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Regisseur Benno Besson ist tot

Besson 2003 bei einem Treffen mit Studierenden der Westschweizer Hochschule für Theater. Keystone

Der Schweizer Benno Besson, einer der ganz Grossen des Europäischen Theaters, ist am Donnerstag 83-jährig in einem Berliner Spital gestorben.

Der Waadtländer Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter machte die Romandie mit Frisch bekannt, Frankreich mit Brecht und Deutschland mit Molière.

Benno Besson realisierte insgesamt über 50 Theateraufführungen, darunter zahlreiche Brecht-Stücke, aber auch klassische Dramen von Shakespeare oder Sophokles. Seine Inszenierungen waren immer gesellschaftskritisch, sein Stil wurde oft vom Grotesken geprägt.

Der am 4. November 1922 in der Nähe von Yverdon geborene René-Benjamin Besson gründete schon als 20-Jähriger eine Laienschauspieltruppe und arbeitete während seinem Anglistik- und Romanistik-Studium als Regieassistent am Zürcher Schauspielhaus.

Nicht “intellektuell” genug für Brecht

Seine erste eigene Inszenierung war 1946 “Die Drei Soldaten” von Bertolt Brecht. 1947 ging Besson nach Paris und reiste von dort aus mit Brechts “Die Ausnahme und die Regel” und Molière-Stücken durch die französische Besatzungszone in Deutschland.

1948 begegnete er Brecht in Zürich und folgte ihm ein Jahr später nach Ostberlin ans Berliner Ensemble. Bis 1958 führte Besson dort Regie, Brecht liess ihm relativ freie Hand. Ein Brecht-Schüler sei er jedoch nie gewesen, sagte er, dazu habe es ihm an Intellektualität gemangelt.

Durchbruch mit “Frieden”

Der ganz grosse Erfolg kam für Besson 1962 am Deutschen Theater mit seinen Inszenierungen des “Frieden” von Aristophanes in der Bearbeitung von Hacks.

Auch “Der Drachen” von Jewgeni Schwarz und der “Oedipus Tyrann” von Sophokles waren legendäre Inszenierungen, die am Beginn einer Arbeit standen, die das Theater, nicht nur in Berlin, nachhaltig beeinflusste.

1978 verliess er Berlin, um sich als freier Regisseur in ganz Europa zu betätigen. Zwischen 1982 und 1989 war er Direktor der Genfer Bühne La Comédie. Dabei berief er junge Regisseure wie Matthias Langhoff, die er während seines Aufenthaltes in Deutschland kennen gelernt hatte, in die Romandie.

Mittler zwischen den Kulturen

In dieser Phase seines Schaffens begann Besson mit der zweisprachigen Inszenierung von Theaterstücken beidseits der Saane: 1984 brachte er Hamlet auf Französisch in Genf und auf Deutsch in Zürich gleichzeitig auf die Bühne. 1988 folgte das Brecht-Stück “Mann ist Mann” in einer zweisprachigen Aufführung.

Die Aufführung von “Jonas und sein Veteran” von Max Frisch in deutscher und französischer Sprache am Zürcher Schauspielhaus und im Lausanner Theater Vidy stiess auf Kritik. Die Inszenierung von Frischs “Palaver” greife in den Abstimmungskampf um die Initiative “Schweiz ohne Armee” ein.

Vater von Katharina Thalbach

Besson wurde vielfach ausgezeichnet: 1965 bekam er den Nationalpreis der DDR. 1966 wurde er in Jean-Louis-Barraults internationales Theaterkartell aufgenommen. 1982 erhielt er die Josef-Kainz-Medaille der Stadt Wien, 1994 den Molière-Preis der Stadt Paris und 1985 den Hans-Reinhart-Ring, die bedeutendste Auszeichnung in der Schweiz.

Besson ist der Vater der Berliner Film- und Theaterschauspielerin und Regisseurin Katharina Thalbach und des Schauspielers Pierre Besson.

swissinfo und Agenturen

1922 bei Yverdon geboren, trifft Benno Besson 1948 Bertold Brecht in Zürich und folgt ihm ein Jahr später nach Ostberlin ans Berliner Ensemble.

Nach Brechts Tod 1956 arbeitet er am Deutschen Theater und wird 1969 künstlerischer Direktor der Volksbühne.

Zwischen 1982 und 1989 ist er Direktor der Genfer Bühne “La Comédie”.

Daraufhin tourt er als selbständiger Regisseur auf den grossen Bühnen Europas mit Stücken von Brecht, Anna Seghers, Carlo Gozzi, Sophokles und Victor Hugo.

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