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Die Kunst der Fotografie

Balthasar Burkhard, Mexico-City, 1999. Kunstmuseum Bern

Das Kunstmuseum Bern zeigt die bisherigen Stationen im Schaffen des Schweizer Fotokünstlers Balthasar Burkhard.

Das dunkeltonige Werk des Berners entwickelte sich in den letzten zwanzig Jahren aus dem stetigen Dialog mit der Kunst.

Der Einstieg in die Fotografie hätte nicht spektakulärer sein können: Als Schüler des Berner Fotografen Kurt Blum wurde der 1944 geborene Balthasar Burkhard in den sechziger Jahren Dokumentalist der legendären Ausstellungen von Harald Szeemann in der Kunsthalle Bern.

Dort, wo internationale Kunst auf die lokale Kunstszene stiess, entstand eine anregende Dynamik, die beispielsweise zur Zusammenarbeit mit dem Berner Künstler Markus Raetz führte. Daraus gingen Burkhards innovative Foto-Leinwände der 70er Jahre hervor: grosse dunkle Ansichten von leeren Innenräumen auf Leinwand, mit denen der Fotograf in Chicago zum Künstler avancierte.

Burkhards bewussten Schritt zum Fotokünstler ortet der Museumsleiter Matthias Frehner erst bei den enorm vergrösserten Körperteilen, die sich der traditionellen Aufgabe der Fotografie nach Übersicht und Vollständigkeit verweigern. Mit solchen Schwarzweiss-Aufnahmen beginnt im Treppenhaus des Neubaus die hervorragend inszenierte Schau.

Bildverweise



Zwei von unten belichtete männliche Torsi lenken rechts den Blick hinauf zu einem von oben beleuchteten, lang ausgestreckt liegenden weiblichen Akt. Dessen bis zu den Fingerspitzen ausgestreckter Arm führt links wieder hinunter zu einer hängenden Hand, zu fallenden Lilienblättern, zu Blüten und Knospen.

Burkhards Fotografie der letzten zwanzig Jahre entwickelt sich aus der stetigen Zwiesprache mit der Kunst. So verweist die einzige frontal gezeigte Rückenansicht eines zweiten weiblichen Aktes auf Man Rays berühmte Fotografie “Violon d`Ingres” von 1924.

Und einer der beiden männlichen Torsi im Treppenhaus ist mit überdehntem Arm wie Christus am Kreuz dargestellt. Von unten gegen die Achselhöhle hin fotografiert, erscheinen die Rippen des nach vorn gewölbten Brustkastens wie Wellen oder Hügel.

Ein Vergleich mit den im Erdgeschoss des Neubaus gezeigten Wüstenlandschaften verdeutlicht Burkhards Inszenierungskunst. Die aus dem Flugzeug aufgenommenen Dünen ähneln erstaunlich den im Atelier fotografierten Rippen.

Bildvisionen



Wenn Körper zur Landschaft werden und sich Landschaften an Hautoberflächen angleichen, gibt sich Fotografie als Kunst zu erkennen. Visionen von der Unendlichkeit im Grossen wie im Kleinen werden sichtbar gemacht an der abgelichteten Wirklichkeit.

Burkhards Fotografien aus der Vogelperspektive von Stadträndern internationaler Metropolen können abbildhaft als Häusermeer mit Strassenschluchten und konkret als Schachbrettmuster wahrgenommen werden.

Diese Mehrdeutigkeit ist Teil der Kunst, die auch an den neusten Fotografien von Chicago City erkennbar wird. Die kurz vor Tagesanbruch fotografierten Hochhäuser wirken wie dunkle, vom Licht der erleuchteten Fenster durchsetzte Giganten.

swissinfo und Agenturen

Die Ausstellung “Omnia – alles” ist im Berner Kunstmuseum zu sehen.

Sie dauert bis zum 24. Oktober 2004.

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