Presseschau vom 23.10.2002
Der Stellenbau bei der Post bewegt die Gemüter in der Schweiz.
Der Kahlschlag beim Gelben Riesen ist auch das Hauptthema in den Medien.
Die PTT reduzieren die Anzahl der Briefzentren und bauen 2500 Stellen ab. «Unsinniger Kahlschlag» kommentiert der TAGES-ANZEIGER und:
«Es ist richtig, dass der Postchef die Kosten reduzieren will. Dass er aber bei den Briefpostzentren zu einem Kahlschlag ansetzt, ist Unsinn.»
Ins gleiche Horn stösst der BLICK: «Der Gygi-Schocker – 8500 Pöstler zittern um ihren Job.» Laut dem Boulevard-Blatt führt die Schliessung von 18 Briefverteil-Zentren zu «Wut, Ohnmacht und Zukunftsangst».
Brutale Massnahme
Die Rationalisierungs-Massnahmen der PTT werden auch im LE TEMPS thematisiert.
«Es ist die Brutalität der Massnahme, die schockiert», kommentiert die Zeitung und: «Der Gelbe Riese will mit einer Rosskur der Öffnung des Postmarkts entgegentreten.» Die Westschweizer Zeitung fragt sich:
«Entspricht die Konzentration von Arbeitsplätzen und Dienstleistungen zwischen Zürich und Bern einer sinnvollen und gerechten Nutzung des Territoriums?» Und: «Wie sollen die Bürger verstehen, dass ausgerechnet ein Staatsbetrieb der Auslöser für die grösste nationale Massenentlassung ist?»
Reorganisation notwendig
Die AARGAUER ZEITUNG titelt: «Schmerzhaft, aber nötig» und «Ausgerechnet der SP-Mann Ulrich Gygi, ein ehemaliger Beamter, krempelt die Post um wie kein Konzernchef vor ihm.» Die Zeitung kommt jedoch zum Schluss:
«Die einzige Alternative zur schlanken Gygi-Post ist eine staatlich subventionierte Ballenberg-Post. Eine Illusion angesichts der leeren Bundeskasse.»
Im BUND ist zu lesen: «Die Post trimmt sich für den Wettbewerb.» Und: «Der Stellenabbau ist hart für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber immerhin kann man der Post zugute halten, dass sie frühzeitig informiert.»
Die Gewerkschaften sind empört über das Vorgehen der PTT. Der BUND meint dazu: «Die Gewerkschaften verfolgen das gleiche Ziel wie die Unternehmensleitung der Post: Möglichst viele und hoffentlich auch zukunftsträchtige Arbeitsplätze zu erhalten.»
Service public als Argument
Die BAZ schreibt: «Im Mittelland geht die Post ab», und «Dass der Service public seinen Preis hat, ist allen klar. In diesem Fall beträgt der Preis den Abbau von 2500 Stellen.»
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG fragt: «Welche Post brauchen wir?» und: «Sichtbar geworden sind die ersten Konturen eines gemischtwirtschaftlich geführten modernen Service-public-Unternehmens, das die Gratwanderung zwischen der postalischen Grundversorgung und seiner unternehmerischen Rentabilität antritt.»
Das Fazit der NZZ: «Es braucht Mut, in Zeiten gehäufter Grounding-Gefahr und landesweiter Angst um Arbeitsplätze vier Jahre im Voraus einen vierstelligen Stellenabbau anzukündigen und diese Hiobsbotschaft erst noch in ungeschminkter Härte zu kommunizieren.»
Die BERNER ZEITUNG kommentiert: «Hart, aber letztlich vernünftig» und: «Dennoch kann man der Post nicht verübeln, dass sie ihre Logistik schlanker organisiert. Erbrächte sie ihre Dienstleistungen auf offensichtlich ineffiziente Weise, müsste man ihr zum Vorwurf machen, sie werfe das Geld zum Fenster hinaus – das Geld ihrer Kunden notabene.»
swissinfo, Elvira Wiegers

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