Die Jagd – ewiger Stein des Anstosses
In der Jagdsaison stehen die Jäger besonders in der Kritik. Die Mehrheit der Tierschützer ist allerdings nicht gegen die Jagd, sie will lediglich einen besseren Tier- und Artenschutz.
Verlangt wird auch ein Verbot von Hetzjagden mit Hunden.
Weil der Wildschwein-Bestand im Kanton Zürich massiv gestiegen ist, dürfen die Jäger seit 1. September in grossen Maisfeldern Treibjagden gegen das Schwarzwild veranstalten. Dabei dürfen auch Hunde zum Einsatz kommen.
Diese Methode ist nicht ganz unumstritten, da damit auch anderes Wild stark gestört wird. Der Kanton bekräftigt aber, dass man dieses Mittel nur gezielt einsetze.
Bundesgesetz und Kantonsregelungen
In der Schweiz wird die Jagd im Detail von den Kantonen geregelt. Diese müssen sich aber an den Rahmen des «Bundesgesetzes über die Jagd und den Schutz der wildlebenden Säugetiere und Vögel» von 1986 halten.
Artenvielfalt und Lebensräume der Tiere sollen erhalten, bedrohte Tiere geschützt und eine angemessene Nutzung der Wildbestände durch die Jagd gewährleistet werden. Das Jagdgesetz bezeichnet die jagdbaren Arten und Schonzeiten.
Dass die Kantone die Jagd im Detail regeln, findet Peter Schlup, Leiter der Fachstelle Wildtiere beim Schweizer Tierschutz (STS), problematisch. «Es gibt Kantone, die sehr gute, fortschrittliche Gesetze haben, aber auch andere, die eher eine Minimalvariante fahren», sagt er gegenüber swissinfo.
Christian Rühle, Leiter des Amtes für Jagd und Fischerei im Kanton St. Gallen, weist darauf hin, dass das Bundesgesetz durch die kantonalen Bestimmungen nicht aufgeweicht werden dürfe.
Klarere und nationale Richtlinien
«Wenn gewisse Anliegen des Tierschutzes aber durchgreifenden Erfolg haben sollen, müssen sie im nationalen Recht geregelt werden, weil sonst die kantonalen Anwendungen zu vielfältig wären», sagt Rühle gegenüber swissinfo.
Ähnlich tönt es bei Peter Schlup: Vom Tier aus gesehen müssten überall die gleichen Grundsätze gelten, alles müsste national und nicht regional und kantonal geregelt sein. «Denn es spielt für die Tiere keine Rolle, ob sie im Kanton Bern oder Kanton Thurgau leben.»
Der Schweizer Tierschutz, aber auch der Schweizer Vogelschutz (SVS) und Pro Natura, stellen sich nicht grundsätzlich gegen die Bejagung von wild lebenden Tieren. Die drei Organisationen fordern jedoch als Voraussetzung dafür klare Richtlinien, die tierschutzrelevante Punkte regeln und auch Missbräuche unterbinden.
Handlungsbedarf bei der umstrittenen Treibjagd
Handlungsbedarf sieht Peter Schlup auch bei der Treibjagd, die zum Teil sehr umstritten ist. Hier komme es darauf an, wie das in der Praxis durchgeführt werde.
«Wichtig ist, dass die Tiere möglichst wenig gestresst werden. Hetzjagden im eigentlichen Sinn, wo die Treibhunde sehr nahe an die Tiere herankommen, mit der Gefahr, dass sie diese reissen, sollten unbedingt verboten werden.»
Zur Hetzjagd zählt Schlup auch, wenn die Hunde in die Dachs- und Fuchsbauten geschickt werden, um die Tiere vor die Gewehre der Jäger herauszutreiben.
«Wenn eine Treibjagd durchgeführt wird, so muss das mit sehr gut ausgebildeten Hunden und Treibern geschehen, die auch entsprechend schonend mit den Wildtieren umzugehen wissen.»
Als weiteres Anliegen wird die Schaffung grösserer Ruhegebiete und Schonzeiten für Tiere mit Jungen postuliert.
Jäger offen für Kritik
Der Dachverband der Schweizer Jagdverbände (CHJV) zeigt sich kooperativ und offen für Kritik. Er sei bereit, allfällige Mängel zu eliminieren, teilte der Verband mit. Eine verantwortungsvoll durchgeführte Jagd und die Anliegen von Tier-und Naturschutz müssten sich nicht ausschliessen, hiess es.
Andere Kantone, andere Erfahrungen
Anders sehen das radikale Tierschützer. Im Kanton Aargau zum Beispiel kommt bereits am 22. September eine Volksinitiative für ein Verbot der Jagd auf Feldhasen und Blesshühner zur Abstimmung. Kantonale Wildhüter sollen die Regulation dieser Tierbestände übernehmen.
In anderen Kantonen sind ähnliche Bestrebungen in Gang. So im Kanton Solothurn, wo Tierschützer mittels Initiative das Jagen von Dachsen, Hasen und Vögeln sowie die Treibjagd verbieten möchten.
Im Kanton Genf ist die Jagd seit einigen Jahren sogar generell verboten. Infolge der Wildschwein-«Invasion» in der Genfer Region ist der Kanton mit Problemen konfrontiert, und der Abschuss muss mit Steuergeldern finanziert werden.
Der Kanton Wallis halte die Bestimmungen des Bundesgesetzes ein, sagt Peter Scheibler vom Walliser Jagdinspektorat gegenüber swissinfo. Schwierig werde es beim Wolf und beim Luchs. Hier müsse der Kanton selber handeln, wenn diese Tiere zuviele Schäden anrichteten. «Da muss der Bund ein gewisses Entgegenkommen zeigen.»
Und im Kanton Tessin liegen sich Tierschützer, Jagdbehörden und Jäger in den Haaren…
Jean-Michel Berthoud
Zweckbestimmungen des Jagdgesetzes:
Die Artenvielfalt und Lebensräume der wildlebenden Säugetiere und Vögel erhalten
Bedrohte Tiere beschützen
Eine angemessene Nutzung der Wildbestände durch die Jagd gewährleisten
Die Schweizer Tier- und Naturschutzverbände sind nicht gegen die Jagd, fordern aber Verbesserungen im Tier- und Artenschutz. Insbesondere sollten die Regelungen nicht kantonal, sondern im nationalen Recht verankert werden.
Ferner wird ein Verbot von Hetzjagden mit Hunden verlangt.
In einigen Kantonen sind Bestrebungen für ein Jagdverbot für gewisse Wildtiere in Gang. Der Kanton Genf kennt schon seit einigen Jahren ein generelles Jagdverbot.
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