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Mit Pavarottis Tod verliert die Oper ihre “Naturstimme”

Keystone

Der grösste Tenor des 20. Jahrhunderts nach Caruso ist am Donnerstag im Alter von 71 Jahren an Bauchspeicheldrüsen-Krebs gestorben. Am Samstag wird er in Modena begraben.

Mit seiner “Naturstimme” habe Luciano Pavarotti viel zur Demokratisierung der Oper beigetragen, sagt der Genfer Musikologe Alain Perroux.

Bei Pavarotti war im vergangenen Jahr ein Krebsleiden an der Bauchspeicheldrüse diagnostiziert worden.

Zwar wurde ihm der Tumor von Spezialisten entfernt, der Sänger erholte sich nach der Operation jedoch nicht mehr. Er lebte seither zurückgezogen mit seiner Frau Nicoletta Mantovani und der gemeinsamen Tochter Alice in seinem Haus in Modena.

“In den letzten zwei Monaten sind verschiedene Opernsänger verschieden”, sagt Alain Perroux, Genfer Musikologe und Mitarbeiter des Genfer Grand Théâtre, gegenüber swissinfo. “Régine Crespin zum Beispiel, und jetzt Pavarotti. In den 70er- und 80er-Jahren hat Pavarotti viel zur Demokratisierung der Oper beigetragen.”

Er sei aber auch eine Celebrity gewesen, mit allen diskutablen Aspekten wie der Affäre mit seiner Sekretärin.

Als Unbekannter im Opernhaus Zürich

“Als er noch ganz unbekannt war, trat er als junger Tenor im Opernhaus Zürich auf”, sagt Aviel Kahn, ehemaliger Operndirektor im Stadttheater Bern und designierter Intendant der flämischen Oper Antwerpen.

Zur Schweiz habe Pavarotti keine spezielle Beziehung gehabt, doch habe er später im Zürcher Hallenstadion gastiert. Am Ende seiner Karriere habe er noch einen Liederabend im Opernhaus Zürich gegeben, so Kahn gegenüber swissinfo.

“Es ist eigentlich die Stimme, die mich mitunter am meisten in meiner Opernbegeisterung geprägt hat. Die Tenorstimme von Pavarotti ist von so einer Schönheit und Natürlichkeit, wie es nur wenige gibt,” so Kahn.

Laut Alain Perroux verfügen die modernen klassischen Sänger über eine schöne Stimme und ein entsprechendes Äusseres.

“Pavarotti war die Inkarnation des Monstre sacré: Imposant, ein guter Schauspieler, dessen unglaublich leichte Stimme verführte”, sagt Perroux gegenüber swissinfo. “Man hatte das Gefühl, er singe ohne Anstrengung – eine Naturstimme eben.”

Karriereende hinausgeschoben

Seinen letzten grossen Auftritt hatte Pavarotti bei der Eröffnung der Olympischen Winterspiele im Februar 2006 in Turin, als er noch einmal mit seinem Paradestück “Nessun Dorma” aus Puccinis “Turandot” ein Milliardenpublikum begeisterte.

Viele Fans waren zu Tränen gerührt, als “Big Luciano” noch einmal den Jubel der begeisterten Zuschauer in sich aufsog. Pavarotti hatte in den vergangenen Jahren mehrfach gesundheitliche Probleme.

Immer wieder musste er Konzerte etwa wegen Rückenproblemen absagen, er wollte aber dennoch sein Karriereende hinausschieben.

Selbst seine grössten Fans hatten sich gefragt, warum er sich den Stress der Konzertreisen noch immer antat.

Stimme als “göttliches Geschenk”

Pavarottis Karriere begann Anfang der 60er-Jahre, vor allem mit der Rolle des Rudolf in “La Bohème”. Als er 1964 am Covent Garden in London für den erkrankten Giuseppe Di Stefano einsprang, gelang Pavarotti der Durchbruch. 1966 folgte das Debüt an der Mailänder “Scala”, zwei Jahre später an der New Yorker “Met”.

In seinen grossen Zeiten schaffte er es, auf einer Partiturzeile gleich neun Mal auf ein hohes C zu kommen. 1988 bekam er in Berlin 115 Vorhänge. “Ich war mir immer bewusst, dass die Stimme ein göttliches Geschenk ist”, sagte er einmal.

Grösster Klassiker-Bestseller

Noch bekannter wurde Pavarotti durch die Auftritte der “Drei Tenöre” mit Plácido Domingo und José Carreras. 1990 nutzte das Trio die Fussball-WM in Italien zum weltweit ausgestrahlten Auftritt.

Der Live-Mitschnitt wurde mit mehr als zehn Millionen verkauften Platten und CDs zum “grössten Klassiker-Bestseller der Schallplattengeschichte”.

swissinfo und Agenturen

Pavarotti kam am 12. Oktober 1935 in Modena in Italien zur Welt.

In den 40 Jahren seiner Karriere wurde er als der grösste Tenor eingestuft. Seine Opern trug er in den besten Häusern der Welt vor.

Seine schwergewichtige Silhuette und sein breites Lachen prägten die Bühnen von der Scala in Mailand bis zur Metropolitan Opera in New York, aber auch Auftritte wie beim Eiffelturm (zusammen mit José Carrera und Placido Domingo), auf dem Roten Platz in Moskau oder in der Verbotenen Stadt von Peking.

1961 debütierte er als Anfänger in der Rolle des Rudolf in “Bohème” von Puccini.

Er galt als Pferdenarr, liebte gutes Essen und Wein.

Auch zögerte er nie, seine musikalischen Register zu variieren, während Wohltätigkeits-Konzerten oder bei gemeinsamen Auftritten mit Grössen des Show Business, wie Sting, Joe Cocker oder Mariah Carey.

1995 trennte er sich von seiner Ehefrau Adua, die er 1960 geheiratet hatte und mit der er 3 Töchter hatte.

2003 heiratete er seine Sekretärin Nicoletta Mantovani, im gleichen Jahr kam seine vierte Tochter zur Welt.

Seit 2002 war er Grossvater.

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