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Jagd auf Schmuggler

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An der Grenze wird nach wie vor fleissig geschmuggelt: Gold, Heizöl, Drogen, Medikamente und vieles mehr. Der Schmuggel über die Grenze hat eine lange Tradition, wie das Schweizerische Zollmuseum in Gandria im Kanton Tessin aufzeigt.

Mit der operativen Umsetzung von Schengen/Dublin entfallen die Personenkontrollen an der Grenze, nicht aber die Zollkontrollen. Zoll und Grenzwächter werden somit weiterhin eine wichtige Aufgabe erfüllen.

In den vergangenen Monaten wurde an der Grenze zwischen dem Tessin und Italien wiederholt grosse Mengen undeklarierte Ware entdeckt. So wurden etwa am Übergang Chiasso-Brogeda 53 Kilogramm an Goldbarren sichergestellt.

Auch schwarzes Gold, Öl, konnte in jüngster Zeit häufig beschlagnahmt werden. Die unterschiedlichen Preise zwischen Italien und der Schweiz führen dazu, dass Heizöl vom Tessin nach Italien geschmuggelt wurde, um es dort mit Gewinn zu verkaufen.

Einsame Grenzwachtkaserne

Die lange Tradition des Schmuggels und ihrer Bekämpfung durch die Zollbehörden wird im Schweizerischen Zollmuseum von Gandria dokumentiert. Dieses kleine Museum steht am schattigen Südufer des Luganersees vis à vis von Gandria. Weil sich dort auch Speicher und Lagerstätten befinden, wird der Ort «Cantine di Gandria» genannt.

Die ehemalige Grenzwachtkaserne ist allerdings nur mit dem Schiff oder über eine längere Wanderung erreichbar. Die Einsamkeit, welche die Grenzwächter einst an diesem Ort erlebt haben müssen, wird ein Stück weit spürbar.

Im Museum und im Garten wird mit wenigen Exponaten und Schrifttafeln erklärt, welche Aufgaben Zoll und Grenzwache haben und was geschmuggelt wird. Im Erdgeschoss sind die Räume, in denen einst Zöllner lebten, originalgetreu nachgestellt. Der Titel «Läuse und Mäuse» unterstreicht, dass das Leben im Zollhaus keineswegs luxuriös war.

Wachsamkeit gefragt

Gezeigt werden Koffer, Taschen, aber auch Schuhabsätze mit doppelten Böden oder andere Verstecke. «In scheinbar harmlosen Gegenständen verstecken Kuriere verbotenes Schmuggelgut» heisst es – darunter auch Drogen.

Insbesondere beim Rauschgiftschmuggel sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Nicht nur Kleidung und Gepäckstücke werden verwendet. Es werden auch mit Betäubungsmitteln gefüllte Kapseln geschluckt. Kokain wurde auch schon in Golfschlägern gefunden.

Die Wachsamkeit der Zöllner ist stets gefragt. So wird das Beispiel eines Tanklastwagens genannt, der am Grenzübergang Basel seine Ladung an Dieseltreibstoff als Heizöl deklariert. Wäre die falsche Angabe unaufgedeckt geblieben, hätte der Händler Zölle in Höhe von 20’000 Franken hinterzogen. Denn für Treibstoff werden höhere Abgaben verlangt als für Heizöl.

Kitsch und Kunst

Die Arbeit der Zöllner verlangt mitunter viel Fingerspitzengefühl. Beispiel Kunst. Krimskrams, Kitsch und Kunst sind nicht immer einfach auseinanderzuhalten. Oft braucht es Experten, um festzustellen, ob es sich bei einer Vase um Plunder oder ein kostbare Antiquität handelt.

Es kann sich auch um Raubgut oder illegale Ware handeln. Die Schweiz gehört neben den USA, England und Frankreich zu den wichtigsten Kunsthandelsplätzen der Welt.

Ob Lebensmittel, gefälschte Marken-Handtaschen oder Zigaretten: Praktisch bei allen Waren gibt es Versuche, sie illegal ein- oder auszuführen. «Gefälscht wird alles, was sich lohnt, vor allem aber teure Luxusartikel bekannter Labels: Kleider, Schuhe, Uhren», heisst es auf einer grossen Tafel.

Und was passiert mit gefälschten Marken-Uhren, die der Zoll beschlagnahmt? Ganz einfach: Sie werden vernichtet.

swissinfo, Gerhard Lob, Gandria

Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) findet immer häufiger illegal eingeführte Medikamente.

Auch Lebensmittel-Schmugglern kommt sie regelmässig auf die Spur.

Insgesamt hat die EZV im Jahr 2008 175 Tonnen Waren beschlagnahmt.

Am häufigsten wurden Muskelaufbau- und Dopingpräparate sowie Schlankheitsmittel geschmuggelt.

Bei den Lebensmitteln beschlagnahmten die Zöllner vor allem Früchte und Gemüse sowie Getreide und Fleischwaren.

In 7000 Fällen ermittelte die Zollfahndung wegen organisierten Schmuggels. Dabei geht es vor allem um die Hinterziehung von Mehrwertsteuer.

Geschmuggelt werden neben Lebensmittel auch Tiere, Spirituosen, Tabakwaren, Mineralöl oder geraubte Kulturgüter.

Das Schweizer Zollmuseum gehört seit 1978 zum Schweizerischen Landesmuseum (SLM), dessen Hauptsitz sich in Zürich befindet. Es ist dem Bundesamt für Kultur (BAK) unterstellt, wird aber massgeblich von der Oberzolldirektion mitfinanziert.

Das Museum ist in der Regel von Palmsonntag bis Mitte Oktober geöffnet (13.30 – 17.30 Uhr) und am besten per Schiff von Lugano aus erreichbar.

Wie die Schweiz hat auch Italien „Schmugglermuseen». Im Gegensatz zum Schweizerischen Zollmuseum setzen die italienischen Kleinmuseum aber vor allem auf historische Aspekte, als Schmuggler mit Körben über Bergewege und die grüne Grenze zwischen der Schweiz und Italien pendelten und noch Reis, Kaffee und Zigaretten auf ihren Schultern transportierten.

Ein kleines Museum befindet sich in Erbonne, einer kleiner Fraktion von San Fedele Intelvi (Como), ein anderes in Macugnaga unweit von Domodossola.

Die Schweizer Grenze ist 1881, 8 Kilometer lang. Sie stösst dabei an die Nachbarstaaten mit folgenden Grenzlängen: Italien (741,3 km), Frankreich (571,8), Deutschland (362,5), Österreich (165,1), Liechtenstein (41,1 km)

Im Zollmuseum von Gandria sind im Grenzsteingarten die schönsten Grenzsteine aus allen Landesgegenden der Schweiz zu sehen.

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