöpferische Freiheit zu beschneiden. “Im Gegenteil, wir versuchen, Talente zu ermutigen und Kulturleistungen und -erbe zu bewahren.”

Magere Zeiten

Das BAK verfügt über 225 Mio. Franken für das Jahr 2004, 45 Mio. mehr als am 12. Januar 1994, als der Glarner Streiff seinen Posten antrat. Das Amt beschäftigte damals 300 Personen gegenüber heute 500, wovon viele in Teilzeit.

Die Erhöhung des Budgets ist vornehmlich geduldiger Überzeugungsarbeit bei den parlamentarischen Kommissionen zu verdanken und der Unterstützung durch den Departementschef des Inneren, von dem das BAK abhängt. Dennoch stehen relativ magere Jahre bevor.

Interessenkonflikt

Die Bundeskasse veranschlagt ein beträchtliches Defizit, das saniert werden will. Der BAK-Chef weiss, dass sein Budget seinen Höchststand erreicht hat und sich in den kommenden drei Jahren wieder verringern wird. “Wir müssen planen, wie unser Budget anders eingeteilt werden kann und festlegen, was geopfert werden darf.”

Im Spannungsfeld von Interessenkonflikten erweisen sich diese Diskussionen als schwierig. “Es ziehen nicht alle am selben Strang. Wer beispielsweise für die Bewahrung des Kulturerbes kämpft, hat nicht dieselben Interessen wie jemand, der sich dafür engagiert, dass die Schweizerische Landesbibliothek von der Öffentlichkeit besser wahrgenommen wird.”

Sponsorensuche

Die Ankunft von Pascal Couchepin im Departement des Inneren hat gleichsam radikalere Veränderungsperspektiven eröffnet. Um auch ohne zusätzliche Gelder der öffentlichen Hand mehr Leistung zu erbringen, plant das BAK, einige Aufgaben abzugeben und zu diesem Zweck den Dialog mit privaten Unternehmen zu intensivieren.

“Für grosse Ausstellungs- und Publikationsprojekte müssen wir Sponsoren finden”, sagt Streiff. “Damit haben wir schon vor der Ankunft Pascal Couchepins begonnen. Seine Beziehungen werden uns helfen!”

Die Auswirkung der Kultur auf die Wirtschaft werde “völlig unterschätzt”, präzisiert der BAK-Chef. Das Potenzial des Kulturtourismus’ sei “enorm”, vor allem von Museen und zeitgenössischer Kunst, und sei noch lange nicht ausreichend ausgeschöpft worden von den Tourismus-Verantwortlichen.

Mangelnde Kohärenz

Auch nach zehn Jahren im Amt beschleicht David Streiff gelegentlich ein Gefühl des Ungenügens, wie er gesteht. “Es ist mir nicht gelungen, den Zusammenhalt im Amt zu verbessern, immer noch arbeitet jeder zu sehr in seiner eigenen Ecke.”

Zur Kritik, es mangle ihm an Voraussicht, meint er, er sei nun mal nicht “der Ritter, der den Weg weist. Ich habe stattdessen versucht, mich mit starken, kompetenten Persönlichkeiten zu umgeben, jedes Problem bestmöglich zu lösen und Brücken zu schlagen zwischen verschiedenen Domänen.”

Obwohl im Zentrum der Kulturpolitik, hat David Streiff, wie er sagt, weder politische noch künstlerische Ambitionen. Der frühere Direktor des Filmfestivals von Locarno empfindet auch keine Übersättigung in seiner Arbeit, denn “es gibt immer neue Herausforderungen, neue Parlamentarier und gelegentlich, wie mit Pascal Couchepin, sogar einen neuen Chef!”

swissinfo und Philippe Triverio (sda)

Das BAK verfügt über ein Budget von 225 Mio. Franken für das Jahr 2004 und einen Personalbestand von 500 Mitarbeitenden

Die Kulturstiftung Pro Helvetia gehört zu den wichtigsten Institutionen, die vom BAK unterstützt werden. Sie erhält vom Staat jährlich rund 35 Mio. Franken.

Seit einiger Zeit wird diskutiert, wie die Aufgaben zwischen dem BAK und Pro Helvetia neu verteilt werden könnten.

Bis im Sommer soll nun eine Lösung gefunden werden. Parallel dazu laufen die Diskussionen über das Kulturförderungs-Gesetz und das revidierte Bundesgesetz zu Pro Helvetia.

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