Presseschau vom 21.08.2003
Endlich sind sie da – aber wer bezahlt die Kosten? Diese und weitere Fragen trüben nach Ansicht der Kommentatoren die Freude über die Rückkehr der Sahara-Geiseln.
Auch der Streit ums Nationalbankgold sorgt einmal mehr für erhitzte Gemüter.
Dass die Umstände der Geiselbefreiung vermutlich immer im Dunkeln bleiben werden, steht in allen Zeitungen zum Ende des Wüstendramas im Vordergrund.
«Emotion et questions sans réponse»
titelt etwa die Genfer Zeitung LE TEMPS und unterstreicht die Absicht der Schweizer Behörden, die Entführer nicht «unbestraft» davon kommen zu lassen. Das dürfte jedoch, so das Blatt, ein mehr als schwieriges Unterfangen sein.
Überdrehtes Medienecho
Der Zürcher TAGES-ANZEIGER fragt, ob es nicht angezeigt wäre, dass Touristen, die sich selber in Gefahr begeben, für die Folgen ihrer Abenteuerferien behaftet werden und Mitverantwortung tragen:
Überhaupt mische sich in die Freude und Erleichterung über die Freilassung auch Unbehagen, schreibt der TAGI:
«Das hat schon mit der Aufmerksamkeit zu tun, die diesen wenigen Geiseln entgegen gebracht wird, während Zehntausende von Verschwundenen irgendwo auf der Welt verzweifeln, weil sich ausser Menschenrechts-Organisationen niemand für sie interessiert.»
Ob der Heimatstaat im übrigen Lösegeld bezahlt habe, werde wohl nie zu erfahren sein, und das zu Recht. Damit stimmt auch die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG überein, denn:
«Wenn nun öffentlich würde, dass und in welcher Höhe die Schweiz Lösegeld bezahlt hätte, würde dies eine Gefährdung schweizerischer Staatsangehöriger in unsicheren Gebieten bedeuten. Oder anders ausgedrückt: Der ‹Wert› einer Schweizer Geisel wäre quantifizierbar.»
Endloser Streit ums Gold
Ob das jüngste Lösungsmodell des Bundes zur Verteilung der Erträge aus dem überschüssigen Nationalbankgold eine Chance hat, scheint nach Einschätzung des Berner BUNDS höchst fraglich:
«Als wahrscheinliches Szenario zeichnet sich ab, dass der Nationalrat dank der unheiligen Allianz von SP und SVP die Golderträge an die AHV umleitet und dass der Ständerat im Sinne des Bundesrats entscheidet.»
Wer am Schluss die Oberhand behalte, sei völlig offen, und am Schluss entscheide sowieso das Volk.
«Nationalbankgold verfassungstreu einsetzen», titelt die BASLER ZEITUNG zum Verteilerschlüssel des Bundesrats, der nichts davon halte, die Geldschleuse in Richtung AHV zu öffnen, weil die Nationalbank dadurch politsch stark unter Druck käme.
Ohne Ende sei dieser Streit ums Gold, schreibt die BERNER ZEITUNG, BZ, über dem Bild eines Finanzministers mit Stirnfalten und übermüdetem Ausdruck. Kaspar Villiger mache sich keine Illusionen:
«Der Gold-Verteilschlüssel des Bundesrates wird es im Parlament schwer haben.»
Davon ist auch die NEUE LUZERNER ZEITUNG überzeugt, denn:
«Seit dem Herbst 2002 hat sich am finanz- und gesellschaftspolitischen Himmel viel geändert.»
Keine Chance gegen die ‹Grande Nation›
Dass die Schweizer Fussball-Nati in Genf gegen Frankreich ein 0:2 einstecken musste empört den BLICK. Höchst bieder seien Kuhns Spieler aufgetreten, ohne Selbstvertrauen:
«Schweizer machten vor Franzosen in die Hosen»
lautet die derbe Schlagzeile des Boulevardblatts. Doch sei dies kein Grund zu verzweifeln. Vergessen solle man das Fiasko:
«Denn die tröstliche Nachricht erreicht Kuhn & Co. aus Moskau. Dort verlor Russland gegen Israel 1:2. In der EM-Qualifikation am 10. September in Moskau ist der Gegner lange nicht so sattelfest wie die Fussball-Ästheten aus der Grande Nation.»
swissinfo, Monika Lüthi

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